Spieltechnik - "Ein Finger wartet auf den nächsten..."

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Kai-vD
schon länger da
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Spieltechnik - "Ein Finger wartet auf den nächsten..."

Beitrag von Kai-vD »

Anfängeranliegen: Kürzlich hatte ich meine erste Unterrichtsstunde. Es war schon ernüchternd festzustellen, dass ich die - wenn man nicht gerade mit der Hand in eine ganz andere Lage "springt" - erforderliche Fingertechnik - ein Finger wartet mit dem Zupfen auf den nächsten Finger, der auf der als nächstes zu spielenden Saite aufgelegt wird, damit man den Kontakt zu den Saiten nicht verliert - noch gar nicht beherrsche und es mir wirklich schwerfällt.

Für mich ist diese Technik natürlich durchaus verständlich, denn als ich das noch nicht wusste und mit beiden Händen "frei schwebend" zupfte, habe ich dauernd die Orientierung auf den Saiten verloren und musste dauernd gucken, wo ich eigentlich bin.

Ich dachte, meine Klavier- und Gitarrenspielvergangenheit würde mir das Harfenspielen erleichtern - Fingertechnisch scheint das nicht der Fall zu sein. Ich weiß auch gar nicht, wie man improvisieren soll, wenn man immer schon den übernächsten Ton kennen muss!?

Dass man vor dem Zupfen einer Saite bereits den nächsten Finger auf die nächste Saite legen muss, kenne ich weder vom Klavier- noch vom Gitarrespielen. Und ich kann gar nicht sagen, wie schwer es mir vorkommt. :_shocked_:

Wie sind eure (damaligen) Erfahrungen mit dem Erlernen dieser Technik?
Benutzer gelöscht

Re: Spieltechnik - "Ein Finger wartet auf den nächsten..."

Beitrag von Benutzer gelöscht »

Hallo Kai-vD,

du hattest deine erste Stunde und bist noch ganz am Anfang. Geduld :) Ich kann mich noch gut daran erinnern, als ich selbst angefangen habe und mir die Handhaltung total komisch vorkam. Ich dachte, ich hätte Alienhände :) Zwei Wochen später besserte sich das seltsame Spannungsgefühl in den Fingern, nach ein paar weiteren Wochen war es dann ganz normal. Also, gibt der Sache etwas Zeit. Jegliche Instrumentenvorkenntnisse helfen dir - beim Notenlesen, bei der Fingerfertigkeit, beim musikalischen Verständnis usw.
Natürlich spielt sich jedes Instrument anders... Du kannst ja ein Klavier nicht direkt mit der Harfe vergleichen. Beim Klavier ist der Ansatz ja eher Hand auf Position begeben und dann die Finger "kreuz und quer" abspielen. Bei der Harfe spielt man ja nur in eine Richtung ab.

Zum Improvisieren: Meine Ansicht ist, dass man beim Improvisieren nicht immer gleich einen perfekten Fingersatz hinlegt (und was ist schon der ideale Fingersatz; ist ja auch wieder individuell). In einigen Fällen wissen die Finger aus der Erfahrung, welche Position sie einnehmen müssen (da es eben viele Figuren sind, die immer wieder vorkommen), in anderen Fällen setzt man eben ab und neu ein. Man muss ja auch nicht alles miteinander verbinden, absetzen kann auch je nach musikalischem Kontext einen Freiraum schaffen und schöner klingen. Aber man soll natürlich auch nicht nach dem Ein-Finger-System spielen.
Für den Anfang reicht es schon, wenn du 3 oder 4 Finger einsetzt und diese abspielst. Später kannst du dann diese 3er/4er Figuren wieder miteinander verbinden. Aber das muss jetzt nicht alles auf einmal passieren.
Ein "Fingersatzgespür" kommt so nach einem halben Jahr oder Jahr. Also hab ein bisschen Geduld.
skh
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Re: Spieltechnik - "Ein Finger wartet auf den nächsten..."

Beitrag von skh »

Es automatisiert sich sehr schnell, gib dir ein paar Wochen Zeit.

Zur Improvisation: ich habe eine Wechselwirkung bemerkt zwischen Bewegungsabläufen, die ich einmal geübt habe, und musikalischen Einfällen, für die ich diese Bewegungsabläufe brauche. Unter anderem deshalb empfehle ich auch frei spielenden Improvisateuren gerne Uschi Laars Harfenschule und die darin enthaltenen Fingerübungen, um den Kontakt zu und die Orientierung auf den Saiten zu automatisieren.

Du wirst sehr bald nicht mehr über das Placement nachdenken müssen, und die Zehntelsekunde, die du dafür brauchst, wird dich nicht beim Improvisieren stören.

Alles wird gut.

Grüsse,
Sonja
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Re: Spieltechnik - "Ein Finger wartet auf den nächsten..."

Beitrag von Capella »

Auch beim Improvisieren spielt man ja eigentlich keine einzelnen Töne, sondern kleine Phrasen, Tonfolgen, die irgendwie zusammengehören und logisch auseinander folgen. Und genau für solche Abfolgen bekommt man sehr schnell ein Gefühl, wenn man konsequent das Einsetzen der Finger übt. Das Gehirn legt sozusagen einen Vorrat an kleinen Tonfolge Lego-Steinchen an, die man dann für jedes neue Stück anders zusammensetzen kann. Ganz besonders nützlich ist das in der linken Hand, finde ich. Da hat man die gängigen Fingerabstände für Akkorde und deren Umkehrungen irgendwann so verinnerlicht, dass man nur denken muss "G-Dur" und schon fallen die Finger da hin. Ist so ähnlich wie beim Gitarrespielen, da greift man die Akkorde ja auch "am Stück" und muss nicht mehr über jeden einzelnen Finger nachdenken (genaugenommen muss ich mir das Gehirn ziemlich verbiegen, wenn ich jemandem einen Akkordgriff auf der Gitarre beschreiben soll ... meine Finger machen das von alleine).
Kai-vD
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Re: Spieltechnik - "Ein Finger wartet auf den nächsten..."

Beitrag von Kai-vD »

Vielen Dank für die für mich wirklich sehr hilfreichen Antworten! Dadurch kann ich mit einem viel besseren Gefühl weitermachen. :_smile_:
Kai-vD
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Re: Spieltechnik - "Ein Finger wartet auf den nächsten..."

Beitrag von Kai-vD »

skh hat geschrieben:...Unter anderem deshalb empfehle ich auch frei spielenden Improvisateuren gerne Uschi Laars Harfenschule und die darin enthaltenen Fingerübungen, um den Kontakt zu und die Orientierung auf den Saiten zu automatisieren...
Danke für den Tipp, Band I ist bestellt. :_smile_:
Benutzer gelöscht

Re: Spieltechnik - "Ein Finger wartet auf den nächsten..."

Beitrag von Benutzer gelöscht »

Ich mag auch Uschi Laars Harfenschule, für viele sind es allerdings "nur" trockene Fingerübungen. Dennoch kann ich es nur empfehlen, die Übungen zu machen!
skh
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Re: Spieltechnik - "Ein Finger wartet auf den nächsten..."

Beitrag von skh »

Ja, man muss es schaffen, die Übungen als eine Art Bewegungsmeditation zu geniessen. :_wink_: Aber: sie funktionieren.

Grüsse,
Sonja
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