An die Metaller: Spielt ihr mit Nägeln

[espero]

[...] der Nylon/Darm Spieler mit den Fingerkuppen?

Hallo Karsten,
ich gehöre zu der Quote Carbon-Spieler und will auch aufgezählt sein

Grüßle
Uli & the charming harps - halb mit Ganz-Carbon, halb mit Halb-Carbon

[Jonny Robels]

Hallo Karstilo, also ich spiele mit Nägeln, zumindest Rechts, sonst hat man das Problem der Gitarristen: Wer nur Nylon spielt und mal Metall anfasst, kriegt dicke Finger
Da ich links von den anderen Saiteninstrumenten(Metall) ne ganz gute Hornhaut habe, gehen da auch die Kuppen.
Ansonsten spielt man sich halt leicht die Finger wund.

Jonny

[sabhaircin]

Ah, das interessiert mich auch schon lange (wegen Liebäugelung mit Metallsaitenharfe):
Ist der Klang denn nicht anders, und auch lauter mit Nägeln?
Muss man weniger dämpfen, wenn man mit (blutenden ) Kuppen spielt?
Und ganz doofe Laienfrage: In den Fingernägeln spürt man ja nichts. Mit meiner "Nylonharfe" habe ich, wenn ich spiele, vorher einen Kontakt zu jeder Saite, spiele sie also, nachdem der Finger dort kurz "zuhause" war. Legt ihr (= die MetallerInnen) die Saite vorher zwischen Fingerkuppe und Nagel sozusagen ein wie einen Pfeil in die Bogensehne, oder geht ihr einfach davon aus, dass ihr schon treffen werdet, und die Saite hat wirklich nur zum Nagel Kontakt? Das stelle ich mir wahnsinnig schwierig vor - die erste Variante aber eigentlich auch, weil das ja eigentlich zu viel Zeit kostet. Muss man das einfach üben, oder ist es irgendwie ganz anders, als ich es mir vorstelle, oder seid ihr einfach besser?

Viele Grüße,

Sabhaircin

[bastian]

Hallo zusammen,

also, ich bin der einzige Metaller, den ich kenne, der mit den Kuppen spielt. Alle anderen Metaller, die ich kenne, spielen mit den Nägeln. Bei mir hat das eher praktische Gründe, weil Nägel bei mir eh abbrechen. Der Job ist eben zu rauh . Bluten tun die Kuppen aber nicht. Zum einen ist die Spannung meiner Harfe nicht so hoch. Zum anderen entwickelt man ja Hornhaut. Und dann entwickelt man eine kleine Kerbe in der Hornhaut, in die die Saite einrastet.

Klanglich... hmmm. Man kann sich einbilden, dass mit Nägeln gespielt es etwas brillianter klingt. Man könnte auch sagen, mit Kuppen etwas "runder" . Mit dem Dämpfen hat das aber nix zu tun, die Saiten schwingen lange nach, egal ob mit Nägeln oder Kuppen gespielt.

"Der einzige, den ich kenne" stimmt übrigens nicht. Andre Schubert (Klangwerkstatt) hat, wenn ich das richtig beobachtet habe, für die Brian Boru auch die Kuppen benutzt. Ich glaube, die richtige Nagellänge und -form zu finden, wenn man zwischen Metall und Nicht-Metall hin und herwechselt dürfte eine Wissenschaft sein. Da mach ichs mir leicht und nehme bei Metall eben auch die Kuppen. Und dämpfen... Tja, machmal müssen Töne einfach weg. Dann führt kein Weg drumherum. Aber oft genieße ich auch einfach den nachhallenden Klang.

Bleibt zu erwähnen, dass es die Frage nach Nägeln oder nicht der eigentlichen Problematik nicht gerecht wird. Schaut euch mal https://www.youtube.com/watch?v=vVNxhqKDmpc (spielt mit Nägeln) im Vergleich zu https://www.youtube.com/watch?v=m8K0qmb-n68 (spielt mit Metall-Technik) an. Es ist vielmehr eine Frage, welche Finger bleiben auf der Saite liegen, welche kehren nach den Abspielen auf die Saite zurück. Nicht, dass ich das können würde.

Aber: Keine Angst vor Metall und Kuppen. Geht. Klingt toll. Mach ich gern. Und das mit dem Dämfen findet man schon heraus. Oder auch nicht. Macht aber auch nix. Klingt trotzdem gut.

Grüße,
Sebastian

[ThomasZ]

Also ich finde, dass die historische Dämpftechnik von der bastian spricht, mit der leicht anderen Handhaltung beim Kuppenspielen schwerer umzusetzen ist. Ich hab bis vor 2 Jahren auch noch links mit Kuppe und rechts mit Nägeln gespielt (wegen all den anderen Zupf- und Streichinstrumenten) bis ich gemerkt hab, dass man auch mit sehr kurzen Nägeln (1 -2mm) an den Fingern (nicht am Daumen, da braucht man 5mm und mehr) einen guten Klang hinbekommen kann. Mit so kurzen Nägeln links gehen dann auch fiese Lauten- oder Gitarrengriffe noch ohne dass der Nagel auf dem Griffbrett aufsteht. Und auf den Darm-, Nylon-, Nylgut- und Carbonsaiten-Harfen kann man bei Bedarf zwischen Nägeln und Kuppe wechseln (übrigens auch bei Lauten und Theorben, macht da auch oft Sinn). Andrew-Lawrence King spielt übrigens auch auf historischen Darmsaitenharfen (Tripelharfe und vor allem der spanischen Kreuzharfe) rechts mit langen Nägeln (wenn's auch nicht wirklich historisch ist wie er selber zugibt). Viel von seinen crispen, rhythmischen Sound kommt daher.

Zu dem Thema noch ein Zitat von Bunting vom Belfast Festival 1792 über Dennis Hempson:

"Hempson was the only one of the harpers at the Belfast Meeting, in 1792, who literally played the harp with long crooked nails, as described by the old writers. In playing, he caught the string between the flesh and the nail; not like the other harpers of his day, who pulled it by the fleshy part of the finger alone. He had an admirable method of playing Staccato and Legato, in which he could run through rapid divisions in an astonishing style. His fingers lay over the strings in such a manner, that when he struck them with one finger, the other was instantly ready to stop the vibration, so that the Staccato passages were heard in full perfection..."

Ann (Heymann) meint dazu allerdings, dass auch die anderen Harfner wohl doch mit Nägeln gespielt haben, allerdings mit sehr kurzen, wie oben beschrieben.

Viel Spaß beim Experimentieren,

Thomas

[bastian]

Ach, zum Thema blutige Kuppen wollt ich noch sagen: Ich hab mit der kleinen Metallsaitenharfe angefangen und hab erst kürzlich die Saphir dazugekauft. Bei der hohen Spannung der Saphir hatte ich, trotz Hornhautvorbildung durch die Kleine, viel mehr den AUA-Effekt.

@Thomas: Das Bunting-Zitat ist interessant. Ich suche ja immer nach Rechtfertigungen, dass ich die Metallsaiten mit der falschen Technik spielen darf.

[Sally]

Hallo zusammen,

also, ich spiele beide Hände mit den Nägeln, nicht nur meine Metallsaiten, auch die Bray Harp. Ich habe auch festgestellt, daß die Nägel härter werden, je länger man mit ihnen spielt. Es scheint so zu sein, wie mit einem Muskel, der trainiert wird. Ist das bei euch auch so?
Wenn die Nägel nicht zu lang sind, kann ich auch immer noch mit den Fingerkuppen spielen, wobei das manchmal schon schwierig ist. Man könnte die Nägel auch entsprechend feilen, aber das mag ich nicht.

Grüße Sally

[espero]

Ach, zum Thema blutige Kuppen wollt ich noch sagen: Ich hab mit der kleinen Metallsaitenharfe angefangen und hab erst kürzlich die Saphir dazugekauft. Bei der hohen Spannung der Saphir hatte ich, trotz Hornhautvorbildung durch die Kleine, viel mehr den AUA-Effekt.

... lets play high tension

Jaaa, am Anfang ist das mit der Saphir schon eine Gewöhnung, was jetzt inzwischen gar nicht mehr auffällt.

Apropos Metallsaiten: wenn nur die Saitenabstände der Brian Boru (Klangwerkstatt, od. andere?) nicht so eng
wären, hmmm... geht der Trend zur Drittharfe ?!?

Grüßle
Uli & the charming harps

[annunziato]

Und ganz doofe Laienfrage: In den Fingernägeln spürt man ja nichts. Mit meiner "Nylonharfe" habe ich, wenn ich spiele, vorher einen Kontakt zu jeder Saite, spiele sie also, nachdem der Finger dort kurz "zuhause" war. Legt ihr (= die MetallerInnen) die Saite vorher zwischen Fingerkuppe und Nagel sozusagen ein wie einen Pfeil in die Bogensehne, oder geht ihr einfach davon aus, dass ihr schon treffen werdet, und die Saite hat wirklich nur zum Nagel Kontakt? Das stelle ich mir wahnsinnig schwierig vor - die erste Variante aber eigentlich auch, weil das ja eigentlich zu viel Zeit kostet.
Sabhaircin

Einspruch: Lass Dir mal die Nägel etwas länger wachsen und spür mal, wieviel Du dort spürst. Der Kontakt zur Saite ist anders, aber nicht weniger "feinfühlig". Aufgrund der kleineren Kontaktfläche schnarrt es anders (und mehr), wenn Du die schwingende Saite kontaktierst, das muss man in Ruhe rausfummeln, mit welcher Haltung, Richtung, Geschwindigkeit etc. man jeweils in die Saite gehen muss. Gerade gute Nagelmetaller (wie Jochen Vogel oder früher auch Stefan Battige an guten Tagen) können so etxtrem präzis-sensibel werden. Wie üblich werden auch diese Dinge und die Feinheit der Empfindungen immer besser vom Üben.
Rein physikalisch wird aufgrund der veränderten Anfangsbedingungen beim Auslenken mit den Nägeln (die Saite wird sozusagen "dreieckiger", eben "spitzer" ausgelenkt) ein stärker obertöniges Spektrum angeregt, das den Klang in der Folge etwas brillianter und weniger "weich" macht. Was genau der Grund ist, weshalb Andrew Lawrence King (nicht umsonst ist der Mann Mathematiker mit einstigem Schwerpunkt Funktionalanalysis, da kann man seinen Spektralsatz) auch auf Darmsaitenharfen rechts mit Daumen, Zeige- und Mittelfinger mit Nägeln spielt. (Gerade bei chromatischen Harfen macht das ganz banal sehr viel Sinn, weil es auch noch das Durchgreifen verkürzt und somit erleichtert und schneller macht.)

[tinamuh]

...bis ich gemerkt hab, dass man auch mit sehr kurzen Nägeln (1 -2mm) an den Fingern (nicht am Daumen, da braucht man 5mm und mehr) einen guten Klang hinbekommen kann.

Na, das ließe ja hoffen, da ich auch immer noch vom Metall-Klang fasziniert bin, aber nicht nur Metall spielen wollen würde....