Tonholz? Sperrholz? Carbon?

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mygga
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Re: Sendung "Wie man eine Harfe baut" mit Willi Corall auf SWR

Beitrag von mygga »

Maira hat geschrieben:@ Mygga :ich glaube , was so ein elektronisches Gerät an Klang ( fülle ) wiedergibt ist
mit Vorsicht zu genießen. Man denke nur an die winzigen Lautsprecher die da verbaut werden.
Hast Du schon mal die ,, Stampfmusik " , die die Kiddies auf ihrem MP3 hören,
auf richtig großen Lautsprechern gehört ? Das ist nur zum Wegrennen, so unerträglich laut sind da die Bässe.
Macht man um diese auf den Minihörern überhaupt zu hören.
Nur so als kleiner Hinweis: ich seh vielleicht alt und seriös aus, aber auch ich war auf Klassenfeten, in Discos und verfüge über eine Stereoanlage mit schön lauten Boxen. Und höre durchaus nicht nur Klassik. Der Unterschied zwischen den elektronischen Klangwiedergebern ist mir durchaus bewusst. Wobei das iPad schon recht gut ist im Vergleich zu anderen Tablets, Handys oder auch Standardfernsehern. Mehr wollte ich nicht sagen.

Selbstverständlich ist das nur mein persönlicher Eindruck gewesen. Wie gesagt - ich würde den Klang liebend gerne nicht nur hören, sondern auch spüren. Was ich nicht tue, denn das würde definitiv bei Harfe Nr. 3 enden... Sie haben was, ich kann es nicht erklären.
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Markus Schönfelder
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Re: Sendung "Wie man eine Harfe baut" mit Willi Corall auf SWR

Beitrag von Markus Schönfelder »

Instrumente mit Decken aus modernen Werkstoffen werden schon seit Jahrzehnten gebaut und bisher ist mir keine Studie bekannt die überzeugend eine klangliche Überlegenheit von Vollholzdecken nachweisen konnte. (Im Gegenteil gibt es einige Studien an anderen Instrumenten die zeigen, dass selbst Profis im Blindvergleich oft nicht in der Lage sind überhaupt einen Unterschied zu hören - obwohl natürlich alle vorher Stein und Bein darauf schwören solche Unterschiede zu hören)
Gerade bei der sehr kurzen Faserlage in Harfendecken ähneln sich die Eigenschaften von gesperrten und einteiligen Decken sehr. Das ist nochmal ein Unterschied bei anderen Instrumenten in denen baulich die unterschiedlichen Quer- und Längssteifigkeiten von Vollholz im Vergleich zur homogenen Steifigkeit von Sperrholz einen größeren Einfluss hat.

Zudem ist Sperrholz ja nicht gleich Sperrholz. Im High-End Gitarrenbau nutzt man heutzutage öfter sogenannte Sandwich-Decken, die nach einem ähnlichem Prinzip aus sehr hochwertigen Fichtenhölzern, die auf Furnierstärke geschliffen werden, zusammengesetzt sind.

Letzlich ist das für jeden Harfenbauer und jedes Instrument, wie Mygga schon gesagt hat, genauso sehr eine persönliche wie eine ästhetische und handwerkliche Frage. Den klanglichen Unterschied zwischen hochwertigen und wohlklingenden Instrumenten und "billigen" ist oftmals weniger eine Frage des Materials als der Verarbeitung. Schlechte Holz- und Leimverbindungen, zu dicke Lackschichten, falsche Materialstärken, billige Mechaniken die stark dämpfen und schlecht Intonieren, fehlerhafte Saiten, etc.

Jedenfalls ein interessanter Beitrag, auch wenn ich es filmerisch etwas fad finde. Schade - da wär sicher mehr drin gewesen...

liebe Grüße
Markus
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Anne
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Re: Sendung "Wie man eine Harfe baut" mit Willi Corall auf SWR

Beitrag von Anne »

Bissl off topic, aber direkte Antwort auf Markus: Ich habe neulich zufällig mal einen Bericht gelesen von einem amerikanischen Gitarrenbauer, der aus Jux eine Gitarre aus einer ehemaligen Palette gebaut hat, und dabei einen recht guten Klang erzielt hat, obwohl sich das vorher keiner so recht vorstellen konnte. Ich schau wenn ich Zeit hab mal, ob ich den Artikel wiederfinde.
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Der Juergen
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Re: Sendung "Wie man eine Harfe baut" mit Willi Corall auf SWR

Beitrag von Der Juergen »

Anne hat geschrieben:Ich habe neulich zufällig mal einen Bericht gelesen von einem amerikanischen Gitarrenbauer, der aus Jux eine Gitarre aus einer ehemaligen Palette gebaut hat, und dabei einen recht guten Klang erzielt hat, obwohl sich das vorher keiner so recht vorstellen konnte.
Ich vermute, dass das eine uralte Story ist, die wieder aufgewärmt wurde.
Bereits vor meiner Harfenzeit gab es die Geschichte, erzählt vom vor gut zwei Jahren verstorbenen Gitarrenbauer Peter Coura.
Vor nahezu 20 Jahren brachte er diese Geschichte von der NAMM-Show aus USA mit, denn dort hatte eine Gitarrenbaufirma genau das präsentiert, eine Gitarre, die gar nicht schlecht klang, gebaut aus dem Holz einer Palette.
Bewiesen werden sollte, dass das Knowhow des Bauens wesentlich mehr zum optimalen Klang beiträgt, als das Holzmaterial.
Welche Firma das war, weiß ich leider nicht mehr.
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merit
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Re: Sendung "Wie man eine Harfe baut" mit Willi Corall auf SWR

Beitrag von merit »

Meeresbrise hat geschrieben:Je mehr ich drüber nachdenke, desto sympathischer wird mir Herr Corall.

Blockflöten mögen ja von mir aus aus Sperrholz sein (die sollen ja auch nicht schwingen). Aber auf die Schalldecke einer liebevoll von Hand gebauten Harfe gehört ein feines Tonholz, finde ich.

Nicht nur Du :-). Der Harfenbauer meines Vertrauens hat obendrein (er hat einen sehr großen Posten....nun, keine Details) bei einigen Harfen auch den BODEN aus Tonholz gefertigt. Das merkt man aber!

Herzliche Grüße, Merit
Markus Schönfelder
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Re: Sendung "Wie man eine Harfe baut" mit Willi Corall auf SWR

Beitrag von Markus Schönfelder »

Warnung - so halb off topic
Bissl off topic, aber direkte Antwort auf Markus: Ich habe neulich zufällig mal einen Bericht gelesen von einem amerikanischen Gitarrenbauer, der aus Jux eine Gitarre aus einer ehemaligen Palette gebaut hat, und dabei einen recht guten Klang erzielt hat, obwohl sich das vorher keiner so recht vorstellen konnte. Ich schau wenn ich Zeit hab mal, ob ich den Artikel wiederfinde.
Ja, solche Geschichten gibt es immer wieder mal - bzw: es gibt auch viele Instrumentenbauer die diesbezüglich Versuche anstellen. Dort wo ich meine Ausbildung gemacht habe, wurde (ich glaube in den 80ern oder 90ern) mal der Versuch gestartet eine Gitarre mit Korpus aus Pappmache (sprich Zeitungspapier und Leim) zu bauen. Lediglich die Decke war aus Fichte. Wenig überraschend stellte sich heraus dass die Materialien des Korpus bei reflektiver Bauweise nur minimalen Einfluss auf den Klang haben und das Instrument trotzdem vernünftig klang.
Das war für die meisten Instrumentenbauer jetzt nicht sonderlich überraschend, aber es ist natürlich eine schöne Veranschaulichung.

Die Frage was genau den Klangholz/Tonholz nun eigentlich ist lässt sich ja ohne weiteres auch nicht so leicht beantworten. Wenn man streng nach den Standards eines Geigenbauers geht sind die meisten im Harfen- oder Gitarrenbau verwendeten Hölzer qualitativ Ausschuss und bestenfalls für Schülerinstrumente geeignet. Einige der besten Gitarrenböden die ich bisher gekauft habe sind "B- und C-Ware" für Celli gewesen.
Es gibt Hölzer die Eigenschaften besitzen, die für den jeweiligen Verwendungszweck geeignet sind. Oftmals gibt es moderne Materialien die physikalisch betrachtet diese Funktion noch besser erfüllen würden, aber Holz ist relativ preiswert, gut zu verarbeiten, leicht zu reparieren und nicht zuletzt: ästhetisch ansprechend.
"Tonholz" ist so etwas wie eine Marke und Werbemittel. Es vermittelt den Eindruck von Wertigkeit (oft auch nicht zu unrecht) und stellt eine Art Qualitätssiegel für den Kunden dar. Aber der tatsächliche Einfluss auf den Klang des Instrumentes der mit diesem Namen angepriesen wird ist bestenfalls spekulativ.

Liebe Grüße
Markus
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Maira
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Re: Sendung "Wie man eine Harfe baut" mit Willi Corall auf SWR

Beitrag von Maira »

@ Markus : :_kiss_:
Mach doch , was Du willst. Ich mach auch , was ich will.
Aber ich mach das wirklich.
Meeresbrise
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Re: Sendung "Wie man eine Harfe baut" mit Willi Corall auf SWR

Beitrag von Meeresbrise »

Markus Schönfelder hat geschrieben:Warnung - so halb off topic Wenn man streng nach den Standards eines Geigenbauers geht ...
Ja, daran hatte ich mich in der Tat orientiert. Die besten der heutigen Geigenbauer arbeiten bewusst von Hand wie vor 400 Jahren, obwohl Maschinen z.B. einen Korpus millimetergenau fräsen könnten. Diese Selbstbeschränkung ist mir sympathisch.
Markus Schönfelder hat geschrieben:Warnung - so halb off topic ...sind die meisten im Harfen- oder Gitarrenbau verwendeten Hölzer qualitativ Ausschuss und bestenfalls für Schülerinstrumente geeignet.
Das heißt, es gibt eben doch objektivierbare Kriterien für gutes Holz, d.h. die Freiheit von Fehlstellen und Verwachsungen, die Dichte der Jahresringe, die spezifische Dichte des Holzes usw. Gerade bei Streichinstrumenten, wo das Holz sichtbar und die Toleranzen teilweise sehr gering sind, kommt es auf sowas an. Es ist ja nicht so, dass die Geigenbauer aus Blödheit so viel mehr für gutes Holz ausgeben.

Aber auch bei Harfen müsste das eine Rolle spielen, wenn man versucht, sie so leicht wie möglich zu bauen und trotzdem bis kurz an der Belastungsgrenze. Bei modern im Stil von Pedalharfen gebauten Harfen und bei stahlbesaiteten Gitarren spielt das vielleicht keine so große Rolle, weil da ein anderes Klangideal dahinter steht (lauter, grundtöniger).

Ich komme halt aus der Ecke der historischen Instrumente und da vertreten auch viele Leute die Meinung, die historische Bauweise sei minderwertig und überholt, weil doch eine moderne Posaune viel lauter und voller klingt als eine Renaissance-Posaune und ein Flügel viel mächtiger als ein Cembalo. Wenn man das dazugehörige Klangideal nicht kennt und nicht schätzt, dann mag man das so sehen. Aber man kann es eben auch anders sehen.
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Anne
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Re: Sendung "Wie man eine Harfe baut" mit Willi Corall auf SWR

Beitrag von Anne »

Wenn es so einfach messbare und objektive Kriterien für das Holz eines Instrumentes gäbe, dann könnte man die Stradivaris schon in Serie bauen.
Zum einen gehört eben doch eine Menge Intuition und Genialität des Instrumentenbauers dazu, zum anderen gibt es eh keine Möglichkeit solche historischen Instrumente objektiv mit modernen zu vergleichen, einfach weil sie älter sind. Es gibt keine (naturwissenschaftlich relevanten) Parameter aus der Zeit, als diese Instrumente neu waren. Die Faktoren Alterung aber auch Lagerung und Gebrauch haben ebenfalls einen nicht exakt quantifizierbaren bzw qualifizierbaren Einfluss.
Insofern sind wir von objektiven Kriterien dann doch noch ein Stück weg, zudem ist ein Instrument auch eine hoch individuelle Angelegenheit, was einem liegt, stört den anderen, auch beim Klang.
Meeresbrise
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Re: Sendung "Wie man eine Harfe baut" mit Willi Corall auf SWR

Beitrag von Meeresbrise »

Anne hat geschrieben:Wenn es so einfach messbare und objektive Kriterien für das Holz eines Instrumentes gäbe, dann könnte man die Stradivaris schon in Serie bauen.
Der Standard der besten zeitgenössischen Geigenbauer ist in der Tat sehr hoch. Es hat ja schon wissenschaftliche Untersuchungen* dazu gegeben.
Demnach können selbst Profis weder als Spieler noch als Zuhörer alte und neu gebaute Geigen zuverlässig** unterscheiden.
Sie können vielleicht eine Geige von der anderen unterscheiden, aber sie können nicht sagen, welche alt und welche neu ist.
Insofern könnte man schon sagen, dass heutzutage Stradivaris in (kleiner) Serie gebaut werden.

* Instrumente der besten heutigen Geigenbauer (ab 100.000 Euro) gegen alte Instrumente von Stradivari und Co.
**d.h. besser als statistischer Zufall
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