Ein wirklich schöner Thread...
@ Jule, gewissermaßen schreibst du mir aus der Seele... ich kann deine Worte absolut nachvollziehen. Mir ging es so auf der BfM (Berufsfachschule für Musik), an der ich Harfe gelernt habe. Meine Mitschülerinnen wurden drauf getrimmt, später mal in einem Orchester zu spielen, bekamen mal eben 20.000 €-Konzertharfen von ihren Eltern geschenkt, den Weg komplett freigehalten um eben NUR Musik machen zu können. Das war für mich ein fast unerhörter Luxus...
Bei mir stand im Vordergrund: Abi! Danach Selbständigkeit bzw. ein Beruf, mit dem ich Geld verdienen kann. Also bin ich zwei Jahre zweigleisig gefahren, hab mein Abi gemacht und nachmittags die BfM besucht. Vor dem Harfenunterricht hab ich BWL gebüffelt, in BWL hab ich mir Fingersätze für den Harfenunterricht nachmittags angesehen. Klingt jetzt unlogisch, aber in einem Dauer-Vorbereiten auf das, was als Nächstes kommt.
Mein Vater, ein Vollblut-Gitarrist, hatte im Grunde das gleiche Problem in jüngeren Jahren, er hatte den Brötchen-Job, um seine Familie zu ernähren, aber die innere Zerrissenheit, da er ja die Seele eines Musikers hat. Also hat er parallel zum Job in Salzburg Konzertgitarre studiert und übte 40 Jahre lang täglich 4-5 Stunden nach der Arbeit Gitarre. (Seit einer Woche ist er jetzt glücklich im Vorruhestand und wieder Vollzeit-Gitarrist und Gitarren-Lehrer ;-)
Meine Mutter war bei mir immer sehr darauf bedacht, dass ich sobald wie möglich auf eigenen Beinen stehe. Konzertharfe zu studieren wäre vorerst in die entgegengesetzte Richtung gelaufen. Also hab ich eine Ausbildung gemacht, bin noch während dieser Zeit ausgezogen, stand tatsächlich auf eigenen Beinen. Ich habe weiterhin Harfenunterricht genommen, teils vor der Arbeit.
Ich bin froh, so bald selbst was erreicht zu haben, mich wirft nichts um, ich hab ein solides Fundament, komme durch. Aber wo wäre ich, hätte ich auch den Luxus genossen, eben mal 7 Stunden täglich Zeit zum Üben zu haben? Gar nicht mal so sehr das teure Instrument, einfach die Zeit...?? Oder eine Musik-Hochschule mit Lehrern, die mir 5x die Woche zur Seite stehen?
Ich habe immer gern musiziert, mache es für den Hausgebrauch ganz gut. Aber wenn ich dann die Harfenstudentinnen sehe, die z.B. mit mir angefangen haben, denke ich auch, wo wäre ich, hätte ich im gleichen Maße weitergemacht.
Dann habe ich meinen Mann kennengelernt und mein erstes Kind bekommen - ging in Mutterschutz - und promt hatte ich vieeeeeeel mehr Zeit für die Musik. Seit mein Sohn auf der Welt ist spiele ich auch ein paar Stündchen am Tag, auch wenn ich getrost mal den einen oder anderen Tag pausiere. Und mittlerweile habe ich mindestens 1x die Woche einen Gig - bezeichne mich also mindestens als Teilzeit-Harfenistin :-)
Vielleicht kann ich die Zeit nicht aufholen, aber es hat eben so sein müssen und genau das gibt mir Ansporn. Nichts ist unmöglich, wenn mans nur will. Jule komm, wir bleiben einfach dran. Vielleicht haben wir Talent, was andere durch viele Jahre Üben und Studieren ausgleichen mussten
Manche haben auch nach jahrelangem Studium einfach null Feeling für Musik. Dann lieber so, wie wirs haben!!!
Alles Liebe
Tara