Chromatik/Mediator

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TerG_87
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Chromatik/Mediator

Beitrag von TerG_87 »

Hallo zusammen!

Ich habe 2 Fragen bzg. der Harfe und wäre super froh wenn erfahrene Harfisten mir diesbetüglich kurz helfen könnten. Ich komponiere gerade ein Stück für die Harfe und bin mir in den folgenden 2 Dingen nicht ganz sicher. Bitte entschuldigt, falls die folgenden beiden Fragen schon einmal im Forum gestellt wurden.

1.) Ist es möglich, chromatische Linien/Skalen auf der Harfe zu spielen? Ich weiss, dass es eine chromatische Harfe gibt, die so etwas kann, aber wie verbreitet ist diese Harfe? Wird diese oft von Orchestern verwendet oder doch eher die klassische Pedalharfe? Wird dies je nach Stück und Vorgaben unterschiedlich gehandhabt? Es handelt sich um ein atonales Musikstück. Kann eine Pedalharfe dies bewältigen oder nicht?

2.) Ich habe in Mahlers 6. Sinfonie zum ersten Mal von einem "Mediator" gelesen/gehört und weiss, dass es sich hierbei um eine Art Plektrum handelt. Ist diese Spielweise verbreitet? Und gibt es hirbei bestimmte Regeln zu beachten, was das komponieren für Mediator betrifft?

Vielen Dank für eure Hilfe!
Harfenkind
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Re: Chromatik/Mediator

Beitrag von Harfenkind »

Hallo TerG_87

zu 1.)
Falls du für Orchester/größere Besetzung im klassischen Zusammenhang komponieren willst, ist das Instrument der Wahl grundsätzlich die Doppelpedalharfe. Chromatische Harfen werden im klassischen Konzertgeschehen nicht verwendet. Es gib auch nur sehr wenige Spieler dafür. Du kannst auf der Doppelpedalharfe mit enharmonischen Verwechslungen arbeiten, da es ja jeden Ton als b, neutral und # gibt. Beachte, daß man nur bestimmte Pedalkombinationen gleichzeitig treten kann und nur zwei auf einmal! Außerdem kannst du nur bsp.c oder c# spielen, nicht beides gleichzeitig (dann c und db, da darf dann aber kein d gleichzeitig vorkommen....).
Chromatische Läufe kannst du am besten gleich vergessen auf der Pedalharfe. Es würde ja bedeuten: c spielen, auf c# schalten, d spielen, auf d# schalten, e spielen, f spielen, auf fis schalten.... und das alles ohne Nebengeräusche und Verzögerungen. Mit enharmonischen Verwechslungen wird das ganze auch nicht besser. Was gut geht, ist, dir eine eigene Skala zu überlegen, die frei von den üblichen Tonarten ist, aber nur sieben Tonstufen beinhaltet.
Falls du für Harfe solo schreiben willst, kannst du dir auch überlegen, für Hakenharfe zu schreiben. Da kannst du jeden Ton einzeln einstellen (bsp. c und c´# gleichzeitig), mußt aber beachten, daß du nur Es-Dur bis E-Dur spielen kannst (drei b bis vier #) und das Umschalten im Stück eher vereinzelt sinnvoll ist und nur möglich, wenn die linke Hand (die Begleithand) gerade Pause hat.
Grundsätzlich ist natürlich ein atonales Stück ideal auf chromatischer Harfe zu verwirklichen.

zu 2.)
Plektrons sind unüblich, eher wird mit Fingernägeln gespielt. Das ist einfacher zu handhaben, aber auch hoher Fingerverschleiß. Mehr als gelegentlich zum Effekt (hörbar, nicht im tutti), würde ich nicht spielen wollen, da es außerdem nicht laut wird (mit kurz gestutzten harfenspieltauglichen Fingernägeln kann man nicht wirklich toll mit dem Nagel spielen). Es können auch nur wenige Töne gleichzeitig gespielt werden.
Folgendes habe ich dazu im Internet gefunden:
http://www.altug-uenlue.de/dateien/text ... tation.pdf

Willst du ein atonales Stück (gut) spielbar und effektvoll klingend für Pedalharfe schreiben, rate ich dir dringend, Kontakt mit einer versierten Konzerharfenspielerin aufzunehmen. Die Tricks und Kniffe, was wie machbar ist, tolle Effekte gibt und was man besser läßt, kann dir am besten jemand mit viel Praxis sagen. Denn man merkt einem Stück sehr schnell an, ob der Komponist die Funktionsweise der Doppelpedalharfe versteht oder ob er am Klavier komponiert hat. Letztlich beweisen die wenigen Jazzharfenisten ja auch, daß man auf Konzertharfen auch fern der klassischen Musik tolle Musik machen kann.

Viel Erfolg!
TerG_87
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Re: Chromatik/Mediator

Beitrag von TerG_87 »

Hallo Harfenkind,

Vielen Dank für die ausführlichen Antworten, waren sehr hilfreich!
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Maira
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Re: Chromatik/Mediator

Beitrag von Maira »

Da frage doch Katrin Pechtlof oder Eva Curth.
Beide sind sehr versiert und virtuos auf ihren Instrumenten
Katrin spielt Jazz , Eva klassisch und Neue Musik.
Beide haben studiert und ich finde sie äußerst kompetent.

Oder Park Stickney , der Jazz-Harfen-Pabst.

Aber alle drei spielen haupsächlich Pedalharfe ,
chromatische glaube ich eher wenn , dann selten.
Mach doch , was Du willst. Ich mach auch , was ich will.
Aber ich mach das wirklich.
TerG_87
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Re: Chromatik/Mediator

Beitrag von TerG_87 »

Ich habe noch eine Frage, die ich vergessen hatte zu stellen.

Ist es möglich, mit dem Pedal (bzw. mit zwei Pedalen gleichzeitig) die Stimmung einer bzw. zwei Seiten zu verändern, während Töne auf der Harfe gespielt werden, die die zu stimmenden Saiten nicht umfassen? Ich hoffe, ich habe es einigermassen sinnvoll erklärt, hier ein Beispiel:

Der Musiker spielt auf der Harfe 4 Achtelnoten (in mittlerem Tempo), zwar ein C-Dur Dreiklang mit oktavierter Tonika, also C-E-G-C'. Ist es möglich, während diese 4 Noten gespielt werden, gleichzeitig beispielsweise die D und F Saiten einen Halbton höher zu stimmen? Die beiden Saiten werden ja für die 4 Noten nicht gebraucht, aber allenfalls folgen auf diesen C-Dur Dreiklang gleich die Noten Dis und Fis (mal angenommen, der Musiker stimmt diese beiden Saiten nicht zu Beginn der Stückes). Und falls dies möglich ist, ist dies reibungslos machbar? (ohne hörbaren Geräusche oder sonstigen Unreinlichkeiten).

Danke!
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Re: Chromatik/Mediator

Beitrag von Max »

TerG_87 hat geschrieben:Ich habe noch eine Frage, die ich vergessen hatte zu stellen.

Ist es möglich, mit dem Pedal (bzw. mit zwei Pedalen gleichzeitig) die Stimmung einer bzw. zwei Seiten zu verändern, während Töne auf der Harfe gespielt werden, die die zu stimmenden Saiten nicht umfassen? Ich hoffe, ich habe es einigermassen sinnvoll erklärt, hier ein Beispiel:

Der Musiker spielt auf der Harfe 4 Achtelnoten (in mittlerem Tempo), zwar ein C-Dur Dreiklang mit oktavierter Tonika, also C-E-G-C'. Ist es möglich, während diese 4 Noten gespielt werden, gleichzeitig beispielsweise die D und F Saiten einen Halbton höher zu stimmen? Die beiden Saiten werden ja für die 4 Noten nicht gebraucht, aber allenfalls folgen auf diesen C-Dur Dreiklang gleich die Noten Dis und Fis (mal angenommen, der Musiker stimmt diese beiden Saiten nicht zu Beginn der Stückes). Und falls dies möglich ist, ist dies reibungslos machbar? (ohne hörbaren Geräusche oder sonstigen Unreinlichkeiten).

Danke!
Ja, das würde gehen.
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Re: Chromatik/Mediator

Beitrag von bastian »

Bei der Pedalharfe liegen unter dem linken Fuß die Pedale B, C und D. Unter dem Rechten E, F, G und A.

B und C gleichzeitig treten geht also nicht (nur kurz hintereinander). D und F können zeitgleich getreten werden. Wie lang man braucht, die Füße auf neue Pedale zu sortieren ist Übungssache. Bei professionellen Harfenspielern geht das aber auch recht schnell.
Ein Leben ohne Harfe ist möglich, aber sinnlos.
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Re: Chromatik/Mediator

Beitrag von Maira »

Es gibt sogar etwas , das sich ,, Pedalglissando " nennt.
Das geht folgendermassen :
Du spielst den Ton ( z.B. AS ) an , und noch während dieser Ton klingt ,
wird das Pedal 1x oder auch 2x getreten .
Es klingt dann As - A - Ais , allerdings auf ALLEN ,,A´s" stellt sich der Ton um.
Braucht man dann wieder AS , muß man vorher das Pedal lösen.

Zu hören auf Eva Curth ´s CD : Flüchtige Visionen , Stück 4 , La Desirade , von Carlos Salzedo.
( Im Übrigen wunderschön )
Mach doch , was Du willst. Ich mach auch , was ich will.
Aber ich mach das wirklich.
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Re: Chromatik/Mediator

Beitrag von treespirit »

Übrigens ist selbst die chromatische Harfe für chromatische Läufe nur bedingt geeignet. :_wink_:

Klar kannst du sie irgendwie spielen, die Saiten sind da. Aber typisch für die Harfe ist ja, dass die Töne, die du gespielt hast, weiterklingen. Wenn der entstehende Chromatikbrei genau der gewünschte Effekt ist, schön. Wenn es aber eine klare Skala werden soll, müsste man jeden Ton nach dem Spielen wieder dämpfen ... lästig!
Harfenkind
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Re: Chromatik/Mediator

Beitrag von Harfenkind »

Ergänzend noch:
Zwar nicht chromatisch, aber ein toller Effekt, den nur die (Doppel-)pedalharfe kann: Zwei Saiten gleich klingend schalten (bsp. c# und db) und nacheinander spielen, evtl. über die ganze Harfe verteilt.......klingt ganz anders als zweimal die gleiche Saite zu zupfen.
Ganz schnell hintereinander immer wieder die beiden Nachbarsaiten über einen längeren Notenwert gespielt heißt "bisbigliando" und soll einen durchgehend gleich laut bleibenden Ton bzw. ein Tremolo imitieren (anstatt des sonst üblichen leiser-werdens).
Übrigens können alle Töne enharmonisch verwechselt werden außer d, g und a. Auswahl gibt es also genug.

Klangbeispiel für zwei gleich klingende nacheinander gespielte Saiten:
http://www.thurau-harfen.de/harfen/koll ... llini.html
Ist zwar Barockmusik auf Trippelharfe, sollte vom Effekt aber einen guten Eindruck vermitteln.
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