Notentext

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Martina
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Notentext

Beitrag von Martina »

Wie steht ihr eigentlich zum Musizieren mit bzw. ohne Noten? Diese Frage richtet sich vor allem an diejenigen, die Noten lesen können und daher den Vergleich haben. Ist es für euch ein Unterschied bzw. habt ihr eine Vorliebe?

Ich habe Noten fast gleichzeit mit Buchstaben gelernt und eigentlich nie ohne Noten musiziert. In der Musikschule wurde ja praktisch immer nach Noten unterrichtet - und diese dann nachträglich auswendig zu pauken war für mich immer ein Graus. Auswendig zum Schülerkonzert? - nie!
(Im ersten Geigenjahr habe ich sogar leere Saiten nach Noten spielen müssen - was zumindest den Vorteil hat, dass man die Noten dabei lernt, aber den Nachteil, dass man sich mehr aufs Auge als aufs Ohr konzentriert.)
Und im Orchester ging es dann sowieso nicht mehr ohne Noten - der Dirigent kann ja nicht 50 Musikern die ganze Sinfonie nach Gehör eintrichtern.

Nun arbeite ich mit Merit nach Gehör und habe das Gefühl, mal einen ganz anderen Zugang zur Musik zu finden.

Ich finde es schade, wenn Musiker den geschriebenen Notentext verteufeln. Er ist nämlich eine nützliche Sache - wenn man ihn als praktisches Hilfmittel und nicht als bösartige Rätselnuss betrachtet (wie eine geschriebene Sprache eben).
Aber obwohl ich zu den Verfechtern der Notenbeherrschung gehöre, genieße ich nun das Musizieren auf der Harfe nach Gehör sehr. Vor allem höre ich mir selbst besser zu.
Fachübersetzerin für Musikinstrumente und Tontechnik http://www.martina-reime.de
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Barbara
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Beitrag von Barbara »

Endlich jemand, dem es auch so geht wie mir! Sonst liest man immer nur von Leuten, die Noten vorgespielt haben wollen, um sich ein Stück zu erarbeiten, oder die jemanden suchen, der ihre Musik niederschreibt.
Mir geht's wie Martina: Ich habe von klein auf nur mit Noten spielen gelernt. Auswendig spielen war für mich auch immer der Horror. Vor allem habe ich dann nicht die Musik auswendig gelernt, sondern, da ich ein gutes optisches Gedächtnis habe, zogen vor meinem inneren Auge immer die Noten vorbei. Ich habe aber immer die Leute bewundert, die sich einfach ans Instrument setzen und spielen.
Als ich dann angefangen habe, Harfe zu lernen, habe ich mich gezwungen, viel auswendig zu lernen und mir Stücke auch von CD über das Gehör zu erarbeiten. Zweiteres gelingt mir besser. Beim auswendiglernen von Noten merke ich mir doch nur das Bild von der Lage der Finger auf den Saiten.
Ich freue mich, dass ich beides kann, wobei das Notenlesen immer noch flüssiger klappt, auch vom Blatt (das war immer meine Rettung im Klavierunterricht, wenn ich nicht geübt hatte). Aber es ist halt schön, sich einfach an die Harfe zu setzen und zu spielen, ohne erst den Notenständer aufbauen zu müssen (und aufzupassen, dass der nicht bei der ersten Bewegung eine Macke ins Holz schlägt). Und es ist ein schönes Gefühl, wenn die Finger das spielen, was der Kopf oder das Herz ihnen sagt, und nicht das, was in den Noten steht, dass der Kopf ihnen sagen soll. Es ist einfach unmittelbarer.
Gruß,
Barbara
It's the mystery that endures. Not the explanation.
Christian

Beitrag von Christian »

Nun, da ich das Harfespielen ja bei einer Lehrerin lerne, lerne ich es, sie direkt von Noten zu spielen. Doch meistens lerne ich die Stücke vom Blatt auswendig und spiel sie dann nach kurzer Zeit nur noch so. Da kann man sich viel mehr auf die Musik konzentrieren.
Ich sag mal so, wer Noten lesen kann, hat halt einfach den Vorteil, dass er auch eben für ihn unbekannte Stücke spielen kann.
Doch wie Janet Harbison in Neuhaus so schön sagte:
Es ist wichtig, die Musik zu verstehn, erst dann kann man das Instrument richtig lernen zu spielen. Ich denke, das kann man auch auf das Spielen vom Blatt übertragen... Wer die Musik nicht versteht, kann noch so gut vom Blatt spielen - Es wird nie wirklich die Musik sein, die der Komponist mit den Noten vermitteln wollte!

Grüße aus dem verregneten Oberland,
Christian
Renate

Beitrag von Renate »

Auch für mich sind Noten wie Buchstaben...von Kindheit an etwas ganz Selbstverständliches. Aber ich finde, es ist ein großer Unterschied, ob ich etwas vorlese, so ausdrucksvoll es auch sein mag, oder ob ich es frei vortrage (..oder gar aus dem Stehgreif rede..) und so ähnlich empfinde ich es beim Spielen auch. Beim Spielen von Noten ist da immer noch ein Schritt dazwischen, das Lesen halt, während es ohne Noten irgendwie "unmittelbarer" läuft.
Auf der anderen Seite finde ich es sehr hilfreich, gerade beim Lernen neuer Stücke und komplexerer/längerer Musik, Noten lesen zu können. Nur nach Gehör ist das doch sehr mühsam. Und auch für das eigene Stücke entwickeln ist es doch eine Hilfe , seine Ideen aufschreiben zu können. Selten ( ..zumindest bei mir.. :_embarassed_: ) entsteht da ja in einem Zug ein komplette Stück, oft ist da nur erst eine Idee oder zwei und ein bisschen was drum herum. Und wenn ich das dann nicht aufschreiben könnte und bei nächster Gelegenheit weiter ausbauen könnte, würde da nie ein Stück draus, weil ich die ersten Ideen dann schon lange wieder vergessen hätte... :_rolleyes_: Aber es hat vielleicht nicht jeder so ein lausiges Gedächtnis wie ich... :_tongue_:

Gruß

Renate
Gast

Beitrag von Gast »

..oder gar aus dem Stehgreif rede..
http://www.multiweb.cz/barbara/stehgreif.jpg
Sally

Beitrag von Sally »

Noten kenne ich auch schon seit ich sie - so richtig schön bunt gemalt - als Kind gelernt habe. :_smile_:
Wenn ich heute ein Stück lerne, dann muß ich es - wenn ich es nicht kenne - erst einmal hören. Dann brauche ich die Noten, um es verinnerlichen zu können. Und dann lerne ich das Stück auswendig. Das ergibt sich ganz von selbst beim Spiel. Ich habe die Noten dann zwar - je nach Stück - manchmal immer noch da liegen, allerdings nützen sie mir nicht viel, da ich sie nicht mit den Augen verfolge. Und wenn ich dann eine Note vergessen habe, ist es eh zu spät.
Ich habe manchmal das Gefühl, mein Notengedächtnis sitzt in meinen Fingerspitzen. Geht euch das ähnlich?
Wenn ich nicht denke und einfach meine Finger machen lasse, dann finde ich die Noten automatisch. Sobald ich dann anfange zu denken, bin ich raus.

Lieben Gruß
Sally

Azalea

Beitrag von Azalea »

Mir geht es da in etwa so wie Christian: die Stücke die ich von meiner Harfenlehrerin bekomme lerne ich erstmal vom Blatt (nach jahrelangem Klavierunterricht kann ich zum Glück die Noten einfach ablesen), aber den richtigen Zugang zum Stück bekomme ich sobald es mir auswendig von den Fingern läuft. Da die Übungsstücke derzeitig noch nicht so lang sind, geht das auswendig lernen ohne besonderen Aufwand - ich kann mich noch an meine Klavier-Lernzeit erinnern wo ich auf Anleitung meines Lehrers die Noten ca. 2 Meter vom Klavier hingelegt habe und jedesmal wenn ich nicht mehr auswendig weiterwusste hingegangen bin und nachgeschaut habe.
Tschau
Corinna
Josef

Beitrag von Josef »

Ich beneide Leute, die gleichzeitig eine Notenzeile lesen und wissen, wie sie klingen muß, sie sofort aufs Instrument umsetzen können und auch noch zur gleichen Zeit eine Baßzeile bewältigen.

Oder Leute, die eine Melodie hören und sie sich sofort in Noten vorstellen und aufschreiben können.

Vom Blatt spielen konnte ich nie und glaube nicht, daß ich das noch jemals hinbekomme. Ich weiß zwar im Prinzip, wie die einzelnen Positionen in den Notenzeilen heißen (Zeile in der Mitte mit nem b, also ein B, aha, und dann ein A und ein C und dann kommt ein H), aber um zu wissen, wie das Ganze überhaupt klingt, muß ich eine Harfe (mit Klappen) in der Hand haben und es ausprobieren.

Gesegnet sind die vom Blatt spielen Könnenden, denn ihrer ist das Notenblatt.

Josef

Zuletzt geändert von Josef am Mo 1. Mai 2006, 20:39, insgesamt 1-mal geändert.
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