Wie übt ihr? Wie lernt Ihr ein neues Stück?

Judith
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Wie übt ihr? Wie lernt Ihr ein neues Stück?

Beitrag von Judith »

Ich stelle mir gerade die Frage (u.a. Auch inspiriert durch den Post "Harfenkinder"), wie ich denn am besten/effektivsten übe... :_smile_:
Wie macht ihr das?
Bekommt ihr im Unterricht "Hausaufgaben"? (Ich hab 14tägig Unterricht, öfter würde mein Budget sprengen)
Sucht ihr euch Stücke aus und spielt die, bis es klappt? Macht ihr Fingerübungen?

Ich habe früher (Klarinette, Klavier) immer wieder wiederholt, erst langsamer dann schneller, Hände einzeln dann zusammen (Klavier, nicht Klarinette :_wink_: ), bei Fehler die Passage wiederholt...

Mich interessiert, wie das andere erwachsene Harfelernende machen... eigentlich wollte ich einfach nur ein wenig zupfen können aber nun merke ich, dass ich doch einen gewissen Ehrgeiz entwickle :_smile_:

Ich habe diesen Thread mal mit einem anderen Thread zum selben Thema zusammengeführt. Deshalb taucht fast die selbe Frage später noch einmal auf.
bastian (als Admin)
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Maira
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Re: Wie übt ihr?

Beitrag von Maira »

Genau so.
Langsam , eins nach dem anderen , wie man die Klöße ißt.
Mach doch , was Du willst. Ich mach auch , was ich will.
Aber ich mach das wirklich.
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ClarSach
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Re: Wie übt ihr?

Beitrag von ClarSach »

Für mich wichtig ist die einzelnen schweren Fragmenten (mit was davor und danach) zu isolieren und die zu üben. Also nicht immer das ganze Stück.
Auch übe ich von hinten nach vorn, stets nur einigen Takten mehr. Und erst langsam, dann schneller.
Richtg schweren Fragmenten spiel ich in verschiedene Ritmen, damit ich nicht 'taube' wird von immer dieselbe Takten spielen.
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Lilly
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Re: Wie übt ihr?

Beitrag von Lilly »

Ich habe jede Woche Unterricht und bekomme "Hausaufgaben" - man muss sich ja auf Stücke einigen, die man im Unterricht behandelt :_smile_:
Dabei sind es meist 3-5 kleine Einheiten aus meiner Harfenschule oder der Methode von Maria Grossi, die mir meine Lehrerin empfohlen hat. Das ist quasi das Training für die Finger, damit sie geschmeidig bleiben.
Dazu kommen noch 1-2 ganze Stücke damit sich ein Fortschritt abzeichnet. Die Stücke suchen wir meist gemeinsam aus, sodass es welche sind, die mir zwar gefallen, an denen ich aus pädagogischer Sicht aber auch was lernen kann.

Am Anfang mache ich es so wie du, ich spiele erst rechts und links ein paar Mal einzeln, dann versuche ich es langsam zusammen und dann schneller, bis es eben flüssig läuft. Dazwischen liegen dann ja auch weitere Unterrichtsstunden, in denen ich Tipps bekomme wie ich Hürden überwinden oder Fehler minimieren kann.
Diese Art zu üben kenne ich auch noch vom Klavierunterricht und ich finde, es bewährt sich auch an der Harfe.

Leichte Stücken spiele ich es dann beim Üben immer wieder durch, manchmal auch als Auflockerung oder zur Motivation wenn ich wo anders nicht weiter komme - man will ja immer mit einem positiven Gefühl aufhören, damit man am nächsten Tag noch Lust hat. Das mache ich bei allen Sachen so, bei denen man sich manchmal "durchbeißen" muss.

Schwierige Stücke übe ich wie ClarSach es beschrieben hat. Meist wiederhole ich einzelne Takte, um das Lied "in die Finger" zu bekommen und mich an schweren Stellen sicherer zu fühlen.
So hat es mir auch meine Lehrerin empfohlen. Statt das ganze Stück zu üben, soll man vornehmlich die Stellen (mit Übergang) üben, die einem schwer fallen. So wird die Konzentration auch wirklich für die Dinge aufgewendet, die geübt werden müssen.
Manchmal mache ich auch die Augen zu und lasse die Finger ihren Weg auf die Saiten finden, spüre die Saiten noch bewusster und höre genau hin. Das ist auch ein Trick aus dem Unterricht - und es klappt echt, nach ein, zwei Versuchen finden die Finger die Saiten auch blind - und dann klappt meist auch die schwere Stelle im ganzen Stück.
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bastian
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Re: Wie übt ihr?

Beitrag von bastian »

Vorweg: Ich kann nicht flüssig Noten lesen. Das heißt, ich bin schlicht nicht schnell genug darin, um vom Blatt zu spielen. Dadurch hat sich für mich folgende Strategie sehr bewährt:

Ich habe immer zwei Stücke gleichzeitig in der Pipeline. Eines, das ich gerade "lerne". Also Fingersätze baue, diese auswendig lerne und übe. Das Zweite (welches das vorhergehende Stück war) wird "verflüssigt. Also geübt, bis alles richtig sitzt, der musikalische Ausdruck stimmt und keine Denkpausen mehr benötigt werden. Irgendwann rutscht dann das fertig "verflüssigte" Stück ins Repertoire, das Lernstück auf den "Verflüssigen"-Platz und ein Neues auf den "Lernen"-Platz. Dann geht es von vorne los.

Dadurch erreiche ich einen höheren Durchsatz als wenn ich mit einem neuen Stück erst warte, bis ich das vorige mehr oder weniger perfekt kann und ich höre mir die Stücke auch nicht so schnell über.

Sebastian
Ein Leben ohne Harfe ist möglich, aber sinnlos.
Judith
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Re: Wie übt ihr?

Beitrag von Judith »

Vielen Dank euch, für eure Tipps und Hinweise!
Das meiste zeigt mir, dass ich auf einem ganz guten Weg bin... und die Ideen mit den geschlossenen Augen und dem "verflüssigen" werde ich mal probieren, das hört sich gut an - Danke Lilly & Bastian!

Im Moment bremsen mich vor allem Blasen an den Fingerkuppen aus (ich bin dafür anfällig...), die lassen mich die Übungszeit ein wenig reduzieren. Was mich aber auch und vor allem stört, ist, dass mein Spiel meiner Meinung nach noch nicht so ganz schön klingt - teilweise noch ziemlich "rupfig" (wisst ihr was ich meine?) und manchmal komme ich beim Zupfen an die vorher gespielte noch klingende Saite, was dann ein doofes Scheppern erzeugt. Das mit dem "Scheppern" wird schon besser weil ich merke, dass ich immer öfter auch blind Saiten finde. Aber der "rupfige" Klang stört mich schon noch sehr - hat jemand spontan eine Idee, was ich falsch mache (mir ist klar, dass das als Ferndiagnose eher schwer ist;-))?
Hab natürlich meine Lehrerin drauf angesprochen - sie meinte nur, das wär am Anfang normal und ich sollte nicht zu hohe Erwartungen an mich stellen. Wenn dem so ist, ist ja alles gut - nur will ich mir halt keine falsche Technik angewöhnen.
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merit
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Re: Wie übt ihr?

Beitrag von merit »

Ich würde mich sehr freuen, wenn wir hier eine Rubrik "Tips und Tricks zum Üben" bzw. "Hilfe bei Übproblemen" aufmachen könnten. Es würden sicher viele Musiker hier davon profitieren! Mich interessiert das Thema sehr - meinetwegen und wegen meiner Schüler.

Das kennt Ihr vielleicht, wenn nicht, schaut mal drauf. Die Artikel sind usamerikanisch-weitschweifig, aber mit etwas Geduld und Querlesen konnte ich sehr viel daraus ziehen: http://www.bulletproofmusician.com/

Das kennt Ihr vielleicht auch schon- ein bißchen chaotisch, aber in vieler Hinsicht sehr interessant: http://www.theflow.zone/

Herzliche Grüße; Merit Zloch
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Re: Wie übt ihr?

Beitrag von Meeresbrise »

Ein paar Buchtipps:

Gerhard Mantel: Einfach üben

Von einem Cellisten, aber nicht nur für Cellisten.

Bart Spanhove: Das Einmaleins des Übens

Eigentlich für Blockflötisten, aber wiederum nicht nur...
Markus Schönfelder
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Re: Wie übt ihr?

Beitrag von Markus Schönfelder »

Hallo,

die Frage ist im Grunde vor allem davon abhängig wie groß dein Zeitbudget pro Tag/pro Woche ist.
Ein Instrument zu spielen ist nicht eine einzelne Fähigkeit, sondern eine Gruppe von Einzelfähigkeiten die unterschiedliche Ansprüche an dein Trainingsverhalten stellen.

Prinzipiell gilt dass das Optimum ist jeden Tag ein wenig zu machen anstatt in einem Schub und dafür nur einmal alle 1-2 Wochen.
Falls du es schaffst jeden Tag 10 Minuten zu investieren (eventuell mit einem Ruhetag pro Woche) würde ich mich erstmal primär auf das Training deines Muskelgedächtnisses konzentrieren, da du hiervon später am meisten profitieren wirst.
Dafür ist es gar nicht so wichtig was genau du spielst, sondern wie. Ziel des Muskelgedächtnis-Trainings ist es so langsam und genau wie möglich zu spielen, damit dein Gehirn genau abspeichern kann wie ein Bewegungsablauf funktioniert. Wenn du Fehler machst (auch wenn es nur einer ist) spielst du zu schnell. Das richtige Lerntempo ist das in dem du 100% der Versuche fehlerfrei durch den Abschnitt (.z.b 2-4 Takte aus einem Stück) kommst.
Mein Coach hat mir damals eingebläut dass ich zwischen jeden Ton in Gedanken "Mississippi" sagen können muss.

Im Optimalfall stützt man Muskelgedächtnis-Training noch mit Bildtraining, aber das ist vielleicht etwas für später.

Solltest du eher in unregelmäßigen Intervallen Zeit haben oder nach den 10 Minuten noch motiviert sein würde man wahrscheinlich eher andere Bereiche angehen. Persönlich finde ich dass Komposition und Arrangieren eines der besten Werkzeuge zum Lernen ist. Kinder machen das meist von Anfang an ohne dass man ihnen noch etwas dazu aufgeben muss. Bei Erwachsenen erfordert das manchmal etwas Hilfestellung.

Hausaufgaben an sich finde ich nur unter Umständen sinnvoll. Wenn dir als Spieler nicht klar ist warum du eine bestimmte Übung oder ein bestimmtes Stück lernst ist der Lerneffekt auch nur ein Bruchteil dessen was möglich ist. Und du kannst auch nur schwer die richtige Lernmethodik anwenden.

Riesiges Thema - die Frage ist halt auch welche Unterrichtskonzeption dein Lehrer verfolgt.
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Barbara
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Re: Wie übt ihr?

Beitrag von Barbara »

Hallo,

wunderbares Thema, aber ein sehr weites Feld! Ich vermute, dass es dazu keine (oder kaum) allgemein gültige Regeln geben kann: es gibt bestimmt jede Menge unterschiedlicher Lerntypen.

Was mir hilft (v.a. für die Motivation), ist ähnlich wie Bastian, mehrere Stücke in unterschiedlichen Stadien zu haben: An einem übe ich mehr Technik, am anderen Geläufigkeit, an wieder anderen den Ausdruck, die eigentliche Musik. Nur zu viele sollte man nicht parallel in der Pipeline haben.

Anders als zu Jugendzeiten am Klavier spiele ich mittlerweile auch gerne Etüden zum Einspielen. Ich sehe das ähnlich wie Grammatikübungen beim Sprachenlernen: Bestimmte Abläufe gibt es dann schon im motorischen Gedächtnis, und ich kann sie abrufen, wenn sie in einem Stück vorkommen.

Bei meinem Klarinettenlehrer habe ich gelernt, Pausen zu machen: Wenn ich eine bestimmte schwere Stelle (also nur einen oder wenige Takte) wiederhole, um sie in die Finger zu bekommen, spiele ich sie nicht immer wieder direkt hintereinander weg, sondern mache nach jedem Mal eine Pause, die etwa so lang ist wie die Stelle selbst. Die Zeit braucht das Gehirn, um das gerade geübte zu speichern. Keine Ahnung, ob das lernphysiologisch irgendwie belegt ist, klingt für mich aber plausibel, und ich bilde mir ein, es hilft.

Die Hände einzeln zu üben hilft mir hingegen gar nicht: Das mache ich nur ganz am Anfang, um eine Stelle auszubuchstabieren. Sobald ich sie einigermaßen kann, übe ich beide Hände zusammen. Ich habe es auch anders versucht, habe aber schnell gemerkt: Egal wie gut ich die Hände dann einzeln spielen kann, beim Zusammensetzen fange ich wieder von vorne an. D.h. das kann ich mir auch sparen.

Wichtig ist auch, "keine Fehler zu machen": Also, wie Markus schon schrieb, die Stelle oder das Stück wirklich in dem Tempo zu spielen, in dem man keine Fehler macht. Denn jeder Ablauf prägt sich im motorischen Gedächtnis ein, und je öfter ich einen Fehler wiederhole, desto besser prägt er sich ein. Dann langsam das Tempo steigern, ggf. auch mal wieder zurückschrauben.

Als Lernkontrolle verwende ich gerne das Metronom: Das zeigt mir unerbittlich, an welchen Stellen es noch hakt und wo ich vielleicht zu schnell werde.

Viele Grüße
Barbara
It's the mystery that endures. Not the explanation.
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