Wer komponiert selbst und wer spielt "nur" nach Noten

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bastian
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Re: Wer komponiert selbst und wer spielt "nur" nach Noten

Beitrag von bastian »

GrafZahl2 hat geschrieben: Do 29. Jun 2017, 08:27
Maira hat geschrieben: Di 20. Jun 2017, 23:38 ...Ich schreibe Noten auf, oder improvisiere.
Komposition kann man studieren.
..Das ist man erst nach einem erfolgreich abgeschlossenen Studium.
Ah - sorry, da bin ich natürlich 100% bei Dir.
Ich nicht.

Ich wehre mich gegen die sehr starke professionalisierung der Musik. Ich habe manchmal den Eindruck, das ist ein typisch deutsches Phänomen. Man muss nicht Komposition studiert haben, um gut zu komponieren. Man muss auch nicht Musik studiert haben, um schöne Musik zu machen. Ich finde diesen Trend sogar gefährlich. "Du hast das nicht studiert, deshalb ist das nix wert, was du machst." Was für ein Unfug! Ich höre mir sehr gerne kleine Konzerte an, von Musikern, die das nicht hauptberuflich machen. Die auch eigene, interessante Stücke schreiben ohne das studiert zu haben. Da gibt es natürlich viel schalen Brei, aber auch einige beeindruckende Stücke. Aber mir ist es viel lieber, wenn Musik aus der Breite der Bevölkerung kommt als wenn man das Feld einigen wenigen Spezialisten überlässt. Dadurch entsteht eine qualitative Erwartungshaltung, die m.E. mehr hindert als nützt.

Klar, ein Studium hilft sehr, eine gute Basis zu legen und Techniken und Werkzeuge zu kennen. Das kann man als geübter Hörer natürlich hören. Aber wenn ich andererseits höre, was da im Moment so an moderner E-Musik komponiert wird, da habe ich schon manchmal eher den Eindruck, da geht es mehr darum aufzufallen, als um Musik. "Hurz" kam nicht grundlos.

Sebastian
Ein Leben ohne Harfe ist möglich, aber sinnlos.
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Zaahra
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Re: Wer komponiert selbst und wer spielt "nur" nach Noten

Beitrag von Zaahra »

bastian hat geschrieben: Ich wehre mich gegen die sehr starke professionalisierung der Musik. Ich habe manchmal den Eindruck, das ist ein typisch deutsches Phänomen. Man muss nicht Komposition studiert haben, um gut zu komponieren. Man muss auch nicht Musik studiert haben, um schöne Musik zu machen. Ich finde diesen Trend sogar gefährlich.

Lieber Bastian, danke dass du das ansprichst, da bin ich ganz bei dir!
Ich finde auch, dass der leider noch vorherrschende Zugang zur Musik, "man muss doch Musik studiert haben, um ordentlich Musik zu machen oder zu komponieren", genau der Grund ist, warum so viele kreative Ideen schon im Keim erstickt werden, warum so viele Leute von sich selbst sagen "sie können nicht singen" (obwohl das einfach nicht stimmt) und so viele Leute Angst davor haben, ihrer Kreativität Ausdruck zu verleihen.
Zum Glück gibts auch andere Strömungen, Carl Orff und die elementare Musik- und Tanzpädagogik, zum Beispiel.
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GrafZahl2
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Re: Wer komponiert selbst und wer spielt "nur" nach Noten

Beitrag von GrafZahl2 »

:_wink_:
Bastian,
weil Du ja letzten Samstag auch mitgegroovt hast und hier die Lanze für uns Hobbyzupfer brichst: hier mal einer der Schriebe angehängt. Die Improvisation der rechten Hand ist übrigens extra für Hackenharfe oder Kreuzweisezupfer gebastelt ... die Pedialisten müßten sich bei "F im Bass und Fis im Diskant" halt was ausdenken*

Gruß, Christof

* bzw. wer in Lauterbach beim Zeltkonzert aufgepasst hat - da hat es Monika Stadler vorgemacht :_cool_:

P.S.: Und falls die anderen der Lauterbacher Groove-group den Schrieb sehen: Jaja...links sollte "Weit" statt "eng" gegriffen werden ... ihr macht das ja richtig [ich bin nur zu alt bzw. zu faul, mich umzugewöhnen]
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Re: Wer komponiert selbst und wer spielt "nur" nach Noten

Beitrag von sanne »

"Komposition" ist eben nicht immer gleich "Komposition". Erstmal bedeutet es ja nur, etwas "zusammen zu setzen".
Meist entsteht eine Komposition aus der Improvisation. Improvisieren tun wir bestimmt alle mal, nur bleibt es oft im stillen Kämmerlein.
Wer damit nach außen tritt, hat Mut seine Schöpfung zu zeigen - finde ich toll, muss auch kein "Profi" sein.
(Manchmal ist die Improvisation auch eine Bearbeitung schon bekannter Melodien, sowas wird natürlich keine eigene Komposition.)
Ich halte jede niedergeschriebene Version einer Erfindung, die so auch zur Aufführung kommen kann, für eine Komposition. :_smile_:

Man kann das ganze natürlich, wenn man eine Ausbildung dafür hat, oder ab dem Zeitpunkt wo man damit Geld verdient, als professionell bezeichnen.
Im übrigen unterscheiden sich professionell ausgebildete Musiker/innen nicht so sehr von Hobbymusiker/innen. Sie können aber sehr nützlich sein, denn sie geben ihr Wissen aus dem Musikstudium und ihre Erfahrung aus der Berufstätigkeit ja weiter. :_wink_:
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merit
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Re: Wer komponiert selbst und wer spielt "nur" nach Noten

Beitrag von merit »

Viele unprofessionelle und professionelle :-) Musiker definieren heute JEDE musikalische Erfindung - also auch Improvisation - als Komposition, was ich persönlich sehr sinnvoll finde. Stichwort "Real Time Composition".

Viele Grüße, Merit Zloch
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mygga
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Re: Wer komponiert selbst und wer spielt "nur" nach Noten

Beitrag von mygga »

Ich hab mich in die Form-Regeln eingearbeitet und hatte ernsthaft vor, zu komponieren und Stücke weiterzugeben.

Ich hab mich dagegen entschieden. Das kann machen, wer will - es ist nicht meins.

Meins ist Improvisieren in Reaktion auf Atmosphäre, Stimmung, Intuition. Was bedeutet, das, was ich jetzt spiele, kann in 10 Minuten schon wieder völlig banal und bedeutungslos wirken, einfach, weil sich die Umstände geändert haben. Und dann da noch dran rumzufeilen und es in Form zu bringen, obwohl es aktuell gar nichts mehr ausdrückt, habe ich schlicht keine Lust. In der Zeit kann ich schon wieder neue Musik spielen, die in der neuen Umgebung wieder was zu sagen hat.
Wo Sprache keine Worte hat, fängt die Musik erst an. (M.W.)
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Susanne Globisch
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Re: Wer komponiert selbst und wer spielt "nur" nach Noten

Beitrag von Susanne Globisch »

Ich finde auch, dass die Definition "Komponist darf sich nur nennen, wer Komposition studiert hat" erheblich zu simpel ist. Demnach wären Johann Sebastian Bach und Antonín Dvorák (finde das Häkchen über dem r nicht) keine Komponisten gewesen, denn die haben sich das Komponieren ja autodidaktisch beigebracht. Aber ehrlich gesagt hätte ich sowieso nicht vor, mich von einer Definition in eine Schublade stecken zu lassen, von daher ist mir diese eigentlich auch ziemlich egal :_cheesy_: .

Bei mir selber ist es so: ich habe mir schon immer mal wieder Stücke ausgedacht, die ich schön finde. Aufgeschrieben habe ich sie nie, weil zu bequem (hach, wenn Midi-Harfen nicht so teuer wären oder Tonerkennungs-Programme richtig gut funktionieren würden...!). Meistens habe ich einfach nur einen Mitschnitt gemacht, damit ich es nicht vergesse. Zum Veröffentlichen, z.B. in einem Youtube-Video hatte ich bislang keine Lust, weil es mir im Moment mehr Spass macht, die Musik von anderen zu spielen (und vielleicht etwas drüber zu improvisieren). Ich merke einfach, dass ich mit jedem neuen Stück, das ich mir erarbeite, wieder etwas dazugelernt habe. Und nicht nur spieltechnisch und musikalisch, sondern auch neue emotionale Facetten in der Musik und in mir selber entdeckt habe. Das scheint mir im Moment am besten zu funktionieren, wenn ich mich in die Musik von anderen vertiefe.

Trotzdem macht es mir Spass, mit vorhandener Musik zu experimentieren. So habe ich bei einem Auftritt letzten Samstag z.B. mit einem deutschen Volkslied angefangen und dieses auf den Looper gespielt, um dann mittels Klappenschalten langsam in die Blues-Skala rüberzuwechseln und in dieser darüber zu improvisieren. Zu guter Letzt habe ich auch den Text improvisiert in der Blues-Skala drüber gesungen. Hat super Spass gemacht, ich könnte es nur annähernd wieder reproduzieren, und den Zuhörern hat es dem Feedback nach zu urteilen auch sehr gut gefallen. Ich würde das auch eher als "Improvisation" bezeichnen, aber als eine stilistisch recht originelle. Das ist für mich gerade der "Mittelweg" zwischen Komposition, Improvisation und Interpretation, der mir am meisten Freude macht.

Liebe Grüße von Susanne
May Peace and Love be with us. Always.
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Re: Wer komponiert selbst und wer spielt "nur" nach Noten

Beitrag von karin gunia »

Hallo!

Mir fallen manchmal Stücke, Linien, irgendwelche Klanggebilde ein, die zum Teil auch den Moment überleben und die ich dann aufnehme oder aufschreibe und die ich dann nach Lust und Laune weiter ausarbeite, variiere usw. Das alles kann verschiedene Anlässe haben. Eine spontane Idee, eine Stimmung, ein bestimmtes Thema ... und auch ein bereits vorhandenes Stück (Impro über ...). Das Besondere daran ist für mich, dass meine eigenen Beiträge mir natürlich näher sind, weil sie meine Handschrift tragen, und auch der Reiz, eine Art eigene Sprache, eigenen Ausdruck zu finden für ein Thema X. Und manchmal "juckt" es mich auch, zu sehen, was möglicherweise noch in einer Ideee stecken könnte.
"Fertige" Stücke nehme und schreibe ich auf, zum Teil auch, um sie einfacher mit anderen teilen zu können, zum Beispiel beim Zusammenspielen mit anderen. Teilweise habe ich auch Themen aufgeschrieben mit "Lücken" zum Improvisieren. Das macht mir auch Spaß, evtl. Jahre später das Stück rauszukramen und die "Lücken" immer wieder anders zu füllen.
Ich finde, Musik kann so schön erzählen, und es macht mir Freude, wenn ich Ideen für eine eigene "Sprache" finde. -
Damit hab ich nichts über Niveau und Studium und Vorbildung und so gesagt (s. weiter oben), zunächst steht die eigene Idee im Vordergrund. Schon klar, dass langfristig gilt: je mehr ich gelernt habe, desto größer ist meine Variationsbreite. Aber auch wenn ich erst wenig gelernt habe, brauche ich ja keine Erlaubnis, mal 'ne eigene Idee zu haben :_wink_: .
Einen Youtube-Kanal hab ich immer noch nicht, aber immerhin eine Seite mit Demos.

Liebe Grüße, Karin
Dem Tapfer'n hilft das Glück!
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Maira
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Re: Wer komponiert selbst und wer spielt "nur" nach Noten

Beitrag von Maira »

Liebe Karin , Du drückst das gut aus.
Komponieren kann man für nur ein Instrument.
Meinem Denken nach ist ein Komponist einer , der sowohl für nur ein Instrument schreibt,
gleichzeitig aber auch in der Lage ist sehr komplexe Partituren zu schreiben
die dann von anderen gespielt werden. ( z.B. Orchesterliteratur )
Klar , man kann eine Improvisation auch Komposition nennen.
Der Punkt ist : Ist es ein ganz neues Stück das dann nicht frappierend einem schon da gewesenen
und sehr bekannten Stück ähnelt ?
Das ist in meiner Ansicht dann eher eine Improvisation.
Komposition sollte abgebildet und wieder spielbar sein.
Das schreiben aber nicht alle auf.
Mach doch , was Du willst. Ich mach auch , was ich will.
Aber ich mach das wirklich.
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karin gunia
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Re: Wer komponiert selbst und wer spielt "nur" nach Noten

Beitrag von karin gunia »

Hallo!
Hier noch was zum Thema "eigene Stücke": letztens habe ich etwas ältere Aufnahmen von eigenen Stücken gehört und fand es einfach praktisch, dass ich die Noten aufgeschrieben hatte. Das erleichtert das Nachspielen nach längerer Zeit doch deutlich.
"Am See" ist ein Beispiel dafür: https://www.reverbnation.com/karingunia .
LG, Karin
Dem Tapfer'n hilft das Glück!
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