Oberflächenbehandlung von Harfen

Josef

Oberflächenbehandlung von Harfen

Beitrag von Josef »

servus allerseits,

eine Frage an die Sachkundigen unter euch:

Rein optisch sehen ja völlig unlackierte Harfen ja am rustikalsten aus... Aber wann wird es höchste Zeit für eine Neulackierung der Harfe? Und welche Funktionen hat der Lack eigentlich, in Bezug auf Klang und mechanischen & chemischen Schutz des Holzes?

Als Naturwissenschaftler bin ich immer auf der Suche nach vernünftigen Erklärungen anstatt "dös is hoid bessa so", und fand es beispielsweise interessant, als ich mal auf einer Gitarrenbauerseite gelesen habe, daß Schellack ein Exkret von irgendwelchen südostasiatischen Schildläusen ist und beim Auftragen aufs Holz die Holzporen schließt, ohne die akustischen Eigenschaften des Instruments zu beeinträchtigen.

Ist da was dran? Welche Geheimnisse könnt ihr über die optimale Oberflächenbehandlung eurer Harfen erzählen, auf daß ihr Klang immer wohlklingend bleibe?

voller wissenschaftlicher Neugier und auf aufschlußreichen Rat hoffend entbiete ich Euch, werte Harfenbäuerinnen und Harfenbauern, meine harflichsten Grüße
Josef
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Andreas
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Beitrag von Andreas »

Hallo Josef,

obwohl kein Harfenbauer will ich doch mal mein (unmassgebliches) Wissen kundtun.

Also der Lack dient in erster Linie mal dem Schutz des Holzes mit mehreren Aspekten:
- mechanisch (Macken, Kratzer)
- chemisch (Wasser, andere Substanzen)
- optisch (Schmutz, Herausarbeiten der Maserung, Glanz, UV Schutz)

Daneben kann der Lack und die Art und Weise wie er aufgetragen wird die akustischen Eigenschaften der Harfe beeinflussen (z.B. durch Dämpfung der Schwingungen). Das kann dann zu sehr aufwändigen Lackierungstechniken mit vielen sehr dünnen Schichten führen. Die von dir erwähnten Eigenschaften des Schelllacks sind da durchaus richtig.

Welcher Lack verwendet wird, hängt davon ab, wo der Harfenbauer seine persönlichen Schwerpunkte setzt. Das kann man an zwei klassischen Lacktypen deutlich machen:

Schellack
- Naturprodukt
- edles Aussehen
- sehr aufwändige Lackierung (daher teuer)
- optimale akustische Eigenschaften
- mässiger chemischer Schutz
- mechanisch sehr empfindlich, gibt beim kleinsten Stoss Macken

Polyesterlack
- Kunstprodukt
- sieht halt wie Lack aus
- einfachere Lackierung, bei guten Lackierung aber auch in mehreren dünnen Schichten
- sehr gute akustische Eigenschaften
- optimaler chemischer Schutz
- sehr guter mechanischer Schutz

Quintessenz: da muss jeder seine persönlichen Anforderungen einbringen oder : wer eine Schellackharfe mit ans Lagerfeuer nimmt ist selbst schuld.

Persönlicher Rat:
Wer eine edle, perfekt klingende Harfe in seinem stillen Kämmerlein spielen möchte, oder sie nur selten und dann unter kontrollierten Bedingungen transportiert, sollte sich ruhig eine Schellacklackierung leisten.
Wer seine Harfe ständig durch die Gegend schleppt, häufig auf der Bühne ist, auch mal im Freien spielt ist mit einer Polyesterlackierung besser dran, da sie sehr viel besser schützt und länger schön bleibt.

Ach - ja:
Manchmal werden Harfen einfach gewachst. Harfenbauer, die mit Reparaturen beschäftigt sind lieben das gar nicht, da das Wachs ins Holz einzieht (das ist akustisch schon nicht gut) aber dann verhindert, dass dort wo Wachs ist neu verleimt werden kann. Das ist mit Öl noch viel schlimmer. Also nicht mit irgendwelchen Möbelpflegewachsen und Ölen an die Harfe. Dämpft den Klang und verhindert oder erschwert eventuell notwendige Reparaturen.

Die Innenseiten der Harfe (Korpus) werden normalerweise nicht lackiert, um die freie Atmung des Holzes (Feuchtigkeitsausgleich) nicht zu behindern.

So - Harfenbauer bitte ergänzen - korrigieren - diskutieren.

Gruss,
Andreas
(der aus Hamburg - hier gibts ja jetzt noch einen Andreas)
Andreas (aus Hamburg)
ollibo

Beitrag von ollibo »

Hallo Joseph,

zur Frage "ob Lack oder nicht oder welcher" möchte ich kurz anmerken, dass die meisten Harfen nicht lackiert sondern geölt sind. Das gilt zumindestens für die keltischen Harfen dich ich so kenne.

Meine beiden Harfen sind zum einen mit Tung-Öl (asiatische Nuss) und zum anderen mit Hartöl geölt. Die Öle sind relativ ähnlich. Ein Nachölen ist soweit ich weiß nicht nötig, weil beim Ölen soviel Öl genommen wird, wie das Holz aufsaugt.

Bei Konzertharfen und industriell gefertigten keltischen Harfen a la Aoyama ist das Holz unter einer dicken Schicht versteckt ("Harfe in Aspik"). Das würde mich auch interessieren, was das ist. Vielleicht ja sogar Synthetik-Lack - denen ist ja alles zuzutrauen...

Wie Andreas beschrieben hat, hat die Oberflächenbehandlung eine gewisse Schutzwirkung. Aber die Optik spielt auch eine wesentliche Rolle (satterer Farbton, Hervorhebung der Holzstruktur, Glanz, usw.). Wenn man das Ölen erstmal kennengelernt hat, kommt man nicht wirklich mehr davon los. Das ist der letzte Arbeitsschritt und man kann ihn nicht weglassen. Ich öle fast alles ein, was ich aus Holz gebaut habe, auch wenn das Holz nicht besonders geschützt werden muss.

Viele Grüße
Oliver

P.S.: Die Fa. Dick hat Bücher zur Oberflächenbehandlung im Angebot: www.dick.biz
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Andreas
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Beitrag von Andreas »

Hallo,

hmmm - also ich habe von einigen (internationalen) Harfenbauern die Warnung vor dem Ölen gehört. Zwei Gründe:

- klangliche Aspekte (Dämpfung des Holzes durch das Öl

vor allem aber:

- das Öl zieht ins Holz und bleibt da (soll es ja auch). Wo aber Öl ist, funktioniert kein Leim mehr. Das ist solange kein Problem, solange die Harfe ganz ist. Wenn sie aber mal repariert werden muss, kann an den Stellen (und da das Öl ins Holz zieht betrifft das auch die Schnittkanten) nicht mehr geleimt werden. Dann ist man leider "geleimt".

Ich habe allerdings (gott sei dank) keine eigenen Erfahrungen und kann nicht beurteilen, was daran ist. Die Quellen sind aber ziemlich erfahrene und seriöse Bauer und Reparateure.

Bie der "Harfe in Aspik" handelt es sich meistens um Lacke auf Polyesterbasis. Da geht es um Schutz auch und besonders um mechanischen Schutz (dicke, elastische Schicht). Solange das nicht dick auf der Decke ist, ist das klanglich nicht so schlimm.
Bei den Harfen Typ "Aoyama" geht es meist um Schülerharfen, die häufig Leihinstrumente und in Kinderhand sind. Da ist guter Schutz überlebenswichtig. Das sind gepanzerte, tonnenschwere und fast unkaputtbare Harfen mit mässigem Klang.

Aber "Kunstlack" ist nicht schlecht (ausser für Puristen und historische Instrumente) der Schutzfaktor im täglichen Gebrauch ist einfach höher. Und Kunstlack kann man auch in mehreren dünnen Schichten mit resultierendem Seidenglanz auftragen und nicht nur als "Aspik". Meine Dusty Strings hat auch "Kunst". Eine Schelllack Lackierung ist etwas wunderbares - ich kenne das von Gitarren - aber eine Schelllack-Harfe wäre für mich ein Horror bei Auftritten oder Harfentreffen.

Gruss,
Andreas
(der aus Hamburg)
Andreas (aus Hamburg)
skh
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Beitrag von skh »

Ich bin jetzt ein bisschen voreingenommen, weil ich noch nie eine lackierte Harfe hatte und geoelte Holzoberflaechen wunderschoen finde.

Zum Leimproblem kann ich nichts sagen, zum Reparieren von Oberflaechenmacken ist Oel meines Wissens sogar praktischer, weil man nach Rausschleifen derselben einfach nur nachoelen und kein Lackfinish reparieren / neu auftragen muss.

Sonja
ollibo

Beitrag von ollibo »

Hai,

ich kann die Bedenken gegen Öl auch nicht nachvollziehen.

Das Öl dringt nur in die äußere Schicht ein. Für meine große Harfe (10kg, 34 Saiten) hat wohl weniger als 0,1 l Öl gereicht. Wenn da jemand einen Unterschied hört bitte ich um Nachricht...

Da das Öl nur oberflächlich ist, kommt es an die Leimfugen garnicht heran. Sonst müsste die Harfe ja nach dem Ölen auseinaderfallen, wenn es da einen Konflikt gäbe.
Natürlich sollte man nur das fertige Instrument ölen und nicht die Einzelteile inklusive Leimfugen, weil der Leim sonst nicht "greifen" kann (mechanische Klammerung).

Gruß Öliver
WerekOrden

Beitrag von WerekOrden »

Also jein zu dem Thema Öl.

Öl ist nicht gleich Öl. Die unterschiedlichen Öle härten aber fast alle aus. In diesem Zustand ist dann ein Leimen nach vorigem Schleifen kein problem mehr. Zumindest hatte ich bis jetzt noch nie ein Problem.

Denkt daran Öl geht in Poren des Holzes und verschliesst diese auch somit bekommt man eine glatte Oberfläche die natürlich nicht so einfach zu kleben ist deshalb schleifen.

Das Holz hat normalerweise eine eigene Feuchtigkeit und auch einen Ölgehalt. Dieses kann über die Jahre verloren gehen durch Witterung in Wohnung und unterwegs. Wiederholtes Auftragen von Ölen verhindert dies bzw. kann dieses Prozess verlangsamen.


Schellack ist garnicht so teuer gegenüber vielen dieser scheiss Kunstlacke, die Verarbeitung ist auch nicht so aufwendig wie es vielleicht scheint.

Desweiteren kann man selbst kleine Stellen wenn der Lack mal Macken bekommen sollte einfach verschwinden lassen.

Mein Dudelsack ist auch Schellack behandelt und Macken habe ich nur reinbekommen wenn ich mal wirklich richtig wo angeschlagen bin. Wer auf sein Musikinstrument aber aufpasst der hat kein Problem kleiner Ditscher kann der Lack sehr gut ab.
Gast

Beitrag von Gast »

Hallo,

nachdem ich selbst jahrelang verschiedene Öl benutzt habe (eben wegen der schönen Oberfläche) kann ich aus meiner Erfahrung sagen...Ol und Leim ist nicht sonderlich ein Problem.

Aber...stell Dir vor Du hast einen dicken Mantel an und sollst einen Sprint hinlegen......
Es ist absolut getestet, daß der Klang der Harfe sich verändert durch die Lackierung.

Instrumentenbau im Allgemeinen hat ja nun eine lange Tradition...und da ist Ol als Lackierung nicht Empfohlen...gleichwohl es die Möglichkeit gibt, eine Ölung unter einen Schelllack zu bringen. Aber das ist es auch nicht.

Man sollte sich vor Augen halten, daß eine Lackierung bei vielen Harfenbauanfängern erstmal kompliziert ist während sie mit dem "Wichtigen Teil" beschäftigt sind.
Außerdem verkauft es sich gut.
Außerdem ist es sowas von ökonomisch schnell erledigt.

Meine Empfehlung ist Öllack.
Da kann man sowas von schöner, matter oder halbseidiger Oberfläche hinkriegen die dem Griffgefühl einer Ölung in nichts nachsteht und die Vorteile einer Lackierung bietet.

Liebe Grüße
Bernhard
Gast

Beitrag von Gast »

Ja, da bin ich nochmal,

Wachs zu benutzen ist für Spielsachen und dekorative Holzsachen etc unschlagbar....aber auf Instrumenten ist das
"Ol hoch 8 "
Nein, 0,1 Liter Ol reicht nicht für eine "große Harfe"

Bei Schellack gibt es verschiedene Sorten, mit unterschiedlichen Wachsanteilen.
Es gibt nichts unansehnlicheres als eine speckige Schellacklackierung...da ist viel ,viel Erfahrung notwendig um das wirklich gut zu machen.
Eine Schellackmattierung ist dagegen eine Alternative...und Schellack ist nicht so empfindlich..natürlich gegen Alkohol und Wassertropfen.
Schellack nie über 68% Luftfeuchtigkeit verarbeiten !

Der Korpus Innenraum sollte eine stark verdünnte Schellacklackierung haben...so, daß alles noch diffundieren kann aber trotzdem ein minnimaler Film im Holz ist.
Sonnst ist das Verhältnis Innen/Außen gestört.

Soweit

Grüße Bernhard







WerekOrden

Beitrag von WerekOrden »

Frage zur Definition von Lackierung Bernhard.

Wenn du Schellack auch zu normalen Lackierungen zählst stimme ich nicht so ganz überein mit dem dicken Mantelprinzip. Der Schellack ist nurs ehr dünn auf dem Instrument.

Wasser hat meinem Schellack auf dem Dudelsack noch nie was ausgemacht ist eben wie du schon sagtest auch abhängig vom Wachsanteil. Wachs zeigt sich bei Wasser sofort, einem guten Schellack ist das egal.

Bei anderen LAcken volle Zustimmung.

Was ist beid ir eine "Große Harfe"? 0,1l kann reichen jenachdem wie groß die Harfe.


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