Alte Harfen?

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Thea
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Alte Harfen?

Beitrag von Thea »

Ich frage mich, ab wann eine Harfe zum alten Eisen gehört und ihren Wert verliert.
Meine Salvi Julia ist so 15 Jahre alt, aber für mich klingt sie immer noch toll, und die einzigen Fehler, die ich entdecken kann sind die Macken, die ich, Hund und Katze "selbst" reingeschlagen habe.
Andererseits habe ich auch schon Bemerkungen gehört, dass Harfen nur eine begrenzte Lebensdauer haben, und dass man sich kein zu altes Instrument ins Haus holen sollte. Wie seht ihr das? Wann ist eine Harfe zu alt?
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Maira
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Re: Alte Harfen?

Beitrag von Maira »

Keine Ahnung.
Kommt wohl drauf an wie das Instrument behandelt und ,,gelagert" wird.
2 gleichalte Harfen, eine optimal gespielt und aufbewahrt, lebt mit Sicherheit wesentlich länger
als eine, die nur eingstaubt auf dem Dachboden oder noch schlimmer,
im feuchten Keller herumsteht und sich keiner drum kümmert.

Ja, es ist nur Holz mit Stricken drauf, aber es hat wohl, wie bei Vielem,
damit zu tun daß man es ordnungsgemäß behandelt.

My 2 cents
Mach doch , was Du willst. Ich mach auch , was ich will.
Aber ich mach das wirklich.
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Anne
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Re: Alte Harfen?

Beitrag von Anne »

Ich denke mal, dass eine Harfe die sehr gut berechnet wurde (wg Zuglast), auch bei guter Behandlung durchaus ein langes Leben hat. Dass ein Instrument aus Holz ist limitiert die Lebenszeit nicht per se, siehe alte Violinen.
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Thea
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Re: Alte Harfen?

Beitrag von Thea »

Ja, als ich das mit dem Alter gehört habe, musste ich auch gleich an Stradivaris Violinen denken.

Gibt es vielleicht einen gewissen Altersbereich, in dem sich die Spreu vom Weizen trennt?
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Der Juergen
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Re: Alte Harfen?

Beitrag von Der Juergen »

Ganz grob kann man sagen:

Je »möbelartiger« Harfen gebaut sind, umso weniger machen ihnen schwierige Bedingungen aus.
Oft ist das aber mit Klangeinbußen zu »bezahlen«.

Wieder die alte Physik: je weniger Masse in Schwingung zu versetzen ist, umso leichter, bzw. um so prägnanter kann sich bei gleicher Zugkraft der Ton entwickeln. Auch liegt hier die Möglichkeit des Harfenbauers, filigran am Klang zu »feilen«.

Hochwertige dreireihige Barockharfen sind sehr fein gebaut, die Klangdecke wahnsinnig dünn (sie wird dann durch Drähte gehalten, nur so reißt sie nicht gleich), das entfaltet den wunderschönen Barockklang, hält aber nicht ewig. Die Decke muss dann erneuert werden.

Also man kann nicht sagen, eine Harfe hält soundso lang. Die Angaben, die zur Lebenszeit von Harfen von einzelnen Harfenbauern früher mal gemacht wurden, konnten einen schon angst und bange werden lassen, das hatte aber eher mit mangelnder Erfahrung zu tun, als mit wirklichem Sachverstand.

Tendenziell kann man schon sagen, dass die meisten Harfentypen sehr lange halten können, wenn man sie richtig behandelt.
Zuletzt geändert von Der Juergen am So 15. Okt 2017, 00:41, insgesamt 1-mal geändert.
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bastian
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Re: Alte Harfen?

Beitrag von bastian »

Hallo Thea,

das ist eine interessante Frage, die mich auch seit ein paar Jahren umtreibt. Vor allem, weil ich den Klang alter Harfen sehr mag. Ich versuche Dir jetzt mal zusammenzufassen, was sich über die Jahre an Meinung dazu bei mir verdichtet hat.

An und für sich ist das Alter allein m.E. kein Problem. Aber trotzdem nehmen mit dem Alter Probleme und Einschränkungen in der Nutzung zu. Eine Harfe will gepflegt und überholt werden.

Reden wir mal über Hakenharfen. Da wird es am deutlichsten, weil der Preis einer Neuharfe vergleichsweise überschaubar ist. Holz arbeitet. Es entstehen über die Jahre (je nach Klima und Heizgewohnheiten) mehr oder weniger deutliche Trocknungsrisse. Leimverbindungen können sich lösen. Jeder Riss läuft Gefahr, zu einem Schnarrrisiko zu werden. Ich finde es auch schwerer, bei einer älteren Harfe die Ursache eines Schnarrproblems zu finden als bei einer neuen. Ich glaube, weil es einfach mehr Ursachen haben kann. Unter dem Zug der Saiten verformt sich u.U. die Vordersäule mit der Zeit. Das sieht man oft. Der Bauch der Schalldecke nimmt zu. Saiten werden mit zunehmendem Alter immer dünner und klingen immer weniger. Irgendwann muss der Satz ausgetauscht werden. Kurzum. Früher oder später braucht eine ältere Harfe mal eine mehr oder umfangreiche Wartung.

Auch war vor 20, 30 Jahren der Stand der Technik noch ein anderer. Die erste Generation Klappen der alten Camac-Harfen haben z.B. nicht den besten Ruf. Schlecht justierbar, und im Bedienkomfort nicht mit jetzigen Klappen vergleichbar. Klar, die kann man ersetzen. Kostet aber Zeit und Geld. Und echte Haken (oder Blades), die es vor den heutigen Klappen gab, sind eher was für Freaks, wenn Du mich fragst. Also für Leute, die eine realisitsch nachgebaute Barockharfe oder Böhmische Wanderharfe haben wollen, okay. Aber als 0815-Harfenspieler wie unsereins... würde ich nicht empfehlen.

Und drittens, in meinen Ohren klingen viele ältere Harfen viel grundtöniger (man kann auch dumpfer sagen) als das, was man jetzt kauft. Das liegt mit Sicherheit daran, dass sich das Klangideal mit der Zeit verändert hat. Von einem eher grundtönigen, erdigeren Klang hin zu einem helleren, perlenden Klang. Und die Harfenbauer haben sich dem angepasst. Ich halte es aber auch für gut möglich, dass eine Harfe über die Jahre dumpfer wird, das kann ich aber schlecht belegen.

Rechne ich jetzt den Preis einer halbwegs gut erhaltenen alten Gebrauchtharfe plus Sanierung, plus Klappen, plus Saitensatz komme ich bestimmt an den Preis einer Mittelklasse-Neuharfe heran. Und man hat immer noch eine im Kern alte Harfe, von der man nicht weiß, ob sie nicht doch mal einen Regenschauer abbekommen hat, den der Vorbesitzer verschwiegen hat; entschuldigung, vergessen hat, zu erwähnen.

Bei den Pedalharfen ist es ähnlich. Der Neupreis ist zwar sehr viel höher, deshalb lohnt es sich u.U. mehr Geld in die Wartung zu stecken. Die Probleme nehmen mit dem Alter aber exponentiell zu. Die Pedalmechanik unterliegt dem Verschleiß. Jedes noch so kleine Spiel in der Mechanik kann ein Schnarrproblem werden. Die Überholung einer Pedalmechanik mit 2000+ Teilen ist sehr aufwändig. Gut, wenn es noch Ersatzteile gibt. Aber spätestens bei einer 200 Jahre alten Erard ist jedes Ersatzteil eine Handfertigung. Das muss man wollen. Und sich leisten können. Das hat mich schon ein paar mal hier im Forum zu einer Warnung verleitet, dass eine 7000€-Erard-Doppelpedalharfe kein Doppelpedal-Schnäppchen für einen Anfänger ist. Sondern eine Möglichkeit, viel Geld zu verbrennen. Es gibt m.E. gute Gründe, das zu tun. Wenn man das Geld hat und die Harfe erhalten will. Wie ich oben schon schrieb, ich finde den Klang phänomenal schön. Aber das muss man mögen. Und wollen. Und können.

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Ich habe mir kürzlich eine 17 Jahre alte Hakenharfe gekauft. Zu einem scheinbar guten Preis. Und habe sie dann (von vorne herein einkalkuliert) noch mal richtig aufwändig überholt. Ich habe das alles in dem Bewusstsein getan, dass es am Ende nicht mehr unbedingt ein Schnäppchen ist. Aber ich wollte genau diese Harfe. Ich habe in ihr das Klangpotential gesehen, was ich haben wollte. Und ich habe mich nicht getäuscht. Kann man machen. Sollte man aber bewusst tun und nicht, weil man glaubt, ein Schnäppchen zu schießen.

Grundsätzlich hat es m.E. einen Grund, warum Hakenharfen über die Jahre billiger werden, auch wenn das auf Geigen nicht unbedingt zutrifft. Ich finde, das ist bei gebrauchten Harfen durchaus realistisch eingepreist.

Viele Grüße,
Sebastian

ps: Mir hat man auch mal gesagt, eine Hakenharfe halte 7-10 Jahre. Das halte ich aber für zu kurz gegriffen. Wann sich die Spreu vom Weizen trennt ist, glaube ich, eine individuelle Entscheidung. Individuell in Bezug auf Harfe und auf Spieler. Ich würde keine Harfe mit der ersten Generation Camac-Klappen kaufen. Weil ich gerne mitten im Stück klappe. Und da müssen die einwandfrei funktionieren. Dass nicht nur ich das so sehe, erkennt man auch an einem deutlichen Preisknick, unter dem diese Harfen zu liegen kommen.

Wer an seinem Instrument weiter kommen will, braucht gutes Werkzeug, an dem man wachsen kann. Das kann eine 17 Jahre alte, gute Harfe leisten. Oder eine 5 Jahre junge, nicht so gute Harfe nicht.
Ein Leben ohne Harfe ist möglich, aber sinnlos.
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