Alte, restaurierte Erard-Harfe - Kauf sinnvoll?

digait
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Alte, restaurierte Erard-Harfe - Kauf sinnvoll?

Beitrag von digait »

Hallo,

ich wäre sehr dankbar, von jemanden vom Fach
mal "frei weg" eine Meinung zu hören.

Ich bin zufällig auf eine alte Erard-Harfe (ca. 1830, London) gestoßen.
Sie wurde von einem Harfenbauer bzgl. der Mechanik überholt und
auch komplett neu besaitet. Anbieter ist ein Kunsthändler (seriöser Laden),
der normal aber nicht mit Musikinstrumenten handelt.

Optisch ist das Teil wunderschön. Kennt ihr ja vielleicht: viel Gold, Stuck, Verzierungen.
Klang ist auch ok.

Die Frage ist nur, wie sehr (oder wenig) die Harfe d.h. insbesondere die Mechanik anfällig sein wird.
Denn wenn es schon bald irgendwo "klemmen" sollte, dann wär das nicht spaßig.
Sie soll ja auch gespielt werden (Hobby, nicht beruflich auf Konzerten).

Wo liegen denn die Schwächen - und Stärken bei solch einem Teil?

Ach ja, preislich wird (natürlich) der vierstellige Betrag überschritten ...

Danke für Infos!
Nea
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Re: Alte, restaurierte Erard-Harfe - Kauf sinnvoll?

Beitrag von Nea »

digait hat geschrieben:
Die Frage ist nur, wie sehr (oder wenig) die Harfe d.h. insbesondere die Mechanik anfällig sein wird.
Denn wenn es schon bald irgendwo "klemmen" sollte, dann wär das nicht spaßig.
Sie soll ja auch gespielt werden (Hobby, nicht beruflich auf Konzerten).

Wo liegen denn die Schwächen - und Stärken bei solch einem Teil?
In so einem Fall ist eine "Ferndiagnose" nicht einfach. Mein Tipp wäre: Mit einem Harfenlehrer oder einem erfahrenen Harfenisten hingehen, damit er/sie sich das Instrument vor Ort ansehen kann.

Ein weiterer Tipp wäre es, mit dem Harfenbauer, der die Resturation vorgenommen hat, Kontakt aufzunehmen und ihn zu fragen. Das setzt voraus, das der Händler den Namen der Restaurators der Harfe nennt. Sollte es sich um einen seriösen Händler handeln, wird er/sie das tun. Tut er/sie es nicht, gibt es zumindest zwei mögliche Erklärungen: der Händler ist doch nicht so seriös oder der Händler ist seriös, aber der Restaurator der Harfe ist es möglicherweise nicht.
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funstrumentalist
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Re: Alte, restaurierte Erard-Harfe - Kauf sinnvoll?

Beitrag von funstrumentalist »

Hallo digait,

ich bin auch kein Fachmann für solche Fragen, habe aber schon so manches alte Instrument wieder aufgemöbelt. Zudem finde ich solche Themen spannend und habe mich mal umgeschaut, ob ich etwas Interessantes zu der Erardharfe finde.

Hier im Forum wurde vor einiger Zeit über eine gesprochen:

viewtopic.php?f=30&t=3359

Aber interessant finde ich eine Untersuchung einer Erardharfe die ich gefunden habe. Das ist ein 158 Seiten starkes PDF und da wird ausführlich wissenschaftlich die Harfe inspiziert und gezeigt mit allen Macken und Fehlern die sie gesammelt hat. Auch eine UV-Licht Untersuchung wurde gemacht, die alle inneren Schäden aufdecken kann.
Schau dirs mal an und mach dir deine Gedanken. Bestimmt ein tolles Instrument wenn es gut in Schusss ist. Aber da du ein Gerät möchtest das "funktioniert" ist es wahrscheinlich eher besser in Richtung neu zu denken. Anfällig kann so eine Harfe immer sein, da gibt dir keiner Garantie. Und wenn es "nur" Materialermüdung ist nach so langer Zeit.
Hier gibt es das PDF zum anschauen. Ich habs mir auf den Desktop geholt, da läuft es besser bei der Größe:

https://www.rkk.ar.tum.de/fileadmin/w00 ... online.pdf
digait
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Re: Alte, restaurierte Erard-Harfe - Kauf sinnvoll?

Beitrag von digait »

Guten Morgen @Nea und @funstrumentalist,

herzlichen Dank schon mal für eure Antworten!

Das PDF lade ich gerade herunter!

Ja, ich werde einen Experten mitnehmen zum Spielen und Begutachten.
Die Harfe steht in Großraum Leipzig. Ich bin leider nicht aus der Gegend.

Kennt jemand jemanden aus Leipzig oder Umgebung, der (natürlich gegen
Bezahlung) mitkommen würde, sich die Harfe auf Herz und Nieren anzuschauen?



Schon mal, vielleicht verfrüht, eine andere Frage:

Wer baut günstig einen Koffer / eine Kiste für die große Konzertharfe?

Es soll ein ganz simples Teil sein, kein Schnickschnack. Hauptsache sicher
für den Transport in einem Bulli.

Danke!
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Der Juergen
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Re: Alte, restaurierte Erard-Harfe - Kauf sinnvoll?

Beitrag von Der Juergen »

funstrumentalist hat geschrieben:Aber interessant finde ich eine Untersuchung einer Erardharfe die ich gefunden habe.
[…]
Hier gibt es das PDF zum anschauen.
Wow, tolle Arbeit, die ich noch nicht kannte.
Vielen Dank »funstrumentalist« für’s »Finden« (neugierig, wie ich bin: wie bist du darauf gestoßen?) und hier Verlinken!
#HarpistsForFuturewww.harfenzeit.dewww.harfenbaukurs.de • harfenwinter.de • harfensommer.de • harfenmai.de
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bastian
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Re: Alte, restaurierte Erard-Harfe - Kauf sinnvoll?

Beitrag von bastian »

Hallo Digait,

weil wir uns nicht kennen, sei mir eine Frage gestattet: Mit welcher Motivation interessierst du dich für eine alte Harfe? Ich frage das deshalb, weil wir hier im Forum schon mehrmals eine ähnliche Frage hatten. Manchmal sucht nur jemand eine günstige Doppelpedalharfe. Da bekomme ich spitze Ohren und muss eine Warnung los werden.

Eine solch alte Harfe ist kein billiges Anfängerinstrument. Billig nicht, weil man die Folgekosten nicht unterschätzen darf. Wenn man das Instrument erhalten will, muss man sich Gedanken über Raumklimatisierung stellen, diese Harfen dürfen auf gar keinen Fall zu trocken, aber auch nicht zu feucht stehen. Eventuelle Regulierungs- und Reparaturkosten übersteigen deutlich entsprechende Kosten bei einem modernen Instrument. Oft sogar den Anschaffungspreis. Damit wäre billig vom Tisch.

Anfänerinstrument nicht, weil diese Harfen Ansprüche an das Spielvermögen stellen. Diese Harfen sind deutlich niedriger gespannt als moderne Instrumente. Außerdem haben sie einen geringeren Saitenabstand. Und dazu über die Jahre auch die ein oder andere Marotte entwickelt. Das alles führt dazu, dass man an so einem Instrument seine Spielfähigkeiten nicht oder nur sehr eingeschränkt trainieren kann. Man kann nur sehr beschränkt wachsen.

Wenn du dir dessen bewusst bist, sagst, du weißt, was du tust, nimmst die Beschränkungen auf dich, weil du aus klanglichen oder was für Gründen auch immer bewusst ein historisches Instrument wählst, bitte sehr, sehr gerne.

Wenn in diesem Post jetzt etwas stand, was du nicht wusstest, würde ich eher sagen, Finger weg.

Zu Preis- Leistung kann ich aus der Ferne und ohne Details zu kennen, natürlich nichts sagen. Gut restaurierte Erards gehen zwischen 9000 und 15000 weg, je nach Zustand und Kenntnissen des Käufers. Wo diese Harfe einzuordnen ist, kann man so nicht sagen, aber du hast mal einen Rahmen.

Frage: Modell Grecian oder Gothic? Musst du google bemühen, um den Unterschied zu erkennen?

Grüße,
Sebastian
Ein Leben ohne Harfe ist möglich, aber sinnlos.
digait
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Re: Alte, restaurierte Erard-Harfe - Kauf sinnvoll?

Beitrag von digait »

Hallo Sebastian,
bastian hat geschrieben: weil wir uns nicht kennen, sei mir eine Frage gestattet: Mit welcher Motivation interessierst du dich für eine alte Harfe? ...
herzlichen Dank für das "Mitdenken", um mich vor einer möglichen, teuren Fehlinvestition zu bewahren.

Nun, für mich soll die Harfe nicht sein (spiele Violine, Anfänger, vor 4 Jahren mit 48 das allererste mal angefangen!),
sondern für meine Frau. Sie ist Hobbymusikerin und spielt - neben zig anderen Instrumenten - seit ca. 7 Jahren
Einfachpedalharfe (Fischer-Harfe). (Ich sehe, du hast auch eine.)

Du siehst, man ist im fortgeschrittenen Lebensalter - und eine Doppelpedalharfe ist so ziemlich
der Endpunkt der Investition in Musikinstrumente, den man wohl noch tätigen wird.

Eine Doppelpedalharfe soll es sein, weil eben mit der Fischer-Harfe nicht alles spielbar ist.
(Nichts gegen die Fischer-Harfe, ist ein Super-Teil, aber eben limitiert.)
Zweiter Aspekt ist der Klang. Was ich bisher an Tonbeispiel von der Erard bekommen habe,
ist zunächst einmal überzeugend.
Und drittens, aber nicht unwichtig :_grin_: : Wenn es denn eine schöne alte Harfe mit viel Stuck und Gold gibt,
ja dann, nun, das "Auge hört auch mit".

Da nicht im Orchester gespielt wird, ist auch keine heutige Orchesterstimmung nötig.

Eine solch alte Harfe ist kein billiges Anfängerinstrument. Billig nicht, weil man die Folgekosten nicht unterschätzen darf. Wenn man das Instrument erhalten will, muss man sich Gedanken über Raumklimatisierung stellen, diese Harfen dürfen auf gar keinen Fall zu trocken, aber auch nicht zu feucht stehen. Eventuelle Regulierungs- und Reparaturkosten übersteigen deutlich entsprechende Kosten bei einem modernen Instrument. Oft sogar den Anschaffungspreis. Damit wäre billig vom Tisch.
Ok, meiner Frau als "alter Musikerin" soweit bekannt.
Bzgl. des Zustands der Mechanik werde ich einen Fachmann hinzuziehen,
aber nach allem, was ich jetzt schon erfahren habe, ist wohl mit größeren
Mängeln nicht zu rechnen. Aber klar, man steckt nicht drin.
... Außerdem haben sie einen geringeren Saitenabstand. Und dazu über die Jahre auch die ein oder andere Marotte entwickelt.
Dies ist eine interessante Info. Weißt Du, welche Abstände die Saiten genau haben?
Oder sonst: Wie sind sie im Vergleich zur Fischer-Harfe (weil wir die haben)?

Zu Preis- Leistung kann ich aus der Ferne und ohne Details zu kennen, natürlich nichts sagen. Gut restaurierte Erards gehen zwischen 9000 und 15000 weg, je nach Zustand und Kenntnissen des Käufers. Wo diese Harfe einzuordnen ist, kann man so nicht sagen, aber du hast mal einen Rahmen.
Danke. Das hilft mir. Ich hätte gedacht, dass das Preisniveau höher ist.
Die Harfe, um die es geht, liegt dann am unteren Ende der Preisskala.
Frage: Modell Grecian oder Gothic? Musst du google bemühen, um den Unterschied zu erkennen?
Keine Ahnung. Werde das aber noch nachschauen, - sobald ich Zeit habe.

LG
Dieter
Meeresbrise
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Re: Alte, restaurierte Erard-Harfe - Kauf sinnvoll?

Beitrag von Meeresbrise »

Wenn es einfach nur eine Doppelpedalharfe sein soll, mit der man alles spielen kann und die schön klingt, wäre dann sowas nicht besser?

Verkaufe Lyon & Healy Style 30 ca. 12.000 EUR

Aoyama Etude 42E (2012)] nur 7.900 EUR

Also eine gebrauchte, aber moderne Einsteiger-Doppelpedalharfe.

Klar ist da nicht so viel Gold dran... :_wink_:
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funstrumentalist
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Re: Alte, restaurierte Erard-Harfe - Kauf sinnvoll?

Beitrag von funstrumentalist »

Der Juergen hat geschrieben: Vielen Dank »funstrumentalist« für’s »Finden« (neugierig, wie ich bin...
Nicht nur du bist neugierig Juergen :_grin_: Ich schaue immer gerne nach Instrumenten die ich nicht kenne und in diesem Fall war es recht einfach. Da genügte der Suchparameter "erardharfe" um zu diesem Ergebniss zu kommen. Der vierte Eintrag war schon dieses PDF.

Ich habe es auch mir gerade nochmal angeschaut @digait und wollte dich darauf Aufmerksam machen. Seite 85 wird erwähnt, dass die neue Besitzerin 2005 das Instrument auf 440 Hz gestimmt hat und sie dadurch zerstört wurde!

Ich denke doch, dass du das damit meinst @bastian, wenn du sagst: "Diese Harfen sind deutlich niedriger gespannt als moderne Instrumente." Ich vermute, dass in etwa 430 Hz zu dieser Zeit üblich waren, oder?


Die Schlussbetrachtung Seite 89 finde ich auch interessant.
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Der Juergen
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Re: Alte, restaurierte Erard-Harfe - Kauf sinnvoll?

Beitrag von Der Juergen »

funstrumentalist hat geschrieben:Nicht nur du bist neugierig Juergen :_grin_:
Das sind wir ja schon 2! :_grin_:
dass die neue Besitzerin 2005 das Instrument auf 440 Hz gestimmt hat und sie dadurch zerstört wurde!

Ich denke doch, dass du das damit meinst @bastian, wenn du sagst: "Diese Harfen sind deutlich niedriger gespannt als moderne Instrumente." Ich vermute, dass in etwa 430 Hz zu dieser Zeit üblich waren, oder?
Die Saitenzugkraft beruht nicht unmittelbar nur auf der Hz-Zahl, sondern die Frequenz ergibt sich aus der Masse der Saite und der Zugkraft.
Also gleiche Frequenz möglich durch entweder massearme (»dünne«) Saite – niedrige Zugkraft oder aber massereiche (»dicke«) Saite – hohe Zugkraft.
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