Besuch des Salvi Harfenmuseums in Italien

Antworten
Llanero Daniel
ganz schön fleißig
Beiträge: 54
Registriert: Do 29. Jul 2010, 13:25
Postleitzahl: 3027
Land: Schweiz
Meine Harfe(n): Ich spiele seit 20 Jahren Llanera-Harfe aus Venezuela und kenne mich bestens in Lateinamerikanischer Harfenmusik aus.
Ich gebe pro Jahr 20-30 Konzerte.
Wohnort: Bern

Besuch des Salvi Harfenmuseums in Italien

Beitrag von Llanero Daniel »

Der angekündigte Besuch der Harfenfabrik und Museum Salvi in Piasco (Piemont, Italien) am 1.-2.6.2014 hat erfolgreich stattgefunden. 13 Harfen-Enthusiasten fanden den Weg und wir hatten Wetterglück. Das Hotel Ceretto in Busca war angenehm, sauber und gab uns auch einen Einblick in die piemontesische Küche - sehr schmackhaft! Alles blühte und viele Früchte in der Umgebung waren bereits am reifen. Die Harfenfabrik Salvi entpuppte sich fast als Grossbetrieb - sie beschäftigt 90 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.

Verwendet wird nur Kanadisches Ahornholz für die Klangschale und Fichte aus dem Val di Fiemme für die Decke der Instrumente. Die Klang- Decken sind nicht etwa aus einem Stück Holz hergestellt sondern entstehen aus 10-12 Holzlatten die sehr massiv miteinander verleimt werden. Man kann dies nicht sehen, denn darauf wird noch ein hübsches, dünnes Holzfurnier als Deckenschicht aufgeleimt. Die Mechanik für die Pedalharfen ist Uhrmacher-Handwerk und stammt aus der Schweiz. Die Grobformen für die verschiedenen Bauteile werden hochpräzis mit computergesteuerten Roboter-Fräsmaschinen (sog. CNC) zugeschnitten. Damit wird eine Präzision erreicht, welche die einzelnen Instrumente eines bestimmten Modells kaum von einander abweichen lässt - die Harfen sind dadurch natürlich nahe an industrieller Massenproduktion - kaum zu vergleichen mit liebevoll erstellten Einzelinstrumenten die ein einzelner Harfenbauer in seiner Werkstatt für Liebhaber baut. Mir schien auch, dass Salvi etwas gar viel Wert auf Dekoration und Firlefanz an den Instrumenten legt. Ob dadurch der Klang leidet, ist eine offene Frage. Er sieht sie also auch sehr als spielbare Kunstobjekte, was auch im Museum etwas durchschimmert - wo im Moment nur 47 historische Instrumente zu besichtigen waren. Ich war etwas enttäuscht, den die Sammlung umfasst mehr als 100 Instrumente aus aller Wert. Z.B. wurde nicht ein Instrument aus Südamerika gezeigt, obwohl die ersten Harfen wohl schon um 1550 den Weg nach spanisch Amerika fanden. Die älteste gezeigte Harfe war ein deutsches Instrumente von Ca. 1720. Eine Ursache ist wohl der beschränkte Platz im Museum, alle Instrumente haben nicht Platz, Salvi müsste das Museum etwa um die Hälfte erweitern. Der Besuch lohnt sich vorallem in Kombination mit einer Fabrikbesichtung - allein wegen dem Museum würde ich nicht mehr hingehen. Gerne hätte ich noch ein paar Fotos angehängt, es sind aber nur 515 Kb erlaubt.
Auch die Fachleute bei Salvi datieren im Übrigen die Harfe auf einen Ursprung im nördlichen Afrika vor etwa 5000 Jahren.
Benutzeravatar
Der Juergen
nicht mehr wegzudenken
Beiträge: 6308
Registriert: Mi 23. Feb 2005, 18:50
Postleitzahl: 36318
Land: Deutschland
Wohnort: Schwalmtal-Hergersdorf (Vogelsbergkreis)
Kontaktdaten:

Re: Günstige Gelegenheit zum Besuch des Harfenmuseums in Ita

Beitrag von Der Juergen »

Hallo Daniel,

die Herstellung von Klangdecken bei modernen Doppelpedalharfen ist eben so.
Ich verstehe nicht, woher die Vorstellung kommt, sie könnten ein Stück Holz sein.
Einen kleinen Einblick in die fabrikmäßige Herstellung bei Salvi Italien gibt der nette Film »The Harp« der BBC (hier im Forum schon etliche Male erwähnt und verlinkt).

Dass die spanischen Eroberer und Siedler die Harfe etwa um die von dir genannte Zeit nach Amerika brachten, beschreibt übrigens der von dir seinerzeit hier im Forum ins Lächerliche gezogene Wissenschaftler John M. Schechter in seinem Artikel »The Appearance of European Harps in Ecuador and Latin America« in »Aspects of the Historical Harp« (erschienen 1992) recht detailliert und nennt dort auch Namen und genaue Jahreszahlen.

Von welchem Harfenbauer stammt die »älteste gezeigte Harfe«, das »deutsche Instrument von ca. 1720«?

In welchem Gebiet sind denn die in Bezug auf den vermuteten nordafrikanischen Ursprung der Harfe zitierten Leute »Fachleute«?
Sind es Musikethnologen, Archäologen … oder …?

Grüße
Jürgen
#HarpistsForFuturewww.harfenzeit.dewww.harfenbaukurs.de • harfenwinter.de • harfensommer.de • harfenmai.de
Das Ziel ist das Ziel.
Jürgen Steiner
Llanero Daniel
ganz schön fleißig
Beiträge: 54
Registriert: Do 29. Jul 2010, 13:25
Postleitzahl: 3027
Land: Schweiz
Meine Harfe(n): Ich spiele seit 20 Jahren Llanera-Harfe aus Venezuela und kenne mich bestens in Lateinamerikanischer Harfenmusik aus.
Ich gebe pro Jahr 20-30 Konzerte.
Wohnort: Bern

Re: Günstige Gelegenheit zum Besuch des Harfenmuseums in Ita

Beitrag von Llanero Daniel »

Hallo Jürgen! Der Konstrukteur der alten Deutschen Harfe ist offenbar nicht bekannt, sie ist zufällig auch im kleine Kalenderchen 2014 von
Salvi abgebildet - in diesem Kalenderchen ist bei anderen Instrumenten der Harfenbauer genannt. Vom Ursprung der Harfen wird im
Präsentations-Video (auf Englisch) gesprochen, dass den Besuchern des Harfenmuseums gezeigt wird. Im Museum werden auch diverse harfenähnliche Instrumente aus Afrika gezeigt, zum Teil kunstvoll bearbeitet. Ein Objekt hat gar den Hals aus beschnitztem Elfenbein - darauf ist eine Frau zu erkennen die gerade von einem Krokodil gefressen wird - dieses Objekt war aber kaum bespielbar. Victor Salvi ist offenbar ein
sehr "angefressener" Harfenliebhaber der über Jahrzehnte der Geschichte der Harfen nachgegangen ist, was ja schon seine Sammlung beweist.
Er ist zweifellos kompetent.
Benutzeravatar
Der Juergen
nicht mehr wegzudenken
Beiträge: 6308
Registriert: Mi 23. Feb 2005, 18:50
Postleitzahl: 36318
Land: Deutschland
Wohnort: Schwalmtal-Hergersdorf (Vogelsbergkreis)
Kontaktdaten:

Re: Günstige Gelegenheit zum Besuch des Harfenmuseums in Ita

Beitrag von Der Juergen »

Llanero Daniel hat geschrieben:Victor Salvi ist offenbar ein sehr "angefressener" Harfenliebhaber der über Jahrzehnte der Geschichte der Harfen nachgegangen ist, was ja schon seine Sammlung beweist.
Er ist zweifellos kompetent.
Vor Jahrzehnten war die Annahme, dass die Harfe zuerst in Ägypten (also damit im »nördlichen« Afrika) entstanden sein muss, recht verbreitet, obwohl schon 1936 Adam Falkenstein die drei verschiedenen Ausformungen des sumerischen (vorkeilschriftlichen) Schriftzeichens dokumentiert hatte.
Heute datiert man diese Tontäfelchen auf 3300 bis 3150 v. Chr. – also klar vor den ersten Belegen aus Ägypten.

Dass es in der Neuzeit in Afrika verschiedenste Zupfinstrumente gibt, steht außer Frage, nur sind die den neueren Forschungen zufolge erst dort hin verbreitet worden.
#HarpistsForFuturewww.harfenzeit.dewww.harfenbaukurs.de • harfenwinter.de • harfensommer.de • harfenmai.de
Das Ziel ist das Ziel.
Jürgen Steiner
Llanero Daniel
ganz schön fleißig
Beiträge: 54
Registriert: Do 29. Jul 2010, 13:25
Postleitzahl: 3027
Land: Schweiz
Meine Harfe(n): Ich spiele seit 20 Jahren Llanera-Harfe aus Venezuela und kenne mich bestens in Lateinamerikanischer Harfenmusik aus.
Ich gebe pro Jahr 20-30 Konzerte.
Wohnort: Bern

Re: Besuch des Salvi Harfenmuseums in Italien

Beitrag von Llanero Daniel »

ja, aber dann gibt es noch diese ominöse Felszeichnung aus dem Tassili-Massiv die ziemlich genau eine Harfe zeigt. Sie muss aus einer Zeit stammen wo die Sahara noch grün war, sagen wir zwischen 6000 - 4000 vor Christus. Es gibt eine "Abpausung" der Ritz-Zeichnung,
die auch vom Stil her mit den übrigen Bildern übereinstimmt - ich halte das Bild für echt. Das sie dann auch in Aegypten auftaucht
ist dann schon fast logisch.
Benutzeravatar
Der Juergen
nicht mehr wegzudenken
Beiträge: 6308
Registriert: Mi 23. Feb 2005, 18:50
Postleitzahl: 36318
Land: Deutschland
Wohnort: Schwalmtal-Hergersdorf (Vogelsbergkreis)
Kontaktdaten:

Re: Besuch des Salvi Harfenmuseums in Italien

Beitrag von Der Juergen »

Llanero Daniel hat geschrieben:ja, aber dann gibt es noch diese ominöse Felszeichnung aus dem Tassili-Massiv die ziemlich genau eine Harfe zeigt. Sie muss aus einer Zeit stammen wo die Sahara noch grün war, sagen wir zwischen 6000 - 4000 vor Christus. Es gibt eine "Abpausung" der Ritz-Zeichnung,
die auch vom Stil her mit den übrigen Bildern übereinstimmt - ich halte das Bild für echt. Das sie dann auch in Aegypten auftaucht
ist dann schon fast logisch.
Die Wiederholung von ominösen Behauptungen, macht sie nicht glaubwürdiger und ihren Inhalt auch nicht wahrer.
Um dich an meine schon damals von dir unbeantwortet gebliebenen Fragen zu erinnern:

viewtopic.php?f=11&t=4388&p=48601

Bisher hast du noch kein einziges Foto vorweisen können, vom Original nicht (da gibt es offenbar auch keins), und selbst von der nicht unumstrittenen (lt. Gerhard Kubik) »Abzeichnung« (nicht »Abpausung«) nicht.

Falls du dieses Bild auf dem Buchcover meinen solltest:
Es ist eine Reproduktion der angeblichen Abzeichnung – entnommen aus dem Buch von Basil Davidson »African Kingdoms« (Ausgabe aus dem Jahr 1967).
Davidson gibt für die Entstehung den Zeitraum 800 bis 700 v. u. Z. an, der sogenannten Periode des Pferdes.
Du kannst ja noch mal nachlesen, wann Harfen in Ägypten aufgetaucht sind :_wink_:

Bild

Titelseite von Gerhard Kubik: Zum Verstehen afrikanischer Musik
Ethnologie: Forschung und Wissenschaft (2. aktualisierte und ergänzte Auflage),
LIT Verlag Wien, 2004

Foto: Jürgen Steiner
#HarpistsForFuturewww.harfenzeit.dewww.harfenbaukurs.de • harfenwinter.de • harfensommer.de • harfenmai.de
Das Ziel ist das Ziel.
Jürgen Steiner
Llanero Daniel
ganz schön fleißig
Beiträge: 54
Registriert: Do 29. Jul 2010, 13:25
Postleitzahl: 3027
Land: Schweiz
Meine Harfe(n): Ich spiele seit 20 Jahren Llanera-Harfe aus Venezuela und kenne mich bestens in Lateinamerikanischer Harfenmusik aus.
Ich gebe pro Jahr 20-30 Konzerte.
Wohnort: Bern

Re: Besuch des Salvi Harfenmuseums in Italien

Beitrag von Llanero Daniel »

Uh, Jürgen - nein, ich meine nicht diese Felsmalerei. Bei der erwähnten Abbildung handelt es sich um eine
Ritz-Zeichnung in Fels aus dem Tassili-Massiv. Diese Ritz-Zeichnungen sind fotografisch schwierig abzubilden,
da man das Bild nur sieht wenn der Schatten günstig in die Ritzen fällt. Die Zeichnungen werden deshalb
"abgerubbelt" - man legt ein Papier drauf und paust das Bild durch. Die Zeichnung die ich kenne ist
anscheinend so entstanden.
Benutzeravatar
Der Juergen
nicht mehr wegzudenken
Beiträge: 6308
Registriert: Mi 23. Feb 2005, 18:50
Postleitzahl: 36318
Land: Deutschland
Wohnort: Schwalmtal-Hergersdorf (Vogelsbergkreis)
Kontaktdaten:

Re: Besuch des Salvi Harfenmuseums in Italien

Beitrag von Der Juergen »

Das Abgebildete ist nicht die Felsmalerei sondern ein Foto der abgezeichneten (oder abgepausten) Kopien.
Es ist genau das, was die Expedition unter der Leitung von Henri Lhote im Tassili-Massiv gefunden haben will.

Ob »Abzeichnung« oder »Abpausung«, darüber kann man jetzt debattieren, im oben erwähnten englischsprachigen Buch »African Kingdoms« ist von »renderings of rock paintings« die Rede.

Hier die »photo credits« aus dem Buch »African Kingdoms«:

Bild

Die anderen Abbildungen (aus angeblich anderen Epochen) sehen übrigens stilistisch durchaus ähnlich aus!
#HarpistsForFuturewww.harfenzeit.dewww.harfenbaukurs.de • harfenwinter.de • harfensommer.de • harfenmai.de
Das Ziel ist das Ziel.
Jürgen Steiner
Antworten