"Davidsharfe" um 1720/40

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Barbara
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"Davidsharfe" um 1720/40

Beitrag von Barbara »

Im Schaufenster eines Bamberger Antiquitätenhändlers habe ich neulich folgende schöne Harfe gesehen. Leider ist sie ziemlich hinüber, der David auch schon ziemlich angefressen. Sie muss aber mal sehr schön gewesen sein.
Auf dem Zettel dazu stand:
***
"Germanische" Davidsharfe
Süddeutsch um 1720/1740
Birnbaumholz, diatonisch gestimmte Harfe, einreihig
Bogen mit Nägeln, wohl um Saiten manuell gegen die Messingsättel auf Resonanzleiste zu drücken, um die Saiten so für Halbtöne zu verkürzen
***
Die Interpretation des "Bogens" finde ich etwas gewagt. In der Tat ist diese beweglich gelagerte Leiste im unteren Drittel interessant. Aber für Halbtöne eher unbrauchbar: Sie liegt parallel zur Klangdecke, für Halbtöne müsste der Abstand aber nach unten hin zunehmen. Und wieso sollte man plötzlich das untere Drittel komplett umstimmen wollen? Und nur das untere Drittel? Oder habe ich die Mechanik nicht verstanden? Ich hätte jetzt eher gedacht, das die Leiste zum Schnarren dient.
Hat jemand eine Ahnung, was es damit auf sich hat?

Bild Bild Bild Bild
It's the mystery that endures. Not the explanation.
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kragi
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Re: "Davidsharfe" um 1720/40

Beitrag von kragi »

Barbara hat geschrieben: ... Ich hätte jetzt eher gedacht, das die Leiste zum Schnarren dient. ...
Ich auch. In Lauterbach haben dieses Jahr mehrere Harfenbauer eine ähnlich aussehende Schnarr-Mechanik zum Wegklappen miteinander diskutiert.
Was macht die Harfe eigentlich auf der Heizung? Die soll wohl tatsächlich nie wieder gespielt werden. Schade.
Liebe Grüße
kragi
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Nea
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Re: "Davidsharfe" um 1720/40

Beitrag von Nea »

Die diatonische Harfe auf den Fotos hat Ähnlicheit mit einer Harfe, die Pepe Weißgerber baut.

Hier ist der Link dazu mit einem Foto:http://www.weissgerber-harfen.de/weissg ... mberg.html

Auch die Zeit, die er angibt (1700-1750), passt zu den von Dir bzw. dem Händler genannte Zeitangaben (1720/40). Die Weißgerber-Harfe hat auch eine Schiene an den unteren Saiten, die die Schnarrsaiten aktiviert bzw. Scharrleiste von den Saiten nimmt und ist eine diatonische Harfe. Ferner nennt er seine Harfe auch Bamberg-Harfe (siehe den Link dazu... (weissgerber_harfen_bamberg). Ich nehme einmal an, er hat das Original "seines" Instruments in Bamberg gefunden. Würde auch wieder zu Deinen Angaben passen.

Der einzige Unterschied besteht im geschnitzten Skulptur auf der Säule. Unter Davidsharfen (mit geschnitzem Kopf oder Skulptur auf der Säule) kenne ich eigentlich nur historische chromatische Harfen, zu sehen z. B. in folgendem Link:
http://www.constanceallanic.com/#!davidsharfe/c1xcb. Dabei handelt es sich um im deutschprachigen Raum gebaute chromatische Barockarfen.

Warum nun diese diatonsche Harfe aus dem Schaufenster die Skuptur auf der Säule hat wie eine (chromatische) Davidsharfe? Vielleicht hat derjeinige oder diejenige, der/die das Instrument in Auftrag gab, die Schnitzerei auf der Säule schön gefunden, wollte aber keine chromatische, sondern eine diatonische Harfe. Das wäre eine mögliche Erklärung.
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merit
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Re: "Davidsharfe" um 1720/40

Beitrag von merit »

Liebe Harfenfreunde, bei der "Bamberger Harfe" von Pepe Weißgerber handelt es sich um einen Nachbau des auf den Fotos gezeigten Instrumentes. Einen ähnlichen Schnarrenzug soll es an einem Instrument in Kopenhagen oder Stockholm geben (mündl. Mitt. N. Thym) .

Das Gutachten, was bei der Harfe steht, ist recht wild :-), der Name "Germanische (!!! :-)) Davidsharfe" in diesem Fall ein offenbar von der Skulptur hergeleiteter Phantasiename.

Bei irgendwelchen konkreteren Fragen ist Pepe Weißgerber sicher ein guter Ansprechpartner, der kennt das Original sehr gut.

Herzliche Grüße, Merit Zloch
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