Ich will ja hier niemanden desillusionieren, aber aus Ingenieurssicht (die ich leider nie ganz ablegen kann) ist das Projekt... sagen wir wenig sinnvoll. Jedenfalls zum gegenwärtigen Moment.
Ich bin jetzt so frei und nehme mir mal ein paar Gedanken, die ihr in diesem Thread schon geäußert habt und schreibe meine dazu.
1.) Klang
Warum sollte man sowas tun? Hört euch mal die PVC-Harfe von John Kovac an, wenn da nicht massiv mit künstlichem Hall geholfen wird:
Ich glaube nicht, dass eine aus Plastik gedruckte Harfe deutlich besser klingen wird.
2.) Stabilität und Gewicht
Jaha, die Flitzebögen. Über die Verwandschaft zwischen Harfe und Flitzebogen gibt es hier im Forum ja schon einiges zu lesen. Ich lass jetzt mal den zweiten Bogen weg, der ist nur Deko und muss deshalb keine hohen Kräfte aushalten. Aber ich komm später noch mal zu dem zurück. Der erste Bogen ist halbwegs spannend. Leider nicht im doppelten Sinn. Sieht nämlich nicht so aus, als ob der mit allzu hoher Spannung auf der Sehne betrieben wird, die Pfeile werden alle über recht kurze Distanzen verschossen. Und das, obwohl die am höchsten belasteten Teile gar nicht gedruckt sind, sondern aus GFK bestehen. Klar, das kann man Biegen. Das ist wie dafür gemacht. Gedruckt ist nur das Mittelstück und die beiden Enden des Bogens. Und dann guckt mal, wie dick das gedruckt worden ist im Vergleich zu den recht filigranen Konstruktionen anderer Bögen an der Stelle. Und man sieht in dem Video deutlich, wie schwer der Bogen dadurch geworden ist. Kurzum: Die hoch belasteten Teile sind nicht gedruckt, trotzdem ist der Bogen schwer und wenig leistungsfähig. Übertragen wir das mal auf die Harfe... Das hieße wenig Saiten und sehr geringe Spannung. Etwas, was John Kovacs Harfe übrigens auch hat: 22 Saiten und geringe Spannung. Und unsere Harfe hätte trotzdem ein vergleichsweise hohes Gewicht.
3.) Zeit
Jetzt komm ich mal zu dem zweiten Bogen zurück. Dem Dekodings.... Da steht auf der Webseite, 2000 Minuten Druckzeit. Das finde ich durchaus realistisch. 3D-Druck ist langsam. Sehr langsam. Jetzt nehme ich mal an, an einer vergleichsweise kleinen Harfe druckt man etwa 5000 Minuten, das ist sehr vorsichtig von dem Bogen hochgerechnet. Vermutlich viel zu vorsichtig. Ok, lassen wir den Drucker mal 5000 Minuten drucken. Das sind 83 Stunden, also zehn Arbeitstage. In zehn Arbeitstagen hab ich das Ding stabiler, leichter, besser klingend aus Sperrholz gebaut.
4.) Kosten
Das hier verlinkte Münsteraner FabLab berechnet 14ct/min für den 3D-Drucker. Also etwa 700€ für 5000 min. Nur der Drucker. Plus Mitgliedsbeitrag. Plus Material, von dem man vergleichsweise viel braucht (s. Punkt 2). 1kg Filament kostet ca. 25-30€, je nach Kunststoff. Ich schätze unsere kleine Harfe mal auf 4 kg, auch sehr vorsichtig gerechnet. Das wäre der nächste Hunderter für das Filament. Plus Saiten (ich hoffe, die will keiner ernsthaft Drucken), Wirbel etc.
Kommt man auf knapp 1000€ für eine kleine, unterspannte, nicht klingende Harfe. Vielleicht mehr, ich habe bei allen Annahmen immer den günstigsten Fall geschätzt. Da hab ich das Ding aus Sperrholz auch noch billiger gebaut.
Ich will den 3D-Druck nicht klein reden. der hat durchaus seine Berechtigung. Im Prototypenbau gibt es im Moment nix besseres. Da ist 3D-Druck sogar viel billiger als die Methoden früher. Oder für Kleinserien von Kleinteilen, für die es sich nicht lohnt, eine Spritzgussform herzustellen. Super! Aber hier...
Ich kann mich, ehrlich gesagt, nicht mal für die Idee erwärmen, bestimmte (Verbindungs-)Teile zu drucken und den Rest vorgefertigt aus anderen Materialien zu nehmen. Wenn ich eh zu Sperrholz greife, kann ich die Verbindungsteile auch gerade aus Holz bauen. Dann kann ich die mit Leim sogar schön verkleben. Oder ich greife zu PVC-Rohr und es klingt immer noch sch....
Naja, macht, was ihr wollt. Hier in Mainz war gerade Fasching, die Popkorn-Vorräte gehen so bald nicht zur Neige.
Viele Grüße,
Sebastian