Lernmethoden beim Musizieren (wie erarbeitet ihr euch Stücke)?

Du hast etwas schönes, ärgerliches, spannendes, trauriges mit deiner Harfe erlebt? Erzähl uns davon.
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merit
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Re: Lernmethoden beim Musizieren (wie erarbeitet ihr euch Stücke)?

Beitrag von merit »

@sharpie: Hast Du schon mal versucht, die Melodien korrekt mitzusingen, auf da- da- dumdum-da und so? Aber ohne Schummeln :-) Wenn das klappt, dann machst Du es laut oder im Kopf beim Harfespielen mit. Deine "Hörvorstellung" sollte mit dem "technischen" Harfespiel eine Einheit bilden. Solange das zwei getrennte Sachen sind, ist es nicht hilfreich.

Taketina und Solkattu - beides Rhytmus"trainings"systeme aus dem Orient /Indien, sind auch hilfreich, wie meine Vorschreiber schon sagten :-) hab ich mir bisher allerdings auch noch nicht gegeben.

Aber schlichtes Mitsingen - es muß überhaupt nicht schön sein - hilft unglaublich. Am besten, wenn es sich denn tatsächlich um Lieder handelt, mit dem Text. Bei Instrumentalstücken mach ich das oft mit dumdidum und Co, aber kann auch sehr empfehlen, was Elea sagt. Hörvorstellung ist sehr sehr sehr wichtig.

@Astralis: Für mich heißt ein Stück "lernen" es von Audio/Video/Noten umsetzen, damit ich erstmal weiß, was ich tun soll. Das Tun dann so lange umzusetzen, bis es fließend in meiner Wunschgeschwindigkeit klappt, würde ich als "Üben" bezeichnen.

Herzliche Grüße, Merit Zloch
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Maira
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Re: Lernmethoden beim Musizieren (wie erarbeitet ihr euch Stücke)?

Beitrag von Maira »

Taketina ist richtig gut.
Allerdings: wenn man eh ein Problem mit Takt halten hat,
dann ist das nicht ganz leicht und kann frustrieren wenn man merkt
daß man früh aufgeben muß weil man nicht mehr mitkommt.
Ich hielt bis zum Schluss durch, da waren es dann nur noch zwei von ? 40 Leuten???
Mir machte es richtig Spaß, aber die, die recht früh raus- und nicht mehr reinkamen,
die waren ,, not amused".
Also: wenn man das machen möchte, dann gut dosiert und nicht zu viel auf einmal.
Mach doch , was Du willst. Ich mach auch , was ich will.
Aber ich mach das wirklich.
Elea
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Re: Lernmethoden beim Musizieren (wie erarbeitet ihr euch Stücke)?

Beitrag von Elea »

Wie Merit sagt, hilft mitsingen ungemein. Leider gibt es so wenig Liedtexte in den Harfenschulheften und auch sonst bei den Noten. Ich habe meine Schwierigkeiten mich im Notentext zurechtzufinden. Zwar sind die Takte durchnummeriert, aber es fällt mir viel leichter bei " lasset uns singen..," direkt mit der richtigen Melodie einzustimmen als bei einem Takt. Im Alltag ist das etwas lästig, kaum sagt jemand z.B. "Auf einem Baum" singt es im Kopf schon los und geht weiter " ein Ku-u-kuk Simsalabim..." , aber es hilft, Melodien abzuspeichern.
Neulich habe ich unser großes Volksliederbuch durchgeschaut und auf der Harfe gespielt. Von 100 Liedern kannte ich ca die Hälfte. (In meinem Kindergarten und in der Schule wurde noch viel gesungen :_smile_: . )Auch bei Liedern an die ich mich nicht erinnern konnte war die Melodie beim Lesen plötzlich da.
Ausserdem hilft mir der Text mit mehr Gefühl zu spielen. Schließlich wird immer eine Geschichte erzählt.
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Maira
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Re: Lernmethoden beim Musizieren (wie erarbeitet ihr euch Stücke)?

Beitrag von Maira »

Das mit der ,,Geschichte" trifft grundsätzlich zu,
selbst wenn der Autor ,,nur" einen Notentext geschrieben hat.
Für mich gehört ,, Bilder einer Ausstellung" von Modest Mussorgski
und ,,B-Konzert" von G.F. Händel auf alle Fälle dazu.
Die Bilder des Freundes von Mussorgski sind bei einem Brand vernichtet worden.
Aber weil es die Musik gibt kann man noch immer durch die Ausstellung gehen,
man kann sich auf die Musik einlassen, dann kommen die Bilder von ganz alleine,
jedem seine eigenen.
Und wenn ich den Händel höre dann läuft sogar ein Film ab: ein barockes Ehepaar welches auf einen Ball geht.
Und was so dazu gehört: sie will tanzen, er hat keine Lust.
Da kann man richtig hören, wie die zwei sich zanken, köstlich.
Mach doch , was Du willst. Ich mach auch , was ich will.
Aber ich mach das wirklich.
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Re: Lernmethoden beim Musizieren (wie erarbeitet ihr euch Stücke)?

Beitrag von merit »

@Elea danke! :-) Ich empfehle das bei jeder Art von Melodie und durchaus nicht nur bei Liedern - wie bereits geschrieben auch ohne Text, sonder mit dideldum und dideldei, trallala, taketina, was man für Silben möchte - völlig schamlos.

Es geht mir dabei vor allem um die rhytmische Struktur. Wenn man gut intonieren kann auch um die Melodieführung bzw. wenn nicht :-) um eine grobe Orientierung in Sachen hoch oder runter.

Und natürlich bitte dann auch die Stimme der linken Hand!

Ich empfehle weiterhin, auch bei Instrumentalmusik in eine Vorstellungswelt zu gehen, bevor und während man spielt. Viele Stücke, die ich kenne, und alle, die ich mache, erzählen entweder eine regelrechte Geschichte oder beschreiben Menschen, Gefühle und Situationen (das ist bei meinen eigenen Sachen der Fall, ein musikalischer Geschichtenerzähler bin ich nicht).

Ich benutze Visualisierungstricks z.B. auch, wenn ich fehlerhafte Stellen bearbeite (So, und jetzt denk sofort an deinen alten gelben Ofen in der Wohnung in Greifswald.....:-)). Funktioniert!

Herzliche Grüße, Merit
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Re: Lernmethoden beim Musizieren (wie erarbeitet ihr euch Stücke)?

Beitrag von mygga »

Alternativ zu Taketina: Obstnamen:. Him-beer A-na-nas Nuss.

Problem bei Taketina: wer eh wenig Rhythmusgefühl hat, bekommt dadurch nicht viel mehr. Denen, die es haben, bringt es Struktur. Ich kann es, mag es aber nicht. Ich bräuchte es für komplexe Rhythmen, aber da geht dann so viel Aufmerksamkeit für die Silben drauf, dass ich das Stück selber verliere.

Als extrem strukturabhängiger Mensch lerne ich in den Stufen:

- Stück passagenweise mit Zählen erarbeiten. Und ich brauch beide Hände gleichzeitig ("Ok, rechts spielt g, dann hats Pause, und in der Zeit kommt Links von unten mit e und c). Weil für mich eben das Faszinierende am Harfespielen ist, dass ich meine eigene zweite Stimme bin. Andernfalls hätte ich ja auch bei der Geige bleiben können. ;)

- Wenn das einigermaßen sitzt, Tempo verändern. Manche Stücke sind kein Lied, wenn sie zu langsam oder zu schnell sind, erst ab einem gewissen Tempo gewinnen sie tatsächlich "Persönlichkeit" oder Klang.

- Irgendwann in dem Prozess haben sie sich dann tatsächlich im Kopf als "dummer Ohrwurm" festgesetzt, und ab da braucht es das Zählen höchstens noch an ein paar hartnäckigen Stellen.

- Von da an ist es dann aber auch (und das hören Harfenlehrer wohl wenig gerne) eine Mischung aus Noten-Spielen und Interpretieren. Exakt nach Noten spielen muss man eigentlich nur im Orchester oder Ensemble. Ansonsten, wenn ich solo und für mich spiele, muss ich das Stück zu "meinem" machen, das heißt, interpretieren. Rhythmen leicht verändern, das Tempo variieren, in der Regel schraube ich an der Begleitung, gelegentlich schon auch mal an der Melodie selber.
Wo Sprache keine Worte hat, fängt die Musik erst an. (M.W.)
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Re: Lernmethoden beim Musizieren (wie erarbeitet ihr euch Stücke)?

Beitrag von Elea »

Ich habe gerade gesehen, dass 2008 schon mal auf diese Seite hingewiesen wurde. Da es schon eine Weile her ist :_wink_: , erinne ich mal an www.myharpsdelight.com . Unter Harps Practice Techniques beschreibt Susanne Zevenberger den Weg über die Analyse des neuen Stückes, häufigen Anhörens, Klopfen der Rythmen mit rechts und links, trocken Auflegen der Griffe zum Spielen. Sehr interessant und auch sonst die informativste Harfenwebseite, die mir bisher untergekommen ist.
Zum Thema Tempo eines Stückes stimme ich Mygga zu. Zu langsam gespielt enthüllt sich ein Stück nicht. Es bleibt leblos.
Das hat mich auch an den Hörbeispielen vieler Harfenschulen gestört. Sie sind so langsam gespielt, dass ich keinen Bezug zu dem Stück bekomme. Lieber Originaltempo. Je nach Stück die Hände auch getrennt. Langsamer zu spielen ist dann kein Problem.
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Re: Lernmethoden beim Musizieren (wie erarbeitet ihr euch Stücke)?

Beitrag von merit »

@mygga: Ich höre das als Harfenlehrer supergern! :-) Es gibt ja nicht nur E-Musik (vulgo: KLassik)lehrer an der Harfe....und selbst Leute, die eine Orchesterausbildung haben, bedienen sich verschiedener Techniken, um zu dem, was sie brauchen - nämlich jeder Ton muß mit dem, was sein soll, übereinstimmen - zu kommen.

Es ist tatsächlich in meinen Augen bei der Harfe ein Problem, daß sie es in den Orchester- und E-Musik-Solohimmel geschafft hat - im Gegensatz zur - sagen wir mal - Nyckelharpa. Und das die anderen Musiken, die man darauf spielt, und Instrumentengeschwister es erst spät in unsere mitteleuropäischen Musikwahrnehmung geschafft haben.
Beispiel Geige - da gibt es mit tatsächlich durchgehender Tradition hunderte Popularmusikstile in Europa. Es würde aber kaum einem klassichen Geiger einfallen, die Haltung eines - sagen wir mal transsylvanischen Tanzmusikgeigers - als "falsch" zu bezeichen, obwohl sie (oft) sehr anders ist als die klassische.

Wie oft lese ich aber bei "Alternativhaltungen" an der Harfe was von "falscher" oder "schlechter" Haltung. In Lateinamerika gibt es tausende hochvirtuose Harfenspieler, die mit komplett falscher Haltung spielen....:-) - und außerdem noch mit Nägeln!

@Taketina und Co.: Damit das funktioniert, muß man es leider erstmal üben. Das kann man nicht einfach so "einsetzen", wenn man weiß, wie es geht. Es handelt sich um ja Techniken, die man erstmal erlernen sollte (wie z.B. "Hobeln") um sie dann fürs Musikmachen einzusetzen (z.B. zum "Ich baue mir einen Tisch").

Ich zitiere meinen Lieblingsperkussonisten (der hier: https://youtu.be/L3B8-0qTJkI ) "Du gehst doch oft zu Fuß. Üb das Zeug zum Grundbeat deiner Füße. Erst wenn du das nebenbei machen kannst, dann bringt es was"

Herzliche Grüße. Spannendes Thema, danke für´s anfangen!
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Re: Lernmethoden beim Musizieren (wie erarbeitet ihr euch Stücke)?

Beitrag von mygga »

Elea hat geschrieben: Sa 20. Feb 2021, 11:24
Zum Thema Tempo eines Stückes stimme ich Mygga zu. Zu langsam gespielt enthüllt sich ein Stück nicht. Es bleibt leblos.
Zu schnell ist auch tödlich. Wenn wieder Harfentreffen sind, kannst du wieder die "Wer ist als erster fertig?"-Wettbewerbe vom BrianBoru-Marsch "genießen".
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Re: Lernmethoden beim Musizieren (wie erarbeitet ihr euch Stücke)?

Beitrag von mygga »

Und als Nachtrag zu meinem Posting vorhin:

Ich hab brav angefangen, schön nach dem Anleitungsvideo das Stück für den Harfenfrühling für den Übekurs zu lernen.
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Es hat jetzt einen Schluss, weil mir der originale so auf den Keks ging. Der ist jetzt erste Wiederholung, und meiner zweite. *g*

(Zur Klarstellung: nein, es liegt nicht daran, dass er nicht schön war. Aber in G-Dur war der letzte Akkord dann D7 - das schreit doch nach einer Wiederholung und einem Abschluss. )
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