Harfentutorials auf YouTube

Benutzeravatar
Resa Munde
nicht mehr wegzudenken
Beiträge: 130
Registriert: Di 23. Mai 2017, 10:14
Postleitzahl: 37290
Land: Deutschland
Meine Harfe(n): - eine "Travelleer" von Norbert Maier
- eine Tiroler Volksharfe vom Osttiroler Harfenbauer Petutschnigg (nur bei "Heimatbesuchen" in Tirol)

Re: Harfentutorials auf YouTube

Beitrag von Resa Munde »

Liebe Merit,

danke für deine interessanten Fragen und die Schilderung deiner Erfahrungen!

Deine Beobachtung, dass ein stärkeres Verlassen auf das Gehör anstelle des Sehsinns einen solchen Fortschritt bewirkt, finde ich verblüffend, aber auch großartig. Wahrscheinlich kommt bei vielen von uns die Angst auf, die Kontrolle zu verlieren, wenn wir den Blick abwenden. Aber wenn man die Erfahrung macht, dass einen das Ohr auch sicher leiten kann, ist das unglaublich beglückend. Man begreift, dass man gar nicht so stark von den Noten oder dem Lehrer abhängig ist und findet zu mehr Selbstvertrauen in die eigene Hörwahrnehmung.
Es ist überhaupt eine schöne Sache, wenn man sich Melodien oder ganze Lieder nach dem Gehör "zusammensucht"! Anfangs fiel es mir schwer, aber mit der Zeit ging es immer leichter und die Finger finden tatsächlich oft zielsicher den richtigen Ton, ohne dass ich bewusst sagen kann, welche Intervalle oder gar welche Töne ich da eigentlich spiele... :)
Die Beobachtung, dass die Begleithand unseren Blick viel mehr braucht als die Melodiehand, kann ich auch so unterschreiben. Es ist außerdem entspannend, wenn man sich das bewusst macht und nicht ständig mit dem Blick hin und her springt / springen muss.

Timing-Wahrnehmung... jetzt frag ich mal ganz naiv: Warum sollte man die Timing-Wahrnehmung schulen? Was ist das Ziel?
Oder geht es mehr darum, dass jeder Mensch die Begriffe "langsam", "schnell" etc. ganz unterschiedlich auslegt und umsetzt?
Für mich funktioniert es besser, nicht in schnell/langsam zu denken, sondern Begriffe zu wählen, die bei mir eine stärkere emotionale Assoziation auslösen, also statt "langsam" lieber "ruhig", "getragen", "besinnlich" und statt "schnell" lieber "beschwingt", "flott", "hurtig"... und schon sind wir mitten drin im Bereich Ausdruck und Dynamik. :)

Liebe Grüße
Theresa
Benutzeravatar
Maira
nicht mehr wegzudenken
Beiträge: 4974
Registriert: So 6. Jan 2013, 17:59
Land: Deutschland
Meine Harfe(n): Maira Bausatz von Klaus Regelsberger, Schwabach
Hobbit von Klaus & Annika Regelsberger, Schwabach
Fischer 80 von Thomas Fischer, Traunstein

Re: Harfentutorials auf YouTube

Beitrag von Maira »

Das richtige ,,timing ", da braucht es einiges.
Für mich bedeutet das: Töne an der ,,richtigen " Stelle klingen lassen.
Bei einfachen Sachen wie Melodie mit Bordun ist das einfach.
Schwieriger wird das, wenn eine Polska ( re viele 16tel an ungewohnten Zählzeiten )
mit einer ,,unrunden " Begleitung ( Bassnoten auf Zählzeit 1 - x Und x -) zusammenkommt.
Ganz schwer , das ist dann Freejazz, das probier ich erst gar nicht.

Man tut sich ja eigentlich schon schwer mit Metronom zu üben,
das macht auch erst dann Sinn, wenn man eigentlich glaubt, man kann das Stück.
Aber dann fängt der Spaß erst an, mit Metronom dann Stücke mit ungewohnten Zählzeiten
zu spielen. Manchmal bringt man damit die Musik zum ,,rocken".
Schafft man es, genau im Tempo zu spielen, groovt sogar manch Klassiker.
Mach doch , was Du willst. Ich mach auch , was ich will.
Aber ich mach das wirklich.
Benutzeravatar
Susanne Globisch
nicht mehr wegzudenken
Beiträge: 253
Registriert: Di 9. Aug 2016, 21:31
Postleitzahl: 96049
Land: Deutschland
Meine Harfe(n): County Kerry 24
Gotische (Winfried Goerge)
Camac Hermine
Salvi Egan
Camac SM 40 Einfachpedal
Salvi Arion SG
Wohnort: Bamberg
Kontaktdaten:

Re: Harfentutorials auf YouTube

Beitrag von Susanne Globisch »

Hey, das macht echt Spass, sich mit Euch auszutauschen!
Wenn ich Schüler bitte, die Hörvostellung anzuschalten, ist die Verbesserungsquote bereits in der ersten Stunde (!!) 100 Prozent. Die meisten wehren sich zwar erstmal (Finger doch wieder woanders hinlegen etc.), weil sie es nicht glauben können :-).
Aber die Finger gehen mit Hörvorstellung oder Mitsingen meinerseits bereits nach 5- 10 Wiederholungen (und natürlich das äußerst einfache Stück auch ein paarmal zusätzlich korrekt gehört zu haben) automatisch zu den entsprechenden Saiten - und das bei Totalanfängern.
Daher meine Beobachtung: Hörvorstellung verknüpft sich enorm schnell und enorm fest mit dem motorischen Gedächtnis.
Das deckt sich 100%ig mit meinen Erfahrungen...
Wahrscheinlich kommt bei vielen von uns die Angst auf, die Kontrolle zu verlieren, wenn wir den Blick abwenden.
... und das auch!

Wobei ich selber mich mit geschlossenen Augen schon immer wohler gefühlt habe. Mehr "bei der (musikalischen) Sache", weniger mit diskursivem Denken beschäftigt. Es hat bei mir eine ganze Weile gedauert, bis ich bemerkt habe, dass das bei anderen anders ist....

Merit, ich hab nicht ganz verstanden, worauf sich Deine Frage zur Timing-Wahrnehmung bezieht - nur das Tempo oder genereller? Ich finde Theresas Ansatz, eher emotionale Assoziationen zu wecken, richtig gut.
War es das, was Du gemeint hast?

Ich mache die Beobachtung, dass ein gutes Timing eine sehr körperliche Sache ist. Und dass (leider) etliche Leute hierzulande kein allzu freundschaftliches Verhältnis zu ihrem eigenen Körper haben. Da kann schon die einfache Aufforderung, sich (ohne zu spielen) mal im Takt der Musik zu bewegen, zu einer echten Herausforderung werden.

Und dann ist da noch das, was ich "Denk-Attacken" nenne - bis gerade eben habe ich mich noch auf mein Motorikgedächtnis verlassen, und es lief super (logo), aber dann kommt "diese Stelle", und das diskursive Denken (meist garniert mit einem Portiönchen Angst) grätscht dazwischen. Bang, rausgeflogen.

Beides nicht ganz einfach anzugehen, aber mit Geduld und Vertrauen auch nicht sooo schwierig.

Zielte Deine Frage in so eine Richtung oder liege ich da ganz falsch?

Liebe Grüße von Susanne
May Peace and Love be with us. Always.
http://arpa-magica.de
Benutzeravatar
merit
nicht mehr wegzudenken
Beiträge: 1358
Registriert: Do 24. Feb 2005, 18:01
Land: Deutschland
Meine Harfe(n): Böhmische Hakenharfe von Pepe Weissgerber, Baujahr 2009;
Böhmische Hakenharfe von Eric Kleinmann, Baujahr 2005
Kontaktdaten:

Re: Harfentutorials auf YouTube

Beitrag von merit »

Resa Munde hat geschrieben: Di 13. Mär 2018, 10:16

Timing-Wahrnehmung... jetzt frag ich mal ganz naiv: Warum sollte man die Timing-Wahrnehmung schulen? Was ist das Ziel?
Oder geht es mehr darum, dass jeder Mensch die Begriffe "langsam", "schnell" etc. ganz unterschiedlich auslegt und umsetzt?
Liebe Theresa, liebe Susanne, danke für die Tips erstmal.

Die Antwort auf die (mich leicht verstörende :-) Frage:

Weil Timing 50 % des musikalischen Tuns ausmacht (meines Erachtens sogar noch mehr.... leider fehlen mir jetzt die ganz genauen Zitate, aber hierzu u.a. Der einarmige Pianist: Über Musik und das Gehirn | Oliver Sacks. Rhytmus ist im Gehirn stärker vernetzt und entwicklungsmäßig früher präsent als Tonhöhe, und rhytmische Abweichungen werden daher von den allermeisten Menschen als viel stärker störend wahrgenommen als falsche Töne).

Das Ziel ist ein genußvolleres Musikmachen für Musiker und Zuhörer durch Kontrolle über das eigene Timing.

Es geht mir vor allem darum, Schüler und auch mich zu befähigen, Kontrolle (die unbedingt gefühlsmäßig sein muß, anders funktioniert das m.Ea. kaum) über die Spielgeschwindigkeit (das Hauptproblem) und am besten auch über groove (Extrathema) zu erlangen. Die Grundlage, die vielen fehlt, ist z.B. , daß man tatsächlich langsamer zu spielen vermag, wenn das von einem selbst oder von anderen (z.B. Mitmusikern) gefordert wird. Ein Gefühl dafür zu vermitteln ist meiner Erfahrung nach unendlich schwierig - selbst mit Bildern und Co.

Ich versuche auch immer, die absolut sinnvolle Bild - und Emotionsebene einfließen zu lassen. Die konkrete Frage hier: Habt Ihr da Übungen (die Ihr mir verraten wollt? :-) Wenn nicht, kann ich das gut verstehen! ) und Herangehensweisen? Ich habe die Erfahrung gemacht, daß die bloße Aufforderung (hier ein absichtlich banales Beispiel) "mach Dir mal ein Bild, z.B. eine Schnecke" zwar ein wenig hilft, aber eben nur ein wenig.

Herzliche Grüße, neugierig, Merit Zloch
Benutzeravatar
Resa Munde
nicht mehr wegzudenken
Beiträge: 130
Registriert: Di 23. Mai 2017, 10:14
Postleitzahl: 37290
Land: Deutschland
Meine Harfe(n): - eine "Travelleer" von Norbert Maier
- eine Tiroler Volksharfe vom Osttiroler Harfenbauer Petutschnigg (nur bei "Heimatbesuchen" in Tirol)

Re: Harfentutorials auf YouTube

Beitrag von Resa Munde »

Hallo Merit,

danke für deine Erklärungen. Jetzt verstehe ich besser, was du mit Timing meintest und kann auch verstehen, warum meine Frage in dem Zusammenhang verstörte. :)
Ist deine Beobachtung also, dass es vielen Musikern oftmals schwer fällt, ein Lied in einem für sie ungewohnten Tempo zu spielen? Oder meinst du mehr, dass während des Spielens eines Liedes das Tempo nicht durchgängig bleibt, sondern manche Stellen schneller und manche langsamer gespielt werden und dies dann störend wirkt?
Das Spielen zum Metronom finde ich persönlich unangenehm, mich irritiert dieses "Ticken" mehr als dass es mir hilft, ist aber bestimmt auch Typ- und Gewohnheitssache.
Abgesehen davon finde ich, dass Tempo und auch Betonung im Körper anfangen müssen. Als Einstimmung zu einem anderen Tempo könnte man damit beginnen, sich erstmal dazu zu bewegen, den Schlag im Körper zu spüren, zB durch hin und her Wippen oder was auch immer sich für einen passend anfühlt. Oder andere (Lehrer, Mitmusizierende) geben das Tempo vor, indem sie selbst das Lied anspielen oder ansingen, ähnlich wie ein Chorleiter, der erstmal einen "stummen" Takt vorweg dirigiert, damit die Sänger das Tempo übernehmen können.

Trifft das dein Anliegen bzw. hilft dir das weiter?

Liebe Grüße
Theresa
Benutzeravatar
Maira
nicht mehr wegzudenken
Beiträge: 4974
Registriert: So 6. Jan 2013, 17:59
Land: Deutschland
Meine Harfe(n): Maira Bausatz von Klaus Regelsberger, Schwabach
Hobbit von Klaus & Annika Regelsberger, Schwabach
Fischer 80 von Thomas Fischer, Traunstein

Re: Harfentutorials auf YouTube

Beitrag von Maira »

Eher eine weitere Frage :
Schüler spielt einen Takt super gut weil da genug Noten zu spielen sind.
Den nächsten Takt rast Schüler ohne ersichtlichen Grund.
Aber eben doch ersichtlisch :
Eine Hand hat eine ganze Note.
Kann das schon jemand das Tempo verlieren lassen ?
Die andere Hand spielt Begleitung wie in Takt 1, nur mit mehr Noten in der Melodie.
Ich finde das phänomenal, so habe ich das noch nicht erlebt.

Frage : Wie bringe ich Schüler dazu, die lange Note auszuhalten ?
Mach doch , was Du willst. Ich mach auch , was ich will.
Aber ich mach das wirklich.
Nea
nicht mehr wegzudenken
Beiträge: 140
Registriert: Mo 1. Aug 2011, 23:34
Land: Deutschland

Re: Harfentutorials auf YouTube

Beitrag von Nea »

Wenn ich Merit richtig verstanden habe, ging es ihr um die Zeit zwischen zwei Noten/Schlägen.

Folgender Link (wenn ich sie richtig verstanden habe) verdeutlicht das: https://de.wikipedia.org/wiki/Takt_(Mus ... ythmus.svg

Wenn ich Merit richtig verstanden habe, interressiert sie sich dafür, wie sie Schülern die Zeit zwischen den Kreisen/Punkten (in der im Link oben gezeigten Grafik) vermitteln kann. Diese ist nicht unbedingt immer gleich.

Beispiel: Ein Walzer, nehmen wir mal einen schnellen Walzer, wird ja nicht streng nach Metronom 1 2 3 gespielt, sondern 1 2 (kommt sie oder nicht, die dritte Zählzeit) drei. Ein streng nach Metronom gespielter Walzer wird im allgemeinen als unschön, langweilig oder gar-noch schlimmer- marschartig empfunden. Das "Schwungvolle" (in Merits Worten vielleicht der "Groove"), was typisch ist für diesen Walzertyp (eben der unregelmäßige 3/4 Takt, der dann auch nicht immer gleich unregelmäßig ist), interessiert hier. Wie kann man, um beim vorliegenden Beispiel zu blieben, das vermitteln. Habe ich das richtig verstanden? Wenn ich das richtig verstanden habe:

Entscheidend sind hier das Tempo und die gewünschten "Unregelmäßgikeiten" im Metrum.
Weil es in Euren spannenden Posts angesprochen wurde:
N.B. Der menschliche Organsimus steckt voller Tempogeber/-messer (Zeitmesser, Metronome). Der Nobelpreis für Medizin 2017 wurde genau für die Entdeckung eines dieser Zeitmesser, einen sehr langsamen allerdings, (misst den 24-Stunden-Rhythmus, "one beat per 24 h" sozusagen) verliehen: Wen das weiter interessiert, hier ist ein Link dazu https://www.nobelprize.org/nobel_prizes ... ates/2017/
Wir sind also sehr wohl in der Lage Metren und Rhythmen sehr gut wahrzunehmen, diese zu messen und darauf zu reagieren.

Aber zurück zum eigentlichen Thema: Wie kann man Timing lernen/vermitteln?

1. Ich habe für mich so etwas an Beispielen gelernt und diese nachgespielt. Je mehr man davon hört (und vor allem selbst spielt) desto mehr Erfahrung bekommt man. Bei mir läuft es also auf die Methode des Nachahmens/Nachmachens heraus. Das bezieht sich auf das Gesamttempo, aber auch auf eine Änderung des Timings.

2. Mir hat auch geholfen, dass ich mich dabei aufgenommen habe. Dann habe ich mich über die Aufnahme quasi selbst mit den Ohren Dritter gehört. Dann konnte ich sagen, das entspricht dem, wie es sein sollte, oder eben nicht. Ich bin dabei nie über die Sprache gegangen, sonden habe das gewünschte Timing nachgemacht oder zumindest versucht nachzumachen.

Chick Chorea äußert sich in folgendem Video (statt eines Literaturzitats hier also einmal ein Videozitat) ähnlich zu dieser Frage: https://www.youtube.com/watch?v=ED7liSX7zvY

Vielleicht hilft das ja irgendwie weiter.
Zuletzt geändert von Nea am Do 15. Mär 2018, 22:43, insgesamt 5-mal geändert.
Benutzeravatar
Susanne Globisch
nicht mehr wegzudenken
Beiträge: 253
Registriert: Di 9. Aug 2016, 21:31
Postleitzahl: 96049
Land: Deutschland
Meine Harfe(n): County Kerry 24
Gotische (Winfried Goerge)
Camac Hermine
Salvi Egan
Camac SM 40 Einfachpedal
Salvi Arion SG
Wohnort: Bamberg
Kontaktdaten:

Re: Harfentutorials auf YouTube

Beitrag von Susanne Globisch »

Hi in die spannende Runde und besonders @Merit,

ich hab dazu gerade so viele Ideen, dass ich erst mal eine Weile warten musste, bis sich der Staub gelegt und sich hoffentlich was Vernünftiges rauskristallisiert hat...

Wahrscheinlich besteht die Kunst darin, Takt und Rhythmus für den Schüler von etwas Externem (von Außen vorgegebenen, durch Zählen, Metronom, Mitspielen...) zu etwas Internem werden zu lassen (also etwas, das man in sich selber fühlt).

Hilfreich ist sicher, zuerst mal rauszufinden, welcher Wahrnehmungstyp der Schüler ist (vorwiegend visuell, auditiv oder kinästhetisch). Wenn man dem Schüler beim Reden zuhört, wird das meistens schon klar (sagt er vorwiegend sowas wie "das sehe ich ein" (eher visuell), "das kann ich nachfühlen" (eher kinästhetisch) oder "das klingt gut" (eher auditiv). Wenn man dann Redewendungen aus der gleichen "Kiste" benutzt, kommt alles schon viel besser an.

Meiner Meinung nach ist es bei Musik immer notwendig, die auditiv-kinästhetische Seite zu stärken. Musik kann man nun mal nicht sehen. Und jeder hat auch auditiv-kinästhetische "Teile" in sich.

Wenn ich mit Bildern arbeite, versuche ich, mir die vom Schüler selber geben zu lassen ("wenn Du Dir das Gefühl von "Ruhe" vorstellst, welches Bild hast du da?") Diese Bilder sind nämlich sehr individuell, und müssen zur Person genau passen, sonst funktioniert es nicht.

Wahrscheinlich klappt es mit "Schnecke" deshalb nicht, weil dieses Tier bei unterschiedlichen Personen ganz verschiedene Gefühle auslösen kann: Bei Kindern evtl. fröhliches Neugierverhalten und Betasten-Wollen, bei manchen Erwachsenen evtl. Ekel und bei Hobbygärtnern blanke Wut.... :_grin_:

Das Lernen durch Nachahmen/Nachspielen finde ich persönlich auch sehr gut, in Japan ist das die klassische Methode (in einer Shakuhachi-Stunde sagt der Lehrer oft kein Wort, sondern spielt eine Passage immer wieder vor, und es ist die Aufgabe des Schülers, genau zuzuhören und es genau nachzuspielen).

Wenn ich in mir ein bestimmtes Gefühl wachrufen möchte, gehe ich auch oft von einem Bild aus bzw. von der Erinnerung an ein Erlebnis, als ich genau dieses Gefühl hatte. Wenn ich dieses Gefühl dann in mein Spiel legen will, fällt das Bild beim Spielen weg und es bleibt nur das Gefühl (Emotion) übrig.

Vielleicht kann man die von Dir / Schüler angestrebte "Langsamkeit" emotional genauer charakterisieren? Handelt es sich um eine "heitere" Langsamkeit, wie wenn ich ohne jede Pflichten an einem schönen Tag über eine Frühlingswiese gehe?
Oder "erhabene" Langsamkeit, wie wenn ich an einem dunklen Ort an den sternenübersäten Nachthimmel schaue?
Oder "traurige" Langsamkeit, wie wenn ein müder Wanderer sich mit Mühe noch weiter schleppt?
Oder "stille" Langsamkeit, wie bei einem Sonnenuntergang?
....

Ist da ein Treffer dabei oder völlig daneben?

Liebe Grüße von Susanne
May Peace and Love be with us. Always.
http://arpa-magica.de
Nea
nicht mehr wegzudenken
Beiträge: 140
Registriert: Mo 1. Aug 2011, 23:34
Land: Deutschland

Re: Harfentutorials auf YouTube

Beitrag von Nea »

Ein Hallo meinerseits in diese megainteresssante Runde,

wollte nicht vom Thema (Merits Frage) zu sehr abweichen, aber würde gern kurz Feedback zu Susannes spannendem Post geben.

Das Verbalisieren finde ich beim Unterrichten generell sehr wichtig. Aber wie Du ja schon sagtest: Wenn man das Thema "Timing" mit sprachlichen Bildern vermitteln möchte, muss man genau wissen welches Bild bei welchen Schüler/welcher Schülerin welchen Effekt haben wird. Wie das schöne Beispiel mit der Schnecke zeigt, kann dieses Bild von unterschiedlichen Zuhörern/Schülern unterschiedlich aufgenommen werden. Im schlimmsten Fall ist es sogar kontraproduktiv. Der Hobbygärtner würde beim Bild der Schnecke sofort auf die Barrikaden gehen, statt z. B. ein Stück eher getragen langsam zu spielen.

Wenn man einen Schüler/eine Schülerin gut kennt, könnte aber die Visualisierungsmethode mit den sprachlichen Bildern durchaus sehr erfolgreich und effektiv sein. Und man hat den Vorteil, den Prozess des Timings in Worte gefasst zu haben. Die Methode ist aber mit einer Unsicherheit behaftet, wenn man den Schüler oder die Schülerin nicht gut kennt (siehe oben).

Daher dachte ich bis jetzt, die Methode des Nachahmens und Hörens ist da "sicherer". Wenn der Schüler/die Schülerin aber eher ein visueller Typ ist und man ihn/sie gut kennt, könnte die Methode mit den Bildern die bessere sein, weil sie den Schüler/ die Schülerin besser anspricht. Zumindest für den Einstieg. Sicher ist es immer sinnvoller den Schüler/die Schülerin dort abzuholen, wo er/sie gerade steht. Da muss ich mal weiter darüber nachdenken. Dieser Thread ist wirklich sehr spannend!
Benutzeravatar
merit
nicht mehr wegzudenken
Beiträge: 1358
Registriert: Do 24. Feb 2005, 18:01
Land: Deutschland
Meine Harfe(n): Böhmische Hakenharfe von Pepe Weissgerber, Baujahr 2009;
Böhmische Hakenharfe von Eric Kleinmann, Baujahr 2005
Kontaktdaten:

Re: Harfentutorials auf YouTube

Beitrag von merit »

Liebe Leute, die Sache mit dem erst-Bewegen-Lassen und dann erst spielen sollte ich unbedingt noch weiter ausbauen. Ansonsten wende ich alles hier Empfohlene schon an - trotzdem vielen Dank für die Tips! Vielleicht kommt ja noch mehr. Nach Noten unterrichte ich nur auf Nachfrage :-), daher ist Musik bei mir wenig abstrakt und das Lernen hat fast ausschließlich mit Nachahmen zu tun.

Was ich möchte, ist, daß ein Schüler, auch wenn ich es vorher nicht langsam und intensiv vorgespielt habe oder gar mitspiele, langsamer (schneller ist meist kein Problem, außer, daß es dann fehlerhafter wird) spielen kann - also eigenständig. Vielleicht unterschätze ich die Länge des Prozesses. Diese Wahrnehmungsschulung kann wahrscheinlich Jahre dauern. Die Fähigkeit, zu "spiegeln", ist bei Schülern sehr sehr unterschiedlich ausgeprägt. Ich frage mich nach wie vor, was da helfen kann.

@Theresa: Ein halbwegs gleichmäßiges Gesamttempo ist ein absolut wichtiges Thema. Ich glaube, daß man da viel verbessern kann, wenn man den Schüler überhaupt erstmal zu einer besseren Tempowahrnehmung (wie fühlt sich "langsamer" an?) verhilft.

@Nea: Die Sache, die Du beim Walzer beschreibst, ist schon das, was ich unter "groove" zusammenfasse. Groove ist, wenn ein Schüler Schwierigkeiten hat, auf Aufforderung langsam zu spielen, zwar nicht unbedingt zweitrangig, aber ein untergeordnetes Problem für mich als Lehrer.

Ansonsten: ich hab hier mal einen Teil meiner privaten Literaturliste zum Thema Übpsychologie eingestellt. Ihr kennt sicher das Meiste, aber vielleicht ist ja für die eine oder andere noch was Neues dabei: viewtopic.php?f=11&t=7788&p=72513#p72513

Vielen Dank und herzliche Grüße! Merit Zloch
Antworten