440 Hz vs. 432 Hz

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kragi
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Re: 440 Hz vs. 432 Hz

Beitrag von kragi »

Hallo zusammen,

ich hatte mal gehört, dass die Erdrotation um ihre eigene Achse in etwa einem G entsprechen solle, mit einem zugehörigen A um eine deutlich niedrigere Frequenz als unsere heute oft üblichen 440 Hz.

Rechnen wir mal nach:

1 Umdrehung in 24 Stunden ergibt 1 Umdrehung in 86400 Sekunden, also ca. 1,1574 E-5 Hz. Welcher Ton ist das? Viele viele Oktaven höher gelangt man zu einer Frequenz von ca. 388,362 Hz. Zwei Halbtöne höher (x2^(1/12)x2^(1/12)) erhält man ein A von ca. 435,92 Hz.
Scheint also zu stimmen.

Nun dreht sich die Erde aber nicht 360 in 24 Stunden, sondern etwas mehr, denn ein achtel Jahr später, sagen wir 45 Tage später, ist die Mittagszeit nicht ca. im Südosten sondern immernoch im Süden.
Es sind also 360 Grad + 1/365 Grad in 24 Stunden. Das ist eine Frequenz von ca. 1,1735 E-5 Hz. Entsprechend viele Oktaven höher erhält man eine Frequenz von ca. 393,756 Hz was einem G mit zugehörigem A von ca. 441,976 Hz entspricht.

365 Tage im Jahr haben wir aber auch nicht, sondern ca. 365,25. Das ergibt eine Frequenz von ca. 1,1742 E-5 - oktaviert: einen Ton G mit ca. 394,025 Hz und einem zugehörigen A von ca. 442,278 Hz.

Also, ein G ist das wohl (oder vielleicht ein Gis mit zugehörigem A von schlappen 417,455 Hz - oder ein Fis zum A von 468,578 Hz ?). Wenn sich eine Art Wohlfühlfrequenz von der Erdrotation ableiten sollte, dann anscheinend eher von einem Ton einer Tonleiter in der Nähe des heute üblichen Kammertons.
Oder man wartet einige 100.000 Jahre, bis sich die Erde von einem Bruchteil von 394,025 Hz auf eben diesen Bruchteil von 388,362 Hz verlangsamt hat - und kann sich dann rundum wohlfühlen.

Ich nehme mein A in der Zwischenzeit einfach von dem Instrument ab, das sich am schwersten stimmen lässt und gut ist.

Liebe Grüße
kragi
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corvinius
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Re: 440 Hz vs. 432 Hz

Beitrag von corvinius »

Vielen vielen Dank für die so ausführlichen Antworten! Was hab ich da nicht gleich alles gelernt, v.a. über die historische Varianz von Kammertönen und die verschiedensten Esoterikallergien :-)
Von kosmisch-esoterischen Herleitungen halte ich auch nichts. Wobei die Vorstellung, dass es eine Art 'Sphärenharmonie' geben könnte, schon auch was hat.

Ich war jetzt allerdings echt mal neugierig, wie meine Harfe mit 432 Hz klingt und habe sie mal runtergestimmt.
Und es klingt erst mal erstaunlich gut. Aber das liegt vielleicht auch daran, dass sie sonst ne sehr hohe Seitenspannung hat und jetzt irgendwie etwas 'entspannter' zu spielen ist und die Töne anscheinend weicher und wärmer rüberkommen.
Ich ziehe jetzt mal den Schluss, dass die Höhe der Stimmung tatsächlich irgendwie 'auf die Stimmung' durchschlägt. Aber dass das ja nichts mit irgendwelchen Erdrotationen zu tun haben muss.

Beim Nachdeken kam mir allerdings die Anschlussfrage, wie das mit dem 'Charakter' der Tonarten ist. Wird da nicht auch jeder Tonart eine bestimmte 'Stimmung' zugeschrieben. Aber dann müsste ja auf einem Instrument, das einen Halbton tiefer gestimmt ist, C-Dur den Charakter von H-Dur bekommen?????
Schon echt ne eigene Wissenschaft, die Musiktheorie.... :-)

Corvinius
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corvinius
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Re: 440 Hz vs. 432 Hz

Beitrag von corvinius »

Markus Schönfelder
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Re: 440 Hz vs. 432 Hz

Beitrag von Markus Schönfelder »

Hallo Corvinius

so, kurze Zusammenfassung:

1) Saiten klingen natürlich je nach gestimmten Ton anders. Der "optimale" Klang und die reinsten Obertöne sollten - abhängig vom Material - zwischen 85% und 95% der Streckgrenze erreicht werden. Sprich: Es gibt tatsächlich einen Klangunterschied zwischen 432 und 440 hz. Was davon jetzt "besser" ist, ist natürlich eine Subjektive Einschätzung.
Generell tendieren Saiteninstumente mit hoher Spannung dazu lauter und durchsetzungsfähiger zu klingen. Daher war es eine Zeit lang unter Orchestern gängig so hoch zu stimmen wie eben möglich und sich darin gegenseitig zu überbieten. Das ist in der Hinsicht problematisch, dass einige Bläser nicht so ohne weiteres stimmen können und Sänger mit der Zeit Belastungserkrankungen entwickelt haben.
Eine tiefere Grundfrequenz wiederum kann ein etwas wärmeres und weicheres Klangbild nach sich ziehen.

2) Die Erde rotiert aufgrund von Gezeitenkräften und Präzession der Achse mit keiner festen Frequenz. Diese ganze Idee die Musik nach den Planeten abzustimmen stammt meines Wissens nach aus einer Zeit als Astronomen festgestellt haben dass in unserem Sonnensystem gerade Frequenzverhältnisse ziemlich häufig sind. Heute weiß man dass das ein Nebeneffekt von Gezeitenkräften ist und nicht weil der liebe Herr Schöpfer die "Musik der Sterne" geschaffen hat ;)

3) Der Charakter der Tonarten in natürlichen Stimmungen ändert sich nicht durch eine veränderte Grundfrequenz. Dieser ergibt sich vielmehr daraus welcher Ton als Grundton gewählt wird auf dem die anderen Intervalle aufgeschichtet werden.

Liebe Grüße
Markus
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Re: 440 Hz vs. 432 Hz

Beitrag von treespirit »

Wunderbar, Kragis "Beweisführung" - hätte nicht gedacht, dass ein Beitrag mit "432" in der Überschrift mich mal zum Lachen bringt.

Ich freue mich schon auf deine Folgeberechnungen für die verschiedenen mitteltönigen und zirkelnden Stimmsysteme. Und bei reiner Intonation? Von welchem A reden wir denn dann: den (großen) Ganzton über G oder die große Terz über F? :_wink_:
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Der Juergen
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Re: 440 Hz vs. 432 Hz

Beitrag von Der Juergen »

treespirit hat geschrieben:hätte nicht gedacht, dass ein Beitrag mit "432" in der Überschrift mich mal zum Lachen bringt
Schön, dich in nicht allzu ferner Zukunft wiederzusehen :_wink_:
Im Mittelalter war aber die Harmonienlehre (mundi, humana, instrumentalis) noch so etwas wie Wissenschaft, man wusste es einfach damals nicht besser.

Heute kann man Harald Lesch auch in diesem Zusammenhang zitieren mit den Worten (im Original geht es um den Klimawandel):
Es gibt die, die eine Meinung haben, und die anderen, die haben Ahnung. :_cheesy_:
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Re: 440 Hz vs. 432 Hz

Beitrag von Markus Schönfelder »

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Off Topic: Der Harald ist in den letzten Jahren aber auch echt bissiger geworden. Kann mich noch dran erinnern ihn als Kind im TV bei Alpha Centauri gesehen zu haben, da war er noch ganz handzahm
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HelmutH
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Re: 440 Hz vs. 432 Hz

Beitrag von HelmutH »

Wenn wir schon off topic gehen, dann verdient es der Beitrag auch, hier verlinkt zu werden:
https://www.youtube.com/watch?v=legMiI6RUuQ

Und was heißt "bissiger"?
Ich zitiere Lesch mit seinen ersten Sätzen:
"Also erst mal vorab: es geht jetzt nicht um Politik - es geht um Sachthemen". :_wink_:

Beste Grüße
Helmut
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kragi
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Re: 440 Hz vs. 432 Hz

Beitrag von kragi »

treespirit hat geschrieben:Wunderbar, Kragis "Beweisführung" - hätte nicht gedacht, dass ein Beitrag mit "432" in der Überschrift mich mal zum Lachen bringt.

Ich freue mich schon auf deine Folgeberechnungen für die verschiedenen mitteltönigen und zirkelnden Stimmsysteme. Und bei reiner Intonation? Von welchem A reden wir denn dann: den (großen) Ganzton über G oder die große Terz über F? :_wink_:
Na, das weiß ich ja eben nicht. Daher habe ich einfach mal zwölfte Wurzel 2 genommen.

Was soll den bei der "Beweisführung" herauskommen? Dass etwas passt oder dass es nicht passt? Oder gerade noch so passt bei welcher Genauigkeit? Von wo nach wo? Bei welcher Stimmung etc.?
Ich rechne das dann schon hin. Ist ganz einfach, wie Statistik. :_grin_:
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corvinius
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Re: 440 Hz vs. 432 Hz

Beitrag von corvinius »

Sänger scheinen ja 432 Hz zu lieben. Und haben dabei Verdi auf ihrer Seite!
http://www.schillerinstitute.org/progra ... r_Petition
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