2-5-1 → 2-5-2-5-(1)

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kragi
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2-5-1 → 2-5-2-5-(1)

Beitrag von kragi »

Hallo zusammen,

ich beschäftige mich zur Zeit mit Akkordfolgen und zwar im Moment nur mit Grundton, Terz und Quinte. Die Septime nehme ich später hinzu, wenn meine Finger die einfacheren Akkordfolgen gut genug können.

Nun habe ich folgende Frage:
Ich verstehe die 2-5-2-5-(1)-Folge als eine Art Erweiterung der 2-5-1-Folge. Dabei wird die 1 umgedeutet bzw. umdefiniert zur 2 einer neuen 1.
Mit einer Dur-1 hat man dann eine Folge ii-V-I, aus der ii-V-i (= neue ii)-V-I entsteht, also ii-V-ii-V-I.
Richtig verstanden?

Wenn das richtig ist, wie funktioniert das mit einer Moll-1? Meine Vermutung (º bedeutet hier eine verminderte Quinte):
Der Ausgang ist iiº-v-i.
Wenn nun die i zur ii wird, dann muss sie doch auch eine verminderte Quinte bekommen, oder? Man erhält also iiº-v-iiº-v-i.

Wenn die Quinte nicht vermindert ist, dann erhält man ii-v-ii-v-i, was einem einfachen Quintfall in Moll entspricht und in großen Teilen einer Moll-Kadenz mit Moll-Dominante.

Das heißt, die Moll-Folge 2-5-2-5-(1) ist tatsächlich ein Moll-Quintfall mit verminderter Quinte in jedem zweiten Akkord.

Hab ich das richtig verstanden?

Danke für Tipps.
Liebe Grüße
kragi
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Karlchen
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Re: 2-5-1 → 2-5-2-5-(1)

Beitrag von Karlchen »

Hallo Kragi,

Wenn (!) frau in der Moll-Tonleiter bleiben will/muss, dann stimmt es natürlich, dass bei "ii" die Quinte vermindert werden müsste. Da aber bei der "Verlängerung" die erste 1 "zur 2 einer neuen 1" umdefiniert wird, sind ja sowieso Tonart-fremde Noten nicht vermeidbar, also könnte frau auch die "normale" Quinte verwenden.

Obwohl auch ich eigentlich theoretische Überlegungen liebe, gewinnt hier in der Musik für mich die Praxis:
Ich habe gerade "iiº-v-iiº-v-i" mal am Keyboard ausprobiert, und es klingt einfach Sch*** (finde ich).

Für mein musikalisches Empfinden ist iiº-v-i schon keine gute Akkordfolge, da die iiº eher nicht auf die (vorläufige) Auflösung durch v hinleitet, ganz im Gegensatz zur ii mit "normaler" (also Tonart-fremder) Quinte...

Hilft das?

Mit isochromatischen Grüßen
Karlchen
Zuletzt geändert von Karlchen am Di 28. Apr 2015, 17:46, insgesamt 1-mal geändert.
"Das Schöne an der Harfe ist, dass sie so vielsaitig ist..." :_grin_:
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kragi
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Re: 2-5-1 → 2-5-2-5-(1)

Beitrag von kragi »

Hallo Karlchen,

ja, das hilft sehr.
Wie sich die Folge mit der verminderten Quinte anhört, hab ich noch gar nicht ausprobiert. Sicherlich, sagen wir mal, "interessant". :_grin_:

Wie Du schreibst, klingt also die Moll-Akkordfolge ii-v-ii-vi-ii-v- ... am Besten.
Hm, das wäre dann immer schön in natürlichem Moll rund um den Quintenzirkel - oder auch mehrmals, wenn man mag :_cheesy_: (als Fingerübung).

Ich meine, ich hätte mal in der Schule gelernt, dass der Leitton die Terz der Dur-Dominante ist (ja, man will jetzt erst mal in Moll bleiben). Die Moll-Dominante leitet also nicht (so sehr?).
Es müsste sich also mit der Moll-Dominante ein dahinschleichendes, unbestimmtes, nicht festlegen wollendes Klangbild ergeben. Ich schätze mal, die Moll-Folge kommt nicht häufig vor, so ganz ohne Spannung. Muss ich auch mal ausprobieren.

(Ich bin noch in der Phase: "Was will ich denn am nächsten Wochenende ausprobieren?")

Die Variante mit der verminderten Quinte hat sicherlich mehr Pfeffer, auch wenns sch*** räg klingt.
Da frag ich mich: Ist diese Akkordfolge die Ursache der Tritonussubstitution? Wenn ich den ja eh drin hab, was machts, wenn ich gleich zwei davon nehme?

Genau, die isochromatischen Grüße, sonst komm ich ja nicht mit den immer gleichen Griffen rund um den Quintenzirkel.
... und auch mit "normalen" lieben Grüßen
kragi
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Kailash
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Re: 2-5-1 → 2-5-2-5-(1)

Beitrag von Kailash »

... ich würde hier doch mal ein Harmonielehre-Buch empfehlen. Da hat man das auf den ersten Seiten.
In Moll gibt es dann einen Leitton, wenn man ihn macht - also die Dominante in Dur mit Durterz setzt.
Dazu gehört dann entweder die "harmonische" Moll-Tonleiter - mit kleiner Sext und grosser Septime, dazwischen dann eine übermässige Sekunde - oder die "melodische" Moll-Tonleiter mit aufwärts grosser Sext UND grosser Septime, abwärts dann kleiner Septime und kleiner Sexte.
die siest also, die Moll-Tonarten können Dir ohnehin mehr Material und mehr Spannung liefern.
Probier's mal aus!
Dazu gehören dann i-iv-V-i, oder i-IV-V-i.
Entsprechend würde die ii mit der verminderten Quinte zum harmonischen Moll und eine II zum melodischen Moll gehören - oder in den "dorischen" Kreis, wenn du keine Dur-Dominante machst.

Frohes Ausprobieren!
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Karlchen
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Re: 2-5-1 → 2-5-2-5-(1)

Beitrag von Karlchen »

Hallo Kailash: grundsätzlich haste natürlich recht, ein Harmonielehre-Buch ist nützlich...

Ich möchte nur davor warnen, die "Gesetze" der klassischen Harmonielehre als allgemein gültig zu betrachten, das sind sie nämlich NICHT. Die "Schönheit" von Tonfolgen, Akkorden und Akkordfolgen ist doch stark von unseren Hörgewohnheiten abhängig - man denke nur an (alte) arabische, chinesische oder japanische Musik, bei der teilweise schon das Tonmaterial mit unserem nicht ganz übereinstimmt. Das gibt's ja sogar in der "westlichen" Musik in der "korrekt" ausgeführten Blues-Terz, die auf keinem Klavier (oder chromatischen Harfe :_grin_: ) vorhanden ist, wenn das Instrument "wohltemperiert" gestimmt ist.

Die "Standard"-Akkord-Folgen der Klassik sind sicherlich sehr nützlich, und sollten/müssen (?!) daher auch geübt werden, aber z.B. ca. die Hälfte der Beatles-Songs richtet sich eben NICHT danach, von lateinamerikanischer Musik oder Jazz ganz zu schweigen - und gerade das macht diese andere Musik (für mich jedenfalls) so interessant.

Was die Moll-Folge um den Quinten-Zirkel betrifft, liebe Kragi, so kann man da ein bisschen mehr Spannung reinbringen, indem man gelegentlich die Septime mit dazu bringt. Du hattest geschrieben, dass Du das wegen der FingerSortierung (noch) nicht machen wolltest, aber die Kunst liegt ja auch im Weglassen und Kombinieren, z.B.: mit A (und evtl. E dazu) im Bass und mit der anderen Hand einen C-Dur-Akkord obendrauf hast Du ein prima A-Moll-7...

Ach ja (seufz), ich würd' das alles jetzt auch gern auf der chromatischen Harfe ausprobieren...
...noch 7 Wochen bis zum Baukurs...

Grüße
Karlchen
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Re: 2-5-1 → 2-5-2-5-(1)

Beitrag von Kailash »

... volle Zustimmung, was die Hörgewöhnung an Akkordschemata der Funktionalharmonik angeht. Allerdings sind sie nicht vollkommen willkürlich, sondern haben eine Menge physikalische Grundlagen. Welchselbige mensch allerdings auch nur bewusst erfahren (und geniessen !) kann, wenn man vom gleichschwebenden ("wohltemperierten" - was für ein euphemismus!) Temperatursystem weggeht und sich mit "reineren" Stimmungssystemen vertraut macht. Die Grundlagen der Harmonielehre zu lernen und sich mit dem Vokabular der Funktionalharmonik vertraut zu machen, ist allerdings ohnehin kein Fehler. Dann kann man auch "All the things you are" gleich ganz anders verstehen und geniessen ... ;-)

Wieso sollte man übrigens eine chromatische Harfe unbedingt gleichschwebend stimmen? Nur damit aus der Quintenspirale ein Quintenzirkel wird? Technokratisches Argument, welches ich der 6/6-Harfe als grundsätzlichen "Flaw" ohnehin gern vorwerfe. Zumal genau diese kleinen Klangwerkstatt-Harfen ein relativ "reines" Obertonspektrum haben, das mit gleichschwebender Stimmung nicht unbedingt gut harmoniert (produziert z.T. unangenehme Schwebungswolken, die bei schwerer gebauten Harfen nicht so schlimm sind). Traut Euch, haltet die Wolfsquinte aus!

(Historische) Doppel- und Tripelharfen im 7/5-System haben übrigens genügend überschüsseige Saiten, damit man auch den unterschied zwischen dis und es, zwischen ais und b oder auch eine "echte" blue note einstimmen kann.

Zum Thema Stimmungen und Temperaturen wurden hier immer mal wieder ein paar Fachdiskussionen geführt, wenn du die entsprechenden Stichworte suchst, wirst du sicher fündig.
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Re: 2-5-1 → 2-5-2-5-(1)

Beitrag von Karlchen »

Äh: soll ich mich jetzt darüber freuen, dass Du mir meine in 7 Wochen zu bauende Harfe schlecht reden willst?!?! :_grin_:

Zu Grundsatzdiskussionen über Vor- und Nachteile unterschiedlicher Stimmungen fehlt mir im Moment die Zeit und die Lust; mein Grund für die zukünftige gleichschwebende Stimmung meiner zukünftigen "kleinen" 6x6-KlangwerkstattHarfe ist, dass ich sie in einem existierenden Ensemble einsetzen will, das auch andere "gleichschwebende" Instrumente hat...

... und damit sind wir eigentlich endgültig off-topic hier ...

Grüße
Karlchen
"Das Schöne an der Harfe ist, dass sie so vielsaitig ist..." :_grin_:
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kragi
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Re: 2-5-1 → 2-5-2-5-(1)

Beitrag von kragi »

Hallo zusammen,
danke für Eure Antworten!
Ich muss mich aus diesem Thread erst mal zurückziehen. Es dauert eine Weile, bis ich mich wieder melden kann. Ich bin beschäftigt, mit anderen Dingen und ...
... ich würde hier doch mal ein Harmonielehre-Buch empfehlen. 
Liebe Grüße
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Re: 2-5-1 → 2-5-2-5-(1)

Beitrag von Markus Schönfelder »

Ohje - da ist ja tatsächlich eine Menge Durcheinander zusammengekommen.

Erstmal grundsätzlich unterscheiden muss man zwischen einer typischen 2-5-1 Kadenz wie man sie heute vielfach aus der Popmusik kennt und bei der das tonale Zentrum und die Tonalität beibehalten werden und einer größeren Quintfallkadenz, die typischerweise modulierend eingesetzt wird.

Die Umdeutung erfolgt in letzterem Falle meist nicht bei jedem zweiten Akkord (II - V - I->II - V - I), sondern für jeden einzelnen der Akkord.
Jede Tonika kann zugleich als Dominante des folgenden Akkordes verstanden werden (V - I->V - I->V - I) - dies geht dann meist auch einher mit dem Wechsel des Akkordgeschlechtes zu Dur/Dominantsept. Die Umdeutung Tonika zu Doppeldominante/zweiten Stufe ist aus verschiedenen Gründen für europäische Hörverständnis eher weiter hergeholt.
Wichtig: eine Vorschrift gibt es natürlich nicht. Aber es gibt geprägte Hörgewohnheiten und man sollte versuchen eine Analyse möglichst Ökonomisch zu gestalten. Frei Nach Occams Razor. Sprich: Gibt die Melodie an diese Stelle nicht ganz klar ein tonales Zentrum an, dass der Quintfalldeutung widerspricht ist sie zu bevorzugen weil logisch stringent und gut vereinbar mit dem etablierten System.

In Moll gibt es grundsätzlich verschiedene Möglichkeiten. Der wahrscheinlichste Fall ist ein Wechsel nach harmonisch moll und die damit folgende "ver-Dur-ung" der Dominante. Da bei einer Quintfalldeutung die zweite Stufe entfällt, ist auch klar dass hier kein verminderter Akkord zu erwarten ist. (Im übrigen würde ein verminderter Dreiklang von der Hörerwartung her auch eher als verkürzter Dominantspektakkord oder als Isointervallakkord durch enharmonische Verwechslung zur Modulation gedeutet werden).

Eine Deutung des Akkordes als zweite Stufe wäre - wenn dann - am wahrscheinlichsten am Ende der Quintfallbewegung zu erwarten.
Das sähe dann z.b. ungefähr so aus:
Bb7 - Eb7 - Ab7 - dbdim

und dann die 2-5-1 vollenden:
Gb7 oder gb7 - cb

oder z.b. durch Umdeutung
A7 - d oder D

liebe Grüße
Markus
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