Zur Harfe singen

annunziato
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Re: Zur Harfe singen

Beitrag von annunziato »

Ohne die potenziellen Tricks von Nadia Birkenstock in Abrede zu stellen, die ja auch immerhin sowas wie Gesang studiert hat, gibt es einen gaaaaanz tollen Trick:
!!!! ÜBEN HILFT !!!!
Wer erwartet, gleich beim ersten Ausprobieren beim Zusammenbringen von Harfe und Singen perfekte Ergebnisse bringen zu können, überfordert sich.

Es gibt Leute, die relativ problemlos zur Harfe singen können, und die dann viel Feinschliff-Arbeit machen können und dürfen.
Alle anderen müssen halt etwas arbeiten.
Es gibt hier eher nicht _den_ Trick, der "den Knoten löst", sondern genau wie beim Singen ohne Harfe ist es die sorgfältige und geduldige Arbeit, mit der Schritt für Schritt Verbesserungen erzielt und gefestigt werden. (Sagt einer derjenigen, die viel und gern Feinschliff-Arbeit machen !) Wer Erwartungen hat, dass man mit Tricks und Stimmkosmetik was erreicht, hat einiges an Frustrationen vor sich und begibt sich sogar auf einen für die Stimme (physiologisch!) gefährlichen Weg.

Tatsächlich zeigt sich in meinen Kursen und im Unterricht, dass es für jede/n durchaus so den einen oder anderen Impuls gibt, mit dem er / sie ein Stückchen weiter kommt, aber diese Impulse sind einerseits extrem individuell und andererseits müssen sie auch immer wieder geübt, umgesetzt und wieder gefunden werden. Das liegt vor allem daran, dass die muskulären und neuronalen Zusammenhänge, die man für das Singen aktivieren muss, stark über den Vagusnerv gesteuert werden, der weniger rationalen Zugriffen folgt. D.h. das Nervensystem muss hier lernen, nicht die Ratio mit irgendeinem "abrufbaren Trick". Deshalb arbeiten ja die Gesanglehrer manchmal mit so "verrückten" Übungen und Bildern / Metaphern.

Also: Auf etwas Arbeit einstellen, die Schritte hintereinander gehen und kleine Verbesserungen bewusst wahrnehmen, dann klappt's auch.
Nur durch Harfe spielen lernt man Harfe spielen. (Aristoteles)
Dany
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Re: Zur Harfe singen

Beitrag von Dany »

Fräulein K hat geschrieben:Ich habe Vorgestern meine ersten kläglichen Versuche unternommen Scarborough Fair zur Harfe zu singen.
Nach mehrmaligem Spielen ging es irgendwann ganz leise, aber von aussingen und schönem Klang kann noch lange nicht die Rede sein.
Also mein Vorschlag wäre, entweder das, was Du auf der Harfe dazu spielst so lange zu üben, bis Du es im Schlaf kannst und praktisch nichtmehr darüber nachdenken musst, oder Du musst die Harfenbegleitung so vereinfachen, dass sie dich nicht zu sehr vom Singen ablenkt. Wenn das klappt, kannst Du ja dann almählich die Begleitung wieder etwas mehr ausschmücken, vielleicht sogar eine zweite Stimme hinzufügen usw. Denn hier ist die Stimme jetzt das Hauptinstrument, und darauf sollte man sich zuerst konzentrieren.
Benutzer gelöscht

Re: Zur Harfe singen

Beitrag von Benutzer gelöscht »

Hallo Annunziato, danke für deine Antwort.
Deine "Körpercheckliste" hat mir geholfen. Schon wenige gefühlte Milimeter machen einen Unterschied.
Wegen dem hohen Ellenbogen... ich frage mich immernoch, inwieweit man die klassische Technik auch bei keltischen (mittlerer Spannung) Harfen braucht und wie viel man davon abweichen kann. Es singt sich deutlich besser mit den Ellenbogen weiter unten, finde ich. Doch dann sitze ich an meiner Harfe wie an einer Schoßharfe - eher bequem als richtig - und das sollte doch eigentlich nicht so sein. Die richtige Technik hat ja ihren Sinn. Vieles ist wohl einfach ausprobieren und spüren, womit man sich gut fühlt.
Wie ich das sehe muss ich hier zwei Dinge in Einklang bringen - die Haltung für die Harfe und die Haltung für den Gesang. Ich denke, da werde ich bei der Harfe einige Kompromisse machen müssen und etwas von der klassischen Technik abweichen (die ich wohl ohnehin nicht wirklich beherrsche, da ich keinen Harfenunterricht nehme - aber ich bemühe mich).
Es sind bei mir vor allem die Basstöne bei der 34 Saiterin, die beim Singen behindern. Ich habe die Arme dann weit von mir gestreckt. Bei den kleinen Harfen muss man ja nicht soweit nach vorn greifen.

Der "Trick" von Nadja (sie hat doch laut Website Gesang an der Musikhochschule Düsseldorf studiert, oder was bedeutet "soetwas wie Gesang"?): die Begleitung automatisieren, d.h. stundenlanges üben. Vorm Fernseher oder auch mal während des Spielens den Blick schweifen lassen; sprechen; eben die Aufmerksamkeit von der Harfe abziehen.
Ansonsten ging es bei dem Kurs nicht wirklich ums Singen, sondern mehr um Arrangements an der Harfe. Ein Gesangskurs hätte wohl den Rahmen der fünf Stunden gesprengt, fände ich aber sehr interessant. Trotzdem hat mir der Kurs gut gefallen - kann ich nur empfehlen.

Ich werde die Harfe auch mal mit in den Gesangsunterricht nehmen. Das ist eine gute Idee.
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Capella
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Re: Zur Harfe singen

Beitrag von Capella »

Bei mir hängt ganz viel davon ab, wie gut ich das Lied kenne. Wenn es etwas ist, was ich z.B. auch schon zu Gitarrenbegleitung jahrelang gesungen habe, dann fällt es mir relativ leicht, das auch zur Harfe zu singen, vorausgesetzt, ich mache da jetzt nichts zu kompliziertes als Begleitung, sondern einfach nur aufgelöste Akkorde oder so. Wenn das Stück für mich ganz neu ist, dann muss ich erst ganz gründlich den Harfenpart lernen, bevor an singen auch nur zu denken ist. Ich brauche meine Stimme zum Harfe lernen, ich summe/singe eigentlich immer mit, zumindest gedanklich. Das geht so weit, dass ich, wenn ich heiser bin und nicht singen kann, auch so gut wie gar nicht Harfe spielen mag, zumindest keine neuen Stücke, auch keine reinen Instrumentalstücke. Und einige Stücke kann ich nur zur Harfe singen, wenn die rechte Hand die Melodie mitspielt. Das ist, als wenn da in meinem Kopf keine weitere Tonspur frei ist. Keine Ahnung, woran das liegt.
annunziato
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Re: Zur Harfe singen

Beitrag von annunziato »

Also mit der "richtigen" Technik ist das ja immer so ein Ding. Bei keltischen Harfen mittlerer Spannung kannst Du ruhig ausprobieren, wie weit du mit lockereren Händen und Armen kommst. Die ganze "Daumen Hoch, Finger-runter-Ellbogen hoch"-Geschichten erfüllen ja auch den Zweck, einerseits bei der hohen Spannung einen guten Klang zu erzeugen und andererseits, die Spannung gut auszuhalten und die Hand vor Fehldynamiken durch die hohe Spannung und Gegenspannung beim Abspielen zu schützen. Das führt selbst aber eben wieder zu einer relativ hohen Köerperspannung (ein bisschen wie bei Turnern). Die kann fürs Singen eher kontraproduktiv sein, weil man zum Singen "dynamische Spannung" und Weitstellungen im Oberkörper sowie eine frei schwingende Diaphragmenkette braucht. Also experimentier ruhig mal mit einer etwas runderen Hand. Je nachdem, welcher klassischen Harfenistin Du es dann zeigst, springt sie allerdings im Viereck, also gut überlegen, was du mit der Harfe noch willst. Bei richtig niedrig gespannten und historischen Harfen verwendet man eh eine völlig andere Handhaltung und Fingersätze, bis hin zum Unter- statt Übersetzen, was dort auch sehr logisch sein kann. Aber dort schaust du wahrscheinlich nicht hin.

Wenn du bei der "Grossen" in den Bässen zugange bist - machst du das beidhändig oder ist es nicht doch eher die Linke? Falls letzteres, hilft ja vielleicht ein bisschen experimentieren mit der Position und dem Winkel zur Harfe. Falls du Dich weit vorbeugst, überleg evtl. ob du am Sitz was verändern kannst, damit der Bauch nicht zusammengequetscht wird und das Becken nicht zu stark kippt oder asymmetrisch ausgerichtet wird. Evtl. dann auch das linke Bein zum Ausgleich etwas öffnen oder das Knie nach unten bewegen (Fuss zurücksetzen und eher vorn auf dem Stuhl sitzen).

Also mir persönlich erscheint die Anregung "Begleitung automatisieren" nicht unproblematisch. Das führt dann zu musikalisch-technokratischer Mechanik und zur Trennung in "Melodie und Begleitung" (und so klingt es dann auch, nimmt viele musikalische Möglichkeiten; Mechanisieren ist ohnehin ein deutliches Konzept des 19. Jahrhunderts, s. Grete Wehmeyer, "Czerny und die Einzelhaft am Klavier"). Eher geht es für mich darum, beide Instrumente in die Aufmerksamkeit zu integrieren und zu "einem Instrument" zu machen, insbesondere bei interessanteren Harfenstimmen oder echt polyphonen Sachen, wo die Harfe auch melodische und kontrapunktische Aufgaben hat. Die Gefahr des Rausfliegens ist beim Automatisieren auch immer grösser.man kommt dann auch häufig schlechter wieder rein, weil man diesen Teil dann nicht im aktiven, steuernden Bewusstsein hat. Es ist für mich eher so wie eine Orgel, bei der du eben auch drei Funktionalitäten unter einen Hut bringen musst. Oder du bist dein eigener Chor... - da vergisst der Dirigent auch möglichst nicht den Bass zugunsten des Soprans.
Nach meiner Erfahrung kommt man nicht umhin, beide Instrumente und Partien so gut es geht zu lernen, in die Integration nochmal Zeit und Aufmerksamkeit zu investieren und dafür auch spezifische Integrationsübungen zu machen. Ich habe dazu hier auch schon einiges geschrieben. Eine der besten Übungen hierzu ist übrigens, mit dir selbst im Kanon zu singen und zu spielen.
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Re: Zur Harfe singen

Beitrag von Martina »

annunziato hat geschrieben:Also mir persönlich erscheint die Anregung "Begleitung automatisieren" nicht unproblematisch. s. Grete Wehmeyer, "Czerny und die Einzelhaft am Klavier"
Brüll :_grin_:

Wenn ich das vor 20 Jahren meinem Klavierlehrer erzählt hätte. :_lipsrsealed_: :_grin_:
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Re: Zur Harfe singen

Beitrag von annunziato »

Martina hat geschrieben:
annunziato hat geschrieben:Also mir persönlich erscheint die Anregung "Begleitung automatisieren" nicht unproblematisch. s. Grete Wehmeyer, "Czerny und die Einzelhaft am Klavier"
Brüll :_grin_:

Wenn ich das vor 20 Jahren meinem Klavierlehrer erzählt hätte. :_lipsrsealed_: :_grin_:
Hm, was ist daran zum Brüllen? Ich hatte so eine Klavierlehrerin im Nebenfach, die auf mechanisches Üben stand, bis hin zu "über jede Note einen Fingersatz schreiben".... Das Buch hat mich sehr darin unterstützt, einen anderen Blick auf Musik und auf das Lernen, auch das Lernen von Technik, zu entwickeln. (Und ich habe mehr als zehn Jahre lang täglich 2-3 Stunden Tonleitern und Akkorde auf der Geige geschrubbt...)
Für Improvisation, Continuo-Begleitung und "ich spiel mal eben mit" ist mechanisches Üben wirklich Gift, und es hindert auch sehr daran, mit verschiedenen Ausdrucksoptionen zu spielen.

Selbstverständlich muss Technik draufgeschafft werden, und Tonleitern etc. sind kein schlechtes Mittel dafür, aber aus meiner Erfahrung ist die Mechanisierung
unter Umgehung des aktiven Bewusstseins alles andere als eine effiziente Methode. Gerade für Patterns, Begleit- und Zupfmüsterchen gibt es Übungsmethoden, die sehr viel effizienter sind und auch noch richtig Spass machen. Da kann man sehr gut bei den ollen Barockkomponisten gucken (Bachs Klavierbüchlein für Friedemann, die Kleinen Präludien und Fughetten etc. sind ja pädagogische Werke, in denen technische Problemlösungen musikalisch wunderbar verpackt sind...), die haben sowohl bei den Tasten- als auch bei den Lauteninstrumenten eine Menge Anregungen aufgeschrieben, die auch von heutigen HarfenistInnen gut genutzt werden können.
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Moira
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Re: Zur Harfe singen

Beitrag von Moira »

Also zum Singen zur Harfe oder auch zu anderen Instrumenten kann ich für den Anfang nur empfehlen nicht zu kompliziert zu denken, das einfachste ist Akkordspiel egal ob auf Harfe, Klavier oder Gitarre apreggieren einiger Akkorde oder leide Zupftechniken von Akkorden sich sehr schnell zu lernen und schon kann es los gehen.

Später kann man nach und nach anfangen auch mit der Melodiehand die Melodie hinzufügen oder eine seperate begleitstimme spielen, aber um dem Frust vorzubeugen sollte man wirklich ersteinmal mit kleinen Erfolgen beginnen und dann mutiger werden. Ich mache das seit Jahren genauso und egal welches Instrument ich nehme (wenn es nicht grade ein Blasinstrument ist *FG* :_grin_: ) es wird immer besser mit der Übung und Erfahrung.

Zur Zeit schreibe ich mir eigene kleine Arrangements für Harfe und Gesang zusammen. Sie sehen immer etwas sehr anders aus, als es eventuell ein orginal sein würde, aber es kommen sehr schöne Ergebnisse heraus und da ich meine kleine Einmannband zur Zeit bin, muß es so reichen. Aber von Kindheit an gehört für mich das eigene Singen zum Instrument dazu und wenn die noten nicht passen, dann werden sie passend gemacht. :_wink_:

LG
Moira
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ysa
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Re: Zur Harfe singen

Beitrag von ysa »

ich bin ja noch blutige anfängerin mit klaviervorbildung inklusive "czerny-einzelhaft" (*lach* - echt ein super ausdruck!!!!). ich habe mir auf dem klavier das improvisieren und begleiten von liedern mit akkorden lange erarbeiten müssen. jetzt bei der harfe fällt es mir leichter als vielleicht jemandem, der von der gitarre her kommt, aber natürlich brauche ich auch ein paar grundtechniken.
was ich wichtig finde (ich glaube, es ist hier noch nicht gesagt worden) ist, erstmal ein lied zu nehmen, das sagenwirmal aus drei akkorden besteht und nicht zu komplex ist.

kennt jemand ysa, deren name ich hier nutze? das ist eine bretonische folk-sängerin, auf deren cd "couleurs du temps" man das mit der begleitung zum singen sehr gut abkucken kann. ganz einfach, aber sehr wirkungsvoll.
Carolin Nobles
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Re: Zur Harfe singen

Beitrag von Carolin Nobles »

Unter YSA finde ich das, aber das kannst du nicht gemeint haben, oder? :_grin_:

http://www.youtube.com/watch?v=aFulDtdDKY8
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