Chromatische Harfe für Dummies

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Pyewacket

Chromatische Harfe für Dummies

Beitrag von Pyewacket »


Hallo alle zusammen,

ich hatte bis letzte Woche gar nicht gewußt, dass es chromatische Harfen gibt, ich dachte, es gibt die Hakenharfen und die Pedalharfen. Daher hätte ich ein paar Fragen, speziell Verständnisfragen, zu chromatischen Harfen. Ich hoffe, ihr könnt etwas Licht ins Dunkel bringen :_smile_:

Bisher dachte ich immer, wenn man so wie ich über kurz oder lang (ich fange erst nächste Woche überhaupt mit Harfenunterricht an) primär klassische und Pop-/Rockmusik auf seiner Harfe spielen möchte, kommt man dann irgendwann wohl nicht um eine Konzertharfe drumherum, weil nur die einem die Möglichkeit bietet, auch unkompliziert sämtliche Halbtöne spielen zu können. Aber bei diesen Hammerpreisen - eher aussichtslos, jemals tatsächlich eine zu kaufen...

Wie ist das denn nun bei chromatischen Harfen? Kann man damit tatsächlich auch alles spielen oder gibt es da auch irgendwelche Einschränkungen??

Kann man damit z.B. Noten für Klavierstücke hernehmen (dort dürfte die Auswahl an Noten doch recht groß sein, denke ich) oder auch für Pedalharfen und kann die dann auch auf einer chromatischen Harfe spielen?

Und da sie ja wohl eindeutig anders zu spielen sind als "normale" Harfen - sollte man erst auf "normaler" Harfe lernen, bis man das mal so halbwegs richtig kann? Oder kann man theoretisch auch gleichzeitig auf beiden Harfentypen lernen? Wie war das bei Euch?? Was empfiehlt sich da?

Und wo kriegt man dann im Fall der Fälle auch einen speziellen Lehrer dafür her? Dürfte doch eher schwierig sein, oder? Oder habt Ihr Euch das dann selbst beigebracht?

Wenn Euch einige Fragen etwas merkwürdig vorkommen - ich bin wirklich der totale Neuling...

Ich hoffe, Ihr könnt mir weiterhelfen - wäre wirklich nett :_smile_:

Viele Grüße und einen schönen Tag noch,

Petra




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DS aus MOD
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Beitrag von DS aus MOD »

Hallo Petra,
komm nach MOD und schau Dir meine Harfe an.
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Dieter
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annunziato
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Beitrag von annunziato »

Hallo Petra,
es gibt verschiedene Sorten von chromatischen Harfen, und alle haben bestimmte Einschränkungen, je nach Bauweise und ursprünglichem Zweck.

Rock-Pop und einfache Klassik kannst du mit allen spielen, da die i.a. funktionalharminisch basiert sind. Die "historischen" chromatischen Harfen (arpa doppia, Tripelharfe und spanishce Doppelharfe mit gekreuzten Saiten) sind im Grunde wie ein Klavier mit "weissen" udn "schwarzen" Tasten aufgebaut und basieren auf der modalen Skala. Verzeirungen kannst du gut damit spielen, wenn die Tonart viele Vorzeichen hat, wird's schwierig. Bei vier b oder Kreuzen ist eher Schluss.
Harmonisch komplizierterer Jazz stösst auf Grenzen, da wäre die zwölftönige nicht-modal basierte kreuzsaitige nach Christoph Pampuch das Mittel der Wahl.

Die Techniken sind sowohl wegen der Saitenspannugn als auhc wegen der Saitenanordnung z.t. recht verschieden, sowohl bezüglich Handhaltung, Kontakt zur Saite als auch Fingersatz als auch und Repräsentation der Töne im Kopf. Modale Harfe (rein modale oder Haken/Klappenharfe oder Pedalharfe) und chromatische parallel zu spielen geht durchaus. Am Anfang gibt's allerdings häufig eine mehrmonatige Durststrecke.

Klanglich ist es meist schwierig, Harfen mit niedriger (chromatische) Saitenspannung und solche mit eher hoher ("modern" gebaute Haken/Klappenharfen oder Pedalharfen) nebeneinander zu spielen.

Alle Klavierstücke kannst Du mit keiner Harfe spielen - aber mit jeder einige. Schon Schumannsonaten werden nicht trivial. Tendenziell gehen solche Stücke gut, bei denen nciht zuviele "sehr" verschiedene Töne gleichzeitig in den Händen zu greifen sind.

Zum Stimmsystem fange ich nicht auch noch an, da gäbe es noch eine Menge hinzuzufügen.

Mein vorschlag: Fang erstmal an, und kriege allmählich raus, welche Musik und welcher Klang Dich ansprechend und wohin Du überhaupt willst oder auch kannst. dann kannst Du allmählich z.B. mal auf Harfentreffen anregungen einholen, Instrumente angucken etc.

Meine ("historischen") chromatischen Doppel- und Tripelharfen stehen in der Nordwestschweiz, und sind auf Verabredung auch gern mal anzugucken.

Wenn dich spezielle Aspekte wie Technik oder spezifische Musik weiter interessieren, frag einfach nach.

Gruss
a.



Nur durch Harfe spielen lernt man Harfe spielen. (Aristoteles)
Pyewacket

Beitrag von Pyewacket »


Hallo annunziato und DS aus MOD,

danke für Eure Antworten :_smile_:

@ annunziato

damit hab ich jetzt schon deutlich mehr Durchblick, danke. Aber was mir immer noch nicht klar ist: Welche Noten nimmt man dafür her?? Ich vermute mal, dass die Auswahl an Noten speziell für die chromatische Harfe doch sehr begrenzt sein dürfte, oder??

@ DS aus MOD

danke für das Angebot :_smile_: Ich werde darauf zu einem späteren Zeitpunkt, wenn die Sache mal wirklich akuter für mich wird, wirklich gerne darauf zurückkommen (wenn es dann noch gilt :_wink_: ), aber im Moment ging es mir wirklich erstmal um Verständnisfragen...

Danke Euch beiden!

Viele Grüße und einen schönen Tag noch,

Petra
annunziato
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Beitrag von annunziato »

Hallo Petra,
Deine Frage nach "Klassik" und "Rock/Pop" ist noch etwas unspezifisch, wenn man sie genau nach Noten beantworten will...

Also: Die Möglichkeiten und Grenzen der "zwölftönigen" Pampuch-Harfe sind noch nicht wirklich ausgelotet. Christoph Pampuch spielt viel frühbarocke Lautenmusik und spanische Gitarren- und Vihuelamusik darauf, wenn ich recht informiert bin. Er hat sich aber auch schon an Satie versucht, das ist dann Klaviermusik.

Auf den chromatischen Doppel- und Tripelharfen, aber auch der spanischen gekreuzten Doppelharfe geht Musik der Renaissance und des Frühbarock gut, dafür sind sie gemacht. Dann kann man gut Cembalo- und Lautenliteratur nehmen (z.B. Dowland, Purcell, Rameau), muss sie ggf. etwas umarrangieren und transponieren. (Auch manche Orgelwerke gehen, und unspezifisch notierte Tanzmusik.) Falls Dich das "Historische" interessiert, kommst Du nicht umhin, Dir die Welt des Continuo zu erschliessen. Die hilft Dir aber auch sehr bei den ja sehr stark funktionalharmonisch gebundenen Pop-/Rock-Musiken (geht alles auf den ollen Monteverdi zurück... ;-)). Harmonielehre zu lernen ist jedenfalls keine schlechte Idee.

Die leichten Klavier- bzw. Cembalowerke von Bach sind wunderbares Übungsmaterial (die zweistimmigen Inventionen, kleine Präludien und Fughetten). Mit einfacher Frühklassik gehts auch noch einigermassen (Spohr, früher Mozart), alles andere geht nicht so gut. Die "grosse" romantische und spätromantische Harfenliteratur (Debussy etc.) kannst Du i.a. vergessen, die ist für Doppelpedal geschrieben und funktioniert auch zumeist nur dort, vom Tonumfang ganz zu schweigen.
Fauré, Duruflé, Satie geht mit (viel) üben und Arrangieren.

Für Pop/Rock eignen sich diese Instrumente klanglich nur bedingt, da bist Du mit Hakenharfen oder Einfachpedal wahrscheinlich besser bedient. Falls Du so etwas mit Noten machen möchtest, halt Dich an Klaviersätze, die musst Du ggf. halt transponieren.

Aber wie gesagt, starte erstmal, und wenn Du in einem halben Jahr erste Ideen hat, wie "Harfe" geht, ist Zeit genug, Dich weiter umzugucken.

Beste Grüsse und viel Spass
Annunziato
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DS aus MOD
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Re: Chromatische Harfe für Dummies

Beitrag von DS aus MOD »

Hallo,
diese schöne Doppel-chromatische Harfe habe ich gerade im cross-harpers-forum gefunden:

http://www.usd.edu/smm/Harps/5728Greenw ... yHarp.html

oder auch

http://groups.yahoo.com/group/HarpersCr ... =1&dir=asc

Es gibt ja die Arpa doppia ( hat etwas mit doppelt zu tun ) und die tripple-harp.

Bin gespannt, wann jemand die triple-chromatic-harp findet :_wink_:

dieter
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Re: Chromatische Harfe für Dummies

Beitrag von Ansuz »

Hallo ihr,

wenn ich hier grad so lese fällt mir auch eine Frage ein^^

Wo wird denn gespielt auf der Chromatischen, immer an den Kreuzungspunkten oder drunter oder drüber, oder mal so mal so??
Bzw. kommt man am Kreuzungspunkt überhaupt zwischen die Saiten und kann deswegen dort nicht spielen?

Und hat sie Saiten wie das Klavier also bei der 2. Reihe dann zwischen h un c, e und f keine Saite oder sind da auch Halbtonsaiten?

Viele Grüße
Ansuz
nerissa
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Re: Chromatische Harfe für Dummies

Beitrag von nerissa »

Hallo Ansuz,
ich kann die Frage nur für die modernen, kreuzbesaiteten chromatischen Harfen (wie sie z.B. die Klangwerkstatt baut) beantworten, auf die Antwort zu historischen Harfen wie die Arpa Doppia bin ich selbst gespannt.
Bei der kreuzbesaiteten chromatischen Harfe hast du zwei jeweils in Ganztonschritten gestimmte Saitenreihen, die sich kreuzen. D.h. c,d,e,fis,gis,ais auf der einen und cis,dis,f,g,a,h auf der anderen Reihe. Daraus folgt auch, dass man z.T. oberhalb, z.T. unterhalb des Kreuzungspunktes spielen muss und der Fingersatz in der linken Hand für ein und denselben Akkord bzw. ein und dieselbe Skala quasi spiegelverkehrt zu dem der rechten Hand ist. Deshalb braucht man z.T. auch völlig andere Fingersätze und Handhaltungen als auf der diatonischen Harfe, ebenso wie ein paar neue Gehirnwindungen :_wink_:
Viele Grüße
Nerissa
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Re: Chromatische Harfe für Dummies

Beitrag von annunziato »

Bei den "historischen" chromatischen Harfen (also italienische arpa doppia, spanische - kreuzreihige - arpa de dos ordones, italienische arpa tripla und "walisische" triple harp - bitte nur mit einem p!!!) sind die Reihen diatonisch und chromatisch - also ungefähr "wie auf dem Klavier", mit entsprechenden halbtönen zwischen e und f sowie h und c. Das stimmt allerdings nur bedingt, da häufig praktikabilitätshalber b statt h eingestimmt wurde (so am Händelkonzert abzulesen), und das h dann in die chromatische Reihe wanderte. Nichts desto trotz hat man also in einer Oktave dann zwei "freie" Saiten zwischen den Halbtönen. Für diese gab und gibt es mehrere Möglichkeiten: Einmal kann man sie mit Doppelungen oder anderen praktischen Tönen belegen, wie dies z.B. von der Este harp bekannt ist, dort wird im "Bass" in der chromatischen Reihe unter dem fis ein a eingestimmt, dass ist extrem praktisch für D-Dur-Schlussakkorde. Andererseits kann man das machen, was auch von Cembali mit geteilten es/dis-Tasten bekannt ist: Je nach Stimmsystem ("Temperatur") zwischen dis und es sowie - z.B. - b und ais unterscheiden, denn in "reineren" Stimmsystemen als dem gleichschwebenden sind dies ja unterschiedliche Töne. Je älter udn näher am pythagoräischen, desto unterschiedlicher. Ich unterscheide zwischen es und dis, stimme das es dort, "wo es hingehört", also zwischen d und und e, und packe das dis dann zwischen e und f. Etwas gewöhnungsbedürftig, aber hinzukriegen. Analog mit b und ais. Falls ich mit f-moll zu tun habe, was in der Barockmusik schon mal vorkommt, mache ich auch statt ais as, das ist noch gewöhnungsbedürftiger (falls ich dann nicht praktischerweise das gis eher umstimme). Hab ich jetzt alle mit den Feinheiten verwirrt?

Bei manchen "späten" chromatischen Harfen wurde, wie wir in Lauterbach bei Eric Kleinmanns hochinteressantem Vortrag gelernt haben, der Ort der "überschüssigen" Saiten im Spätbarock aus statischen Gründen genialerweise für Abspannungen des Resonanzbodens nach unten verwendet. Das muss im Gegenzug heissen, dass man schon bei mindestens Sechstelkomma- und Kirnberger III-Temperatursystemen angekommen war.

Vielen Dank für die Links. Also die Pleyel-Harfenmonster wurden mit viel Liebe vergoldet und verziert...

Weitere Fragen? Mit Zeitverzögerung gerne...
Gruss a.
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annunziato
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Re: Chromatische Harfe für Dummies

Beitrag von annunziato »

Und hier noch der Exkurs zu "wo auf der Saite spielt man die chromatische Harfe" ?

Die Arpa Doppia und Tripelharfen mit den parallelen Saitenreihen spielt man i.W. mit Durchgreifen. Arpa doppia bietet auch Möglichkeiten, beidseitig an die Chromatik ranzukommen, um den Preis, dass die jeweilige Hand dann mit Chromatik beschäftigt ist und gerade nicht Bass oder Diskant spielen kann. Ist aber manchmal nützlich.

Die kreuzbesaitete spanische chromatische Harfe spielt man i.W. nah am Kreuzungspunkt (der Ebenen), so dass man dann jeweils nah an der Chromatik ist. Hierbei muss man sich allerdings klar machen, dass die historische Musik (wie übrigens auch alle Popmusik und viel Neue Musik) ja i.a. tonal zentriert ist, und zwar in Tonarten mit wenigen Vorzeichen. D.h. also die Hände haben jeweils die diatonische Seite der Reihe (die haben beim mittleren c einen "Kreuzungspunkt", wie die italienischen parallelreihigen Doppelharfen) zur Heimat und die Finger greifen für die Chromatik durchwegs nach "oben" über die Ebenenkreuzung. Das hat eben den Vorteil, dass man nicht durchgreifen muss und daher schneller und mit weniger Nebengeräuschen an die Chromatik kommt, ein entscheidender Vorteil bei spanischer Tanzmusik. Nachteil ist, dass die klanglichen Möglichkeiten eingeschränkt sind, vor allem sind die Bässe etwas "schlabberig", wenn sie in der Mitte gespielt werden und nicht nah am Resonanzboden oder am Wirbel.
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