verkrampfte hand bei/nach dem Spielen?

[allessandra]

Hallo liebe erfahrene Harfenspieler,

da ich mich doch noch verhältnismäßig stark im Anfängerstadium des Harfespielens befinde, und leider nur recht selten in den Genuss komme Unterricht zu bekommen, habe ich wohl bei meiner Handhaltung, v.a. der rechten Hand, einiges falsch gemacht, da ich nach (manchmal gar bei) dem Spielen merke, dass sich der Teil der Hand stark anspannt, der die Finger beherbergt, die seltener oder gar nicht zum Einsatz kommen (also Ringfinger und kleiner Finger). Mein Spielstadium ist: Uschi Laars Harfenschule Band 1, Lieder wie Goldwind oder Little Lilly (hoffe das sagt jetzt auch irgendwem hier etwas... )
Meine Harfenlehrerin sagte mir, dass ich immer wieder versuchen sollte, eben jenen 'unteren' Teil der Hand zu entspannen, aber das fällt mir eben doch offenbar recht schwer. Vielleicht hat jemand hier noch irgendwelche Tips, was ich vor, während oder nach dem Spielen tun könnte, um diese Finger zu lockern? Vielleicht sitze ich auch einfach immer noch nicht ganz richtig an der Harfe. Ich hoffe, ich komme bald einmal wieder zum Unterricht, so dass ich korrigiert werden kann .

Heißen Dank für Ratschläge von

allessandra

[burgfruowe]

HI, liebe Allessandra!

ja, das kenne ich noch gut. An den Stücken kann es nicht liegen - in der Begleitung Quintgriffe oder ein gemütlicher Dreiklang ebenfalls Terz/Quint und keine Umkehrungen, in der Melodie jetzt auch nicht sooo große Intervalle.
Sorry, aber gemütlich bezieht sich halt darauf das es Schlimmeres gibt.
Das meine Hände sich verkrampft anfühlten, lag daran, daß ich sie einfach verkrampft habe. Sicher es kann auch an einem falsch abgeknickten Handgelenk oder einem zu niedrigen Ellenbogen oder so liegen. Aber ich denke, man ist am Anfang einfach sehr konzentriert auf dieses richtige Anspannung und Einlegen und in die Hand spielen. Und dann braucht man auch eine gewisse Kraft oder Koordination, die sich erst nach einer Weile aufbaut.
Und dann sind die Hände oder Teile der Hand total angespannt und nehmen auch komische Haltungen an.
Ich hab zB links eine Zeit lang mein Daumengelenk ganz krank nach unten gedrückt, während ich den Daumen möglichst weit nach oben gereckt habe. Aua, tat richtig böse weh, also auch sehr lange nach dem Spielen.

Abhilfe:
zuerst habe ich mir ständig auf die Finger gekuckt, um mich bei Verkrampfungen zu erwischen.
Dann habe ich mir ganz viele Youtube-Videos angesehen, wo man die Hände gut sehen kann (nicht einfach zu finden, ihre etwas langweiligen aber schön deutlichen Übungen habe ich dann auch ein paar mal mitgemacht: http://www.youtube.com/watch?v=3wWY_oJw2CE )
Und dann habe ich versucht die Vorstellung zu entwickeln, das ich so einen Knetball in den Hand habe und den immer, wenn es geht schön doll zusammen drücke. Das bringt die Finger sehr schön rund in die Hand. Und dann können sie zwischendurch entspannen.

Und irgendwann war es dann weg...

Also nicht verzagen!!!! Lieber ab und zu die Hände ausschütteln!
Liebe Grüße
Cynthia

[Sesa]

Hallo Alessandra,
ich bin nun wahrlich nicht erfahrener- aber kenne darum das Problem noch so gut ;
was mir hilft:
A) ganz langweilige Zwischenübungen: Hände ausschütteln, Faust ballen, Handgelenke kreisen,...
B) die einfachen Dinge spielen, Oktaven mit rechts & links, einfache Ton-hoch-und-runter-Folgen, also Dinge, die schon ohne großes Nachdenken zu spielen sind und sich dennoch gut anhören. Bei echten Stücken ist der "Verkrampfungsfaktor" einfach lange hoch, anfangs.
C) Wie bei dir wuseln bei mir zwei kleine Übungsunterbrecher durchsLeben: zwischen zwei Stücken mal Schneiden helfen, Trinken holen oder einen Lego-Turm festhalten hilft der Hand auch...

Viel Erfolg wünscht
Sesa!

[burgfruowe]

Ah, PS:

und ich habe mich immer gefragt, ob die "Anderen" irgendwie andere Hände haben, also wirklich anatomisch den Daumen woanders angesetzt haben, oder den Ringfinger irgendwie drehen können oder so...

[bastian]

Besser als alle Lockerungsarbeiten nach dem Spielen ist wohl, zu üben, die Hand beim Spielen gar nicht erst zu verkrampfen. Alles andere bekämpft nämlich nur die Symptome, nicht die Ursache.

Also beim Spiel darauf achten, die Finger locker auf die Saiten zu legen und erst kurz vorm Abspielen anspannen. Nach dem Abspielen sofort die Kraft aus den Fingern nehmen etc.

Verkrampfen könnte auch Überforderung heißen. Ich kenne jetzt Deine Harfe (wie hoch die Saiten gespannt sind) nicht, aber evtl. hilft auch einfach Krafttraining außerhalb des Spielens. Es gibt für die Hände ein paar einfache Übungen, z.B.: 20, 30, 50x schnell hintereinander kräftig (!) eine Faust ballen und wieder entspannen.

Ein typisches Anfängerphänomen ist aber auch der Gedanke, "ich darf nix falsch machen" und dann zu versuchen, alle Finger genau "kontrollieren" zu wollen. Das führt auch gerne zu einem verkrampfteren Umgang mit der Harfe. Falls das die Ursache ist, lieber mal bewusst Fehler zulassen. Irgendwann (mit einiger Übung) tun die Finger eh genau, was sie sollen, wenn man ihnen den Freiraum einrichtet, den sie brauchen.

Sebastian

[burgfruowe]

Ein typisches Anfängerphänomen ist aber auch der Gedanke, "ich darf nix falsch machen" und dann zu versuchen, alle Finger genau "kontrollieren" zu wollen. Das führt auch gerne zu einem verkrampfteren Umgang mit der Harfe. Falls das die Ursache ist, lieber mal bewusst Fehler zulassen. Irgendwann (mit einiger Übung) tun die Finger eh genau, was sie sollen, wenn man ihnen den Freiraum einrichtet, den sie brauchen.

Ja, stimmt, innerlich hatte ich dann beschlossen, wenn ich mit den cmmsummers-Videos einmal am Tag die richtig Haltung übe, muß reichen, der Rest wird gespielt, gezupft, wie er kommt.

Ich weiß jetzt auch gar nicht, ob ich eine gute Fingerhaltung habe, aber es tut auf jeden Fall nichts mehr weh - Außer mal nach zwei Stunden die Fingerkuppen...

Grüße
Cynthia

[bastian]

Naja, ich wollte eigentlich hier keine Werbung dafür machen, mit falscher Technik zu spielen. Im Gegenteil. Mit "Fehler zulassen" meinte ich eher, auch mal falsche Saiten zu erwischen. Eine richtige Technik ist wichtig, weil sie Verspannungen und größeren Gesundheitsrisiken vorbeugt.

Sebastian

[allessandra]

Hallo,

burgfruowe, heißen Dank für die Einblicke in Dein (ehemals) junges Harfnerinnenleben !
Das half als Ermunterung schon ne ganze Menge!

Auch den anderen sei gedankt. Wenn erfahrene oder auch andere weniger erfahrene Harfenspieler sich daran erinnern beim Start ähnliche Probleme gehabt zu haben, stelle ich mir zumindest vor, dass es wohl irgendwie dazu gehört und also dran gearbeitet werden muss, um dann weiterzukommen.

Ich hatte glücklicherweise auch mal wieder eine Harfenstunde und konnte Luzinde von der Handproblematik berichten. Sie korrigierte (tadaa, ich glaube darauf wies bastian bereits hin ) zunächst mal meinen schlappen rechten Ellenbogen, dann wies sie mich darauf hin, dass mein Harfenhocker noch immer viel zu klein sei. Dann schlug sie vor im Stehen zu spielen (gute Idee! auch wenn andere mich da schon drauf brachten, hatte ich es bislang eher abgetan). Zu guter letzt sagte sie mir dann nch, dass meine Hand gar nicht sooo krampfig aussehe wie ich es befürchtete. Die Verspannungen sind da natürlich schon was anderes, aber mit einer insgesamt besseren Haltung und vor allem (ich glaube Sesa hatte das vorgeschlagen?) einfachen Fingerläufen zur Entspannung lief dann auch sofort alles schöner, runder, besser.
Phew!

Danke and Euch

allessandra

[Yoshi]

Verspannungen beim Spielen eines Musikinstrumentes fangen fast immer im Kopf an. Hilfreich ist da eigentlich immer, etwas lockerer an den ganzen Kram heranzugehen und so eine Menge Streß gar nicht erst entstehen zu lassen.

Eine gute Parallele ist auch Sport:
Kein vernünftiger Sportler würde eiskalt einen 100 Meter Sprint anreißen, schwere Muskelverletzungen wären vorprogrammiert. Langsames Aufwärmen und aufmerksames Beobachten des Bewegungsapparates ist hier extrem wichtig. Ist man vollständig auf "Betriebstemperatur" kann man sich die Dinge vornehmen die in den Bereich "persönliche Spitzenleistung" gehen - allerdings auch hier mit Vernunft. Niemals "dran reißen". Das Ziel ist immer und überall, eine harmonische, runde Bewegung zu finden die den bestmöglichen Kraftfluß ermöglicht. Es wird auch gezielt die Entspannung der beteiligten/geforderten Muskeln trainiert.
Als Abschluß kommt lockeres Abkühlen, damit tut man seinen Muskeln und seiner Konzentration auch etwas gutes.

Umgelegt auf Harfe:
Langsame Fingerübungen, ~60% der erreichbaren Geschwindigkeit. Alles geht locker ohne großartig nachdenken zu müssen (Tonleitern mit 2, 3 und 4 Fingern, Dreiklänge, Arpeggien über die ganze Harfe, Gabelgriffe, Dynamik von mP bis f)
Der Übungsteil kann dann recht frei gestaltet werden, ich habe ziemlich gerne langsame Stellen und sehr schnelles Zeugs abwechselnd geübt.
Zum Abschluß irgendwas was man richtig entspannt "runterspielen" kann, ohne großartige Wechsel der Handstellung und eher auf der ruhigen Seite.

Empfehlung für Konzertharfe:
Salzedo, Modern Study of the Harp (Flight ist die beste Etüde die ich jemals erlebt habe...)

Ich versuche immer, für mich selber die Einstellung "alles ganz easy" zu behalten - dann kann normalerweise nicht viel schiefgehen. Wird es technisch mal ein wenig anspruchsvoller sollte man sich von Zeit zu Zeit selbst aufnehmen - sehr oft fängt man an panisch zu rasen und macht das ganze dadurch nicht unbedingt lockerer/einfacher

LG

Yoshi