Panik beim spielen vor Publikum

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Cecilia
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Re: Panik beim spielen vor Publikum

Beitrag von Cecilia »

Bei mir ist das auch ein Dauerthema.
Es gibt Zeiten, da glaube ich, es im Griff zu haben, aber dann verpatze ich plötzlich so viel, dass ich es lieber gar nicht mehr machen möchte. Ich bin ja froh, dass ich vom Unterrichten lebe. Bei bis zu 25 Zuhörern geht's noch, aber so eine Kirche mit 100 Leuten voll ist schon sehr beängstigend. Es bleibt ein Abenteuer für mich.

Manchmal kommen auch Faktoren hinzu, die mit der Musik gar nichts zu tun haben (z.B. habe ich mich gerade mit einer mir nahestehenden Person gestritten) und dann bin ich so von der Rolle, dass ich der der Situation nicht gewachsen bin. Oder ich seh eine Person, die mit mir auftreten soll zum ersten Mal kurz vor dem Auftritt (z.B. bei einem Vortrag mit musikalischer Umrahmung) und diese benimmt sich total arrogant. Dann ist die Ausgangsstimmung schon schlecht.

Ich verhaue mich vor allem wenn ich entweder zu nervös bin oder mir meiner Sache zu sicher bin (dann lässt die Konzentration nach).

Manches hilft doch ein bißchen...

1) Patzer einkalkulieren. Schwund ist immer. Ein Liveauftritt ist keine CD-Aufnahme. Schlimm wird es erst dann, wenn der erste Patzer so schockiert, dass es gar nicht mehr aufhört damit.
2) Sich nicht nur übers Musik-Machen definieren. Das nimmt den Druck. Was kann ich noch? Was interessiert mich noch? Dann muss man sich nicht gleich so vernichtet fühlen, wenn etwas nicht klappt wie erwünscht.
3) Abstand nehmen vom abgedroschenen Repertoire. Wer das spielt, was alle kennen, muss die Hörerwartungen des Publikums befriedigen.
Wer Stücke spielt, die noch nie einer gehört hat (oder auch eigene), wird mit Patzern kaum auffällig (und macht vermutlich auch nicht viele).
4) Sich ein sicheres Übeterrain suchen. Z.B. Straßenmusik in einer Stadt machen, in der man nicht wohnt. Dann kann man sich denken: Die seh ich doch nie wieder und kann sich ganz frei fühlen. So ging es mir, als ich vorhatte, in ein anderes Bundesland umzuziehen. Dann macht es auch nichts, wenn man sich blamiert.
5) Statt dem "Angst-vor"-Denken lieber ein "Gelegenheit-Zu"-Denken pflegen. Gelegenheit, eigene Stücke vorzuspielen? Unbekannte Komponisten vorzustellen?
6) Daran denken, dass der Großteil des Publikums Patzer sowieso nicht mitbekommt (Das ist wirklich so). Es sei denn, man lässt es in der Körpersprache erkennen, dass man was verbockt hat. Und diejenigen, die es mitbekommen, können vermutlich nachfühlen, wie das ist.
7) Sich erinnern an Konzerte, bei denen die tollsten Musiker total baden gingen. Dreimal angefangen zu spielen, dreimal komplett rausgeflogen. Jeder hat mal einen schlechten Tag.
8) Üben :_rolleyes_: und sich von vielen Seiten her absichern (Gehör, Akkordsymbole etc.)
9) Sich auf die eigenen Stärken besinnen. Irgendeinen Grund hat man ja, selbst was vorspielen zu wollen
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bastian
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Re: Panik beim spielen vor Publikum

Beitrag von bastian »

Man kann das vor-Leuten-spielen auch sehr gut trainieren. Such Dir einen geschützten Rahmen für den Anfang. Familie, Freundeskreis etc. Mir hat es sehr geholfen, dass wir in der Kölner Harfenpicknickrunde eine obligatorische Vorspielrunde eingeführt haben. Da merkt man nämlich sehr schnell, wie unwichtig Fehler sind. Jeder verspielt sich mal und die eigenen Fehler werden als gar nicht schlimm bewertet. Solche Erfaheungen machen Mut, den Zuhörerkreis langsam zu erweitern.

Langsam steigern ist sowieso auch hier das Stichwort, denke ich. Sich nicht überfordern und dann von der "Wichtigkeit" des Gigs so beeindruckt sein, dass das Hirn wieder verkantet.

Und Gedächnistechniken helfen auch. Wenn man da sitzt und denkt "och, sch....., alles vergessen" mal eben den Liedanfang nachschlagen können. Oder Akkorde rausschreiben, die paar Buchstaben kann man als nicht-Notenschnelleser doch noch relativ fix vom Blatt erfassen.

Brücken bauen. Wenn man mit anderen zusammenspielt und aus der Zweitstimme rausfällt, weil im Gedächnis sich plötzlich ein schwarzes Loch entstanden ist (das ist mein Haupt-Lampenfieberproblem, weil ich Melodien nur auswendig spiele), statt dessen vom Blatt über die Akkorde improvisieren. Merkt im Pzblikum kein Mensch.


Ach ja: und noch eins. Üben, üben, üben, bis man selber das Gefühl hat, man beherrscht das Stück wirklich.
Grüße,
Sebastian
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Hanhan
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Re: Panik beim spielen vor Publikum

Beitrag von Hanhan »

Ich denke auch das es am besten ist nur mit kleinen Schritten dieses Problem anzugehen. Wenn man kleine Erfolge hatte kann man das Pensum steigern aber erst wenn man sich zu 1000% sicher fühlt. Blöd ist natürlich wenn man zwischen durch Misserfolge erlebt.
Dany
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Re: Panik beim spielen vor Publikum

Beitrag von Dany »

Hallo Hanhan,

natürlich sind die Vorschläge der "Kolleginnen und Kollegen" das Lampenfieber grundsätzlich anzugehen alle sehr gut. Sie wirken aber wahrscheinlich eher langfristig. Wenn Du jetzt sofort Hilfe brauchst, musst Du vielleicht einfach kreativ sein, bei Deiner Vorführung. Du könntest z. B. anstatt "live" zu spielen ein Viedeo mit Fotos vom Baukurs präsentieren, auf dem du schon vorher die Begleitmusik aufgezeichnet hast. Oder Du spielst hinter der Leinwand, auf der die Fotos vorgeführt werden, damit Du Dich nicht beobachtet fühlst. Falls Du große Bedenken hast, könntest Du ja auch jemanden anderen Bitten, die Harfe zu spielen, während Du "nur" die technischen Details erklärst, die Werkzeuge vorführst usw.. Auf jeden Fall sollten die Zuhörer das fertige Instrument irgendwie hören! können. Sonst sind sie vermutlich enttäuscht. :_wink_:
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Hanhan
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Re: Panik beim spielen vor Publikum

Beitrag von Hanhan »

Hallo Dany,

Enttäuschen will ich meine Zuhörer natürlich nicht und es kommt ja auch nicht so toll rüber wenn man garnichts hört, außerdem klingt sie wirklich toll :_wink_: Ich hatte die Idee vielleicht an meinem Präsentationstisch zu spielen den haben wir nämlich auch da wird nach der Präsentation bestimmt genug Zeit sein um vielleicht ein paar Stücke zu spielen. Dein Tipp hinter der Leinwand zu spielen kann ich leider nicht nehmen da die Fotos per Diaprotektor direkt an die Wand gespielt werden. Ich kenne zwar jemanden der auch Harfe spielt und zudem noch mein Schülermentor ist aber mit ihm hab ich ein kleines "Privates" Problem und wenn er sie spielen würde wäre das für mich auch nicht so toll.
Oliver

Re: Panik beim spielen vor Publikum

Beitrag von Oliver »

Hallo zusammen,

zum Thema ist schon vieles gesagt worden. Sehr gute Tipps.

Manchmal hilft es, mit einem Stück zu beginnen, was man sehr gut kann, was einem leicht von der Hand geht. Man muss übrigens nicht auswendig spielen! Es ist keine Schande, wenn der Notenständer vor einem steht. Auch das kann eine Erleichterung sein, selbst wenn man die Stücke eigentlich auswendig kann.

Übrigens gibt es kaum Künstler, die kein Lampenfieber haben! Reinhard Mey hat vor vielen Jahren mal ein Lied zu dem Thema gemacht. …am Ende ist alles gut!

Viele Grüße und Dir, Hanhan, alles Gute für Deinen Vortrag,
Oliver
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Hanhan
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Re: Panik beim spielen vor Publikum

Beitrag von Hanhan »

Ich hab mir gerade das Stück angehört, das ist total super übrigends habe ich jetzt doch vor ungefähr 300 Leuten gespielt obwohl ich früher nicht mal in meinem Garten gespielt habe, meine Harfenlehrerin hat mich dazu gebracht was ich total super von ihr fand. Nach meinem Vortrag wollte ich eigentlich schon von der Bühne da kam sie zu mir hoch und meinte egal ob wir uns verspielen oder Fluchen wir spielen einfach und das haben wir dann gemacht ich hatte damit garnicht gerechnet und ich hab auch gezittert aber ich hatte eine Gewisse sicherheit behalten. Hinterher war ich total stolz das ich es doch geschafft hatte und nun weiß ich das ich es auch schaffe.
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