Liebe alle,
im Folgenden möchte ich ein paar Missverständnisse und Unklarheiten bezüglich der japanischen Schöpfungsmythen und der Herkunft der kugo aus dem Weg räumen:
Die japanischen Schöpfungsmythen entstammen den beiden frühesten literarischen Aufzeichnungen Japans, dem Kojiki (古事記, wörtl. " Aufzeichnungen von alten Ereignissen") aus dem Jahr 712 und dem Nihon shoki , oder kurz: Nihongi (日本書紀, wörtl. Aufzeichnungen Japans) aus dem Jahr 720. Das Kojiki diente dazu, die Legenden über die Entstehung Japans an das eigene Volk zu vermitteln, weswegen es auch in japanischer Sprache verfasst wurde. Es war der Versuch, den Herrschaftsanspruch des Tennô durch den Verweis auf die direkte Abstammung der Kaiserfamilie zur Sonnengottheit (ACHTUNG: Man weiß nicht, ob männlich oder weiblich!) Amaterasu ômikami zu legitimieren.
Das Nihongi zählt zu den 6 Reichschroniken Japans, den rikkokushi (六国史) und wurde hingegen auf Chinesisch verfasst, um sich frei nach dem Motto "Wir haben auch eine bedeutsame Historie" vor dem hochzivilisierten China der Tang-Dynastie zu behaupten.
Die hier im Forum zitierten Quellen halte ich persönlich für sehr fragwürdig.
Einerseits findet die Schöpfung weit vor der Höhlenepisode mit Amaterasu statt. Nach einer langen Zeit, in der zahlreiche Gottheiten entstehen, erschaffen der Gott Izanagi und die Göttin Izanami die Welt, indem sie einen Speer in den Urozean stoßen, mit ihm das Wasser verquirlen und schließlich den Speer wieder aus dem Wasser ziehen. Dabei entsteht das Land. Aus der Vereinigung von Izanagi und Izanami entstehen viele andere Gottheiten, darunter auch die Sonnengottheit Amaterasu ômikami.
Viel Zeit vergeht, und nachdem der Gott Susano-o (ein böser Gesell!) die Weberin des Lichts getötet hatte, die für Amaterasu das Lichtgewand gewoben hatte, zieht sich Amaterasu erschreckt und verärgert in eine dunkle Höhle zurück, wo sie sich lange Zeit verbirgt. Damit verschwindet das Licht aus der Welt. Die anderen Götter versammeln sich vor dieser Höhle und versuchen mit unterschiedlichen Mitteln, Amaterasu wieder herauszulocken. So hängen sie verschiedene Schmuckstücke auf oder erzählen sich Geschichten, was die Neugier der Verborgenen wecken sollte. Sie führen verschiedene Rituale durch, bitten inständig usw. Von einer musikalischen Darbietung allerdings wird nichts berichtet. Was Amaterasu schließlich herauslockt: Eine Göttin macht obszöne Bewegungen, sie zeigt ihre Brüste und ihre Scham, und darüber lachen die anderen Götter. Dieses Gelächter hört auch Amaterasu in der Höhle, und neugierig kommt sie wieder heraus.
Das Kojiki und das Nihongi gibt es übrigens auch in englischer Übersetzung. Weiterhin kann ich das Buch "Die Mythen des alten Japan" von Nelly Naumann zu diesem Thema empfehlen.
Nun zum Thema Harfe in Japan: Die kugo (箜篌; auch kudaragoto (= Koto aus Kudara) genannt) ist ein Instrument, das seinen Weg von Indien über die Seidenstraße über China nach Korea fand. Der Name kugo is die japanische Aussprache der chinesischen Bezeichnung kōnghóu, und das Instrument war in Japan eher ein Kuriosum.
Im Jahre 809 kamen zwei Musikergruppen aus Korea, von denen je eine Person die kugo spielte. In den 840er Jahren fand eine Reform des Musiksystems statt, bei der die Musikinstrumente vom Festland abgeschaft wurden und damit auch die kugo.
Quelle:
http://ja.wikipedia.org/wiki/%E7%AE%9C%E7%AF%8C
In der Sammlung der Schatzkammer des Tempels Tôdaiji (Shôsôin) in Nara (wo ich übrigens ein Jahr studiert habe

) befindet sich solch ein Instrument, das als Geschenk nach Japan mitgebracht wurde. Viele wertvolle Kunstobjekte sind aus China, Korea und dem Orient nach Japan gelangt und in dieser einmaligen Sammlung gelandet.
Bitte entschuldigt diesen extrem langen Beitrag, aber ein paar Dinge musste ich einfach klar stellen.
Viele Grüße,
Susanne