κιθάρα (Kithara) und Sitar etymologisch verwandt?

Hat gar nix mit Harfen zu tun, aber du willst es trotzdem unbedingt loswerden? Dann mal los.
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Der Juergen
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κιθάρα (Kithara) und Sitar etymologisch verwandt?

Beitrag von Der Juergen »

Hundertprozentig passt es nicht in Total Off-topic (cythara anglica = »romanische« Harfe), aber einen passenderen Bereich haben wir hier nicht.

Vielleicht hat sich ja jemand schon mal Gedanken dazu gemacht und etwas gefunden:

Lässt sich eine ethymologische Verwandtschaft dieser beiden Instrumentennamen nachweisen oder vermuten?
Sitar soll vom persischen Instrument »Setar« hergeleitet sein, was einfach »Dreisaiter« heißt (tar = Saite).

Vom Wort Kythara wird auf etlichen Webseiten (ohne musik- oder sprachwissenschaftlichen Anspruch) geschrieben, die etymologische Abstammung sei »bis heute leider ungewiss«.

LG
Jürgen
Zuletzt geändert von Der Juergen am Fr 18. Jan 2013, 20:35, insgesamt 1-mal geändert.
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Capella
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Re: κιθάρα (Kythara) und Sitar etymologisch verwandt?

Beitrag von Capella »

Also, wenn ich mich jetzt mal vorsichtig und dunkel an meine Sprachhistorik-Kurse erinnere (ich hab das mal studiert, sowohl Anglistik wie auch allgemeine Sprachwissenschaften), dann müsste das lautgeschichtlich wirklich das gleiche Wort sein. Persisch und (Alt)englisch sind ja beides indoeuropäische Sprachen. Persisch (wie auch z.B. Sanskrit) ist eine sogenannte "satem-Sprache" (nach dem persischen Wort für die Zahl "hundert"), Englisch, Deutsch, Latein und Griechisch gehören (wie alle anderen westlichen indoeuropäischen Sprachen) zur Gruppe der "kentum-Sprachen" (nach dem lateinischen Wort für hundert). Gemeint ist damit einfach, dass die Sprachen der ersten Gruppe in der Regel einen "s" oder "sch" Laut haben, wo die Sprachen der zweiten ein "k" oder einen aus "k" entwickelten Laut haben.

Ich wundere mich, dass irgendwo steht, dass die Herkunft von "cythara" unklar ist. Ich bin mir nämlich sicher, dass das aus dem Altgriechischen stammt. Da heißt die Harfe κιθαρίζω (kitharizo). Der Name muss dann irgendwie als Lehnwort in die englische Sprache gekommen sein. Ich würde also vermuten, dass es ein indoeuropäisches Wort *(s)ketar gegeben hat (das * heißt, dass es ein kontruiertes, nicht an der Schriftsprache nachgewiesenes Wort ist), aus dem sich beide Wörter entwickelt haben.

Mein Prof pflegte in solchen Fällen den Vortrag abzuschließen mit den Worten: "So einfach ist Indogermanisch" :_grin_:
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Der Juergen
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Re: κιθάρα (Kithara) und Sitar etymologisch verwandt?

Beitrag von Der Juergen »

Hey Jutta,

ich wusste gar nicht (mehr?), dass du auf diesem Gebiet ne Ausbildung genossen hast. :_smile_:
Ja, dass es beides der indogermanischen Sprachenfamilie angehört, wusste ich schon, aber die Verknüpfung ist/war mir nicht klar.

Ich habe in der Schreibung allerdings einen Flüchtigkeitsfehler gemacht, der nicht ganz unbedeutend ist: »kithara« wäre richtig (»kythara« nicht).
Die latinisierte Form cythara wird beispielsweise in Martin Gerberts (in: »De cantu et musica sacra, a prima ecclesiae aetate usque at praesens tempus«, 1774) Bildzitat aus dem St.-Blasien-Manuskript (12. Jh.) verwendet um die Harfe gegen die Leier abzugrenzen (cythara anglica vs. cythara teutonica).
Oder auch in dem bekannten Bild der Herrad von Landsberg mit der Darstellung der sieben freien Künste aus der gleichen Zeit aus dem Hortus deliciarum: http://marlies.ambroggio.de/wp-content/ ... m_1180.jpg

Die kithara von der sich womöglich (?) das Wort kitharizo herleitet, war eine von mehreren griechischen Leierformen (Harfen hießen anders).
Hier ist eine schön gemachte Aufstellung, für deren Richtigkeit ich mich allerdings nicht verbürgen kann :_wink_: :
http://homoecumenicus.com/ancient_instruments.htm

Wann ist das Wort »kitharizo« denn zeitlich anzusiedeln?
In der griechischen Bibelübersetzung Septuaginta (Wikipedia: »entstand etwa von 250 v. Chr. bis 100 n. Chr. im hellenistischen Judentum, vorwiegend in Alexandria«) wird das Instrument »kinnor« (die Leier mit der David lt. Bibel den Saul geheilt hat) an eben dieser Stelle (1. Buch Samuel, 16, 16) mit »kinnyra« übersetzt.
Daneben gibt es laut MGG* für kinnor noch die Übersetzung kithara und auch noch andere.

Dass die Herkunft von »kithara« »bis heute leider ungewiss« sei, findest du auf Seiten, die wohl keinen wissenschaftlichen Anspruch haben.

Google-Suche nach:
"bis heute leider ungewiss" kithara

Danke für deinen Beitrag! :_smile_:

-----------------------------------------------------------------------
* MGG 2. Auflage, Band 1, Sp. 1516, Artikel »Biblische Musikinstrumente«
Zuletzt geändert von Der Juergen am Fr 18. Jan 2013, 20:36, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: κιθάρα (Kythara) und Sitar etymologisch verwandt?

Beitrag von Jonny Robels »

Gab's da nicht mal dieses Lied von Odysseus" die Kythara und das Meer"? :_grin_:
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Hellas! :_wink_:
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Re: κιθάρα (Kithara) und Sitar etymologisch verwandt?

Beitrag von Der Juergen »

:_cheesy_:
Offtopic:
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While my Kythara gently wheeps...
Offtopic:

nur mal so: mit Sitar gibt es die Entlehnung schon http://articles.timesofindia.indiatimes ... yogi-sitar
Und Gitarre, Zither usw. stammen natürlich von kithara ab … :_wink_:
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Re: κιθάρα (Kithara) und Sitar etymologisch verwandt?

Beitrag von li_fee »

Schönes Bild mit den Ancient Greek Instruments!
Was mich in dem Zusammenhang schon länger interessiert: All die Lyras, Phorminx, Kitharas, und ähnlichen Instrumente haben einige (wenige) offensichtlich gleichlange Saiten und eine Stimmvorrichtung ist zumindest auf den Abbildungen nicht zu erkennen. Aber die Saiten werden doch sicher nicht alle die gleiche Tonhöhe gehabt haben?! Oder waren sie einfach verschieden dick?
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Der Juergen
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Re: κιθάρα (Kithara) und Sitar etymologisch verwandt?

Beitrag von Der Juergen »

Liebe Fee,

die Frage nach den Stimmvorrichtungen ist in der Fachwelt auch nicht geklärt, eben weil sie nicht zu erkennen oder nicht eindeutig sind.
Es gibt einen Abschnitt in der MGG 2. Auflage im Artikel »Leiern«, in dem das erwähnt wird.
Ich gehe davon aus, dass die Griechen mit ihren Instrumenten verschiedene Tonhöhen spielen konnten, sie hatte ja auch Stimmsysteme auf denen aufbauend die spätantiken und mittelalterlichen Musiktheoretiker unsere begründet haben.
Mehr kann vielleicht jemand anderes beitragen.

LG, Jürgen

@ Capella: Weißt du, wann das Wort κιθαρίζω (kitharizo) aufkam? Oder wie es mit kithara verwandt ist?
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Re: κιθάρα (Kithara) und Sitar etymologisch verwandt?

Beitrag von Antonia »

Cythara, Sitar, Cister, Gitarre, Zither: Hauptsache, viel zu stimmen :_wink_:
Der Juergen hat geschrieben:
Die kithara von der sich womöglich (?) das Wort kitharizo herleitet, war eine von mehreren griechischen Leierformen (Harfen hießen anders).
Das ist interessant. Wie hießen denn dann die Harfen?


Offtopic:
Jonny Robels hat geschrieben:
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Gab's da nicht mal dieses Lied von Odysseus" die Kythara und das Meer"? :_grin_:
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Winkt da vielleicht ein neues Projekt?
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Anne
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Re: κιθάρα (Kithara) und Sitar etymologisch verwandt?

Beitrag von Anne »

Antonia hat geschrieben:Cythara, Sitar, Cister, Gitarre, Zither: Hauptsache, viel zu stimmen :_wink_:
Der Juergen hat geschrieben:
Die kithara von der sich womöglich (?) das Wort kitharizo herleitet, war eine von mehreren griechischen Leierformen (Harfen hießen anders).
Das ist interessant. Wie hießen denn dann die Harfen?


Offtopic:
Jonny Robels hat geschrieben:
Offtopic:
Gab's da nicht mal dieses Lied von Odysseus" die Kythara und das Meer"? :_grin_:
Spartas Kytharen erklingen...
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Hellas! :_wink_:
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Winkt da vielleicht ein neues Projekt?
Wobei die Stimmerei unterschiedlich ins Gewicht fällt, je nach Art der Wirbelmechanik :_wink_:
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Re: κιθάρα (Kithara) und Sitar etymologisch verwandt?

Beitrag von Der Juergen »

Antonia hat geschrieben:Wie hießen denn dann die Harfen?
Die kannst du auch auf dem Bild sehen
http://homoecumenicus.com/ancient_instruments.htm

Im unteren Teil sind unterschiedliche Instrumente abgebildet, mit Namen Epigonion


Eigentlich sind die beiden oberen links und rechts Winkelharfen, wobei die linke eine Art Vorderstange zur Stabilisierung hat.
Es gibt aber leider keinerlei Funde von Resten dieser Harfen. Möglicherweise waren es auch »Harfenpsalter«, die Bilder lassen aber eher Harfen vermuten, weil man durch die Saiten hindurchschauen kann.


Daneben gibt es Beschreibungen aber keine Abbildungen von einem Instrument namens Chordophon (lat. sambuca). In der Fachwelt unumstritten ist, dass es sich um eine horizontale Harfe handelt (MGG 2. Aufl., Band 4, Sp. 59).

Im ägäischen Raum hat die Harfe erst sehr spät Fuß gefasst (a. a. O., Sp. 60).

»Die ersten gesicherten Harfen sind auf attischen rotfigurigen Vasen aus dem späten 5. Jh. und auf süditalienischen Vasen aus dem frühen 4. Jh.* zu sehen (Herbig 1929; Behn 1954, Tafel 54/55; West 1992, S. 70–78).« (a. a. O., Sp. 59)

Die Figur mit der Harfe rechts unten ist ein sogenanntes Kykladen-Idol, aus der frühkykladischen Zeit (um 2500 v. Chr.).
Zwei davon sind übrigens im Landesmuseum in Karlsruhe.
Hier ist allerdings zu sagen, dass dieses Instrument viele Fragen aufwirft, da es keine erkennbaren Vorläufer im Umfeld hat und auch keine Nachfolger. Die Echtheit wird von manchen Archäologen in Frage gestellt. Alle Funde stammen aus ungesicherten Grabungen (a. a. O., Sp. 58).

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* jeweils v. Chr.
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