Lyra/ Leier

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HarfenEla
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Lyra/ Leier

Beitrag von HarfenEla »

Hallo,

hm, vermutlich habe ich alte Artikel im Forum übersehen, aber ich frage trotzdem gerne mal in diese Runde....

Kann mir jemand kurz den Unterschied zwischen Lyra und Leier benennen? Welche Grundstimmung(en) gibt es da? Sind das Instrumente, die eher einzeln oder im Zusammenspiel mit anderen Instrumenten gespielt werden?

Neugierige Grüße,
Ela
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Der Juergen
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Re: Lyra/ Leier

Beitrag von Der Juergen »

Grundsätzliches:
Leier ist die (auch musikwissenschaftlich) korrekte deutsche Bezeichnung für Instrumente, bei denen die Saitenebene parallel zur Klangdecke ist, und die ein sogenanntes Joch besitzen, an dem üblicherweise die Stimmvorrichtungen angebracht sind. Das Joch ist mit zwei Jocharmen mit dem Resonator verbunden.
Neben dem heute meist gebrauchten Begriff »Leier« heißt dieser Instrumententyp auch »Jochlaute«. Die heute allgemein anerkannte und gebräuchliche Klassifizierung geht auf die »Systematik der Musikinstrumente« von Hornbostel und Sachs aus dem Jahr 1914 zurück.

Leiern werden unterschieden in Zupfleiern und Streichleiern (letztere sind beispielsweise die walisische Crwth oder die nord- und osteuropäische Talharpa, diese wiederum auch unter diversen anderen Namen in verschiedenen Ländern). Zupfleiern sind bei den Sumerern übrigens fast so lange nachweisbar wie Harfen (Bogenharfen).

Nicht ganz so alt ist die erhaltene altägyptische Leier, die ich hier im Forum mal vor knapp viereinhalb Jahren gezeigt habe.

Im Englischen heißt dieser Instrumententyp »lyre«, im Französischen »lyre«.
Hier erkennt man schon leicht die etymologische Verwandtschaft zum ambigen Begriff »Lyra«.

Der wurde in der Geschichte (und auch heute) immer mal für Leiern verwendet, aber auch für andere Instrumente, wie beispielsweise mit Bogen gespielte Halsinstrumente.
Ein Beispiel aus Martin Gerbert »De cantu et musica sacra«, hier heißt die Harfe »Cythara anglica«, die Leier »Cythara teutonica« die große Drehleier »Organistrum« und das Hals-Streichinstrument »Lyra«.

Bild

Heute trennt sich die Community der Leier-Spielenden in Freunde/Freundinnen der historischen Leiern und in die moderner Leiern, die keine historischen Vorbilder haben (aber natürlich den obigen Merkmalen der Jochlauten/Leiern Genüge tun).

Zu den sehr unterschiedlichen Stimmungen der sehr verschiedenen Leiern solltest du Musiker/innen befragen, die den jeweiligen (historischen oder modernen) Typ deines Interesses spielen.
Hier empfehle ich ausdrücklich (!) die beiden Facebook-Gruppen »The Lyre – Historical« und »The Lyre – Modern«.
#HarpistsForFuturewww.harfenzeit.dewww.harfenbaukurs.de • harfenwinter.de • harfensommer.de • harfenmai.de
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Re: Lyra/ Leier

Beitrag von HarfenEla »

Der Juergen hat geschrieben: Di 24. Jan 2023, 10:40 Grundsätzliches:
Leier ist die (auch musikwissenschaftlich) korrekte deutsche Bezeichnung für Instrumente, bei denen die Saitenebene parallel zur Klangdecke ist, und die ein sogenanntes Joch besitzen, an dem üblicherweise die Stimmvorrichtungen angebracht sind. Das Joch ist mit zwei Jocharmen mit dem Resonator verbunden.
Neben dem heute meist gebrauchten Begriff »Leier« heißt dieser Instrumententyp auch »Jochlaute«. Die heute allgemein anerkannte und gebräuchliche Klassifizierung geht auf die »Systematik der Musikinstrumente« von Hornbostel und Sachs aus dem Jahr 1914 zurück.

Leiern werden unterschieden in Zupfleiern und Streichleiern (letztere sind beispielsweise die walisische Crwth oder die nord- und osteuropäische Talharpa, diese wiederum auch unter diversen anderen Namen in verschiedenen Ländern). Zupfleiern sind bei den Sumerern übrigens fast so lange nachweisbar wie Harfen (Bogenharfen).

Nicht ganz so alt ist die erhaltene altägyptische Leier, die ich hier im Forum mal vor knapp viereinhalb Jahren gezeigt habe.

Im Englischen heißt dieser Instrumententyp »lyre«, im Französischen »lyre«.
Hier erkennt man schon leicht die etymologische Verwandtschaft zum ambigen Begriff »Lyra«.

Der wurde in der Geschichte (und auch heute) immer mal für Leiern verwendet, aber auch für andere Instrumente, wie beispielsweise mit Bogen gespielte Halsinstrumente.
Ein Beispiel aus Martin Gerbert »De cantu et musica sacra«, hier heißt die Harfe »Cythara anglica«, die Leier »Cythara teutonica« die große Drehleier »Organistrum« und das Hals-Streichinstrument »Lyra«.

Bild

Heute trennt sich die Community der Leier-Spielenden in Freunde/Freundinnen der historischen Leiern und in die moderner Leiern, die keine historischen Vorbilder haben (aber natürlich den obigen Merkmalen der Jochlauten/Leiern Genüge tun).

Zu den sehr unterschiedlichen Stimmungen der sehr verschiedenen Leiern solltest du Musiker/innen befragen, die den jeweiligen (historischen oder modernen) Typ deines Interesses spielen.
Hier empfehle ich ausdrücklich (!) die beiden Facebook-Gruppen »The Lyre – Historical« und »The Lyre – Modern«.
Dankeschön, Jürgen, für die vielen Informationen darüber! Heute war ich den ganzen Tag nur unterwegs, so dass ich es gerade zwar zwei Mal gelesen habe, aber morgen ist mehr Zeit, um auch den Hinweisen/ Links nachzugehen und die Informationen nochmals wirken zu lassen.

Also nochmals: Dankeschön, freue mich!
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Re: Lyra/ Leier

Beitrag von Der Juergen »

HarfenEla hat geschrieben: Di 24. Jan 2023, 21:49Dankeschön, Jürgen, für die vielen Informationen darüber! Heute war ich den ganzen Tag nur unterwegs, so dass ich es gerade zwar zwei Mal gelesen habe, aber morgen ist mehr Zeit, um auch den Hinweisen/ Links nachzugehen und die Informationen nochmals wirken zu lassen.

Also nochmals: Dankeschön, freue mich!
Gern, und falls du weitere Fragen hast … :_cheesy_:

Der Kreis der Freunde und Freundinnen der historischen Leiern wächst gerade ziemlich stark. Im vergangenen Jahr konnte ich durch einen Vortrag an der Uni Tübingen eine Studentin mit dazu anregen, ihre Bachelorarbeit über Musikinstrumente in der mittelalterlichen Literatur zu schreiben.
Bemerkenswert ist, dass in den frühmittelalterlichen sogenannten »Sängergräbern« häufiger Waffen zusammen mit Leiern gefunden wurden.

Ein sehr empfehlenswertes Büchlein (leider immer noch vergriffen und nicht wieder aufgelegt):
Mit Leier und Schwert – Das frühmittelalterliche „Sängergrab“ von Trossingen von Barbara Theune-Großkopf
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Re: Lyra/ Leier

Beitrag von HarfenEla »

Der Juergen hat geschrieben: Di 24. Jan 2023, 23:51
HarfenEla hat geschrieben: Di 24. Jan 2023, 21:49Dankeschön, Jürgen, für die vielen Informationen darüber! Heute war ich den ganzen Tag nur unterwegs, so dass ich es gerade zwar zwei Mal gelesen habe, aber morgen ist mehr Zeit, um auch den Hinweisen/ Links nachzugehen und die Informationen nochmals wirken zu lassen.

Also nochmals: Dankeschön, freue mich!
Gern, und falls du weitere Fragen hast … :_cheesy_:

Der Kreis der Freunde und Freundinnen der historischen Leiern wächst gerade ziemlich stark. Im vergangenen Jahr konnte ich durch einen Vortrag an der Uni Tübingen eine Studentin mit dazu anregen, ihre Bachelorarbeit über Musikinstrumente in der mittelalterlichen Literatur zu schreiben.
Bemerkenswert ist, dass in den frühmittelalterlichen sogenannten »Sängergräbern« häufiger Waffen zusammen mit Leiern gefunden wurden.

Ein sehr empfehlenswertes Büchlein (leider immer noch vergriffen und nicht wieder aufgelegt):
Mit Leier und Schwert – Das frühmittelalterliche „Sängergrab“ von Trossingen von Barbara Theune-Großkopf
Dankeschön, das ist sehr interessant!!
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Re: Lyra/ Leier

Beitrag von Der Juergen »

HarfenEla hat geschrieben: Sa 28. Jan 2023, 08:31Dankeschön, das ist sehr interessant!!
Gern, hier noch ein besonderes Bildzitat:

Die sogenannte Köln-Leier, die in einem Grab unter der Kirche St. Severin (Grabungen ab 1938) gefunden wurde, befand sich, der Zeichnung der Fundstelle zufolge, ebenfalls neben einer Waffe. Zumindest interpretiere ich das Objekt als Speerspitze und etwas weiter oben als ein Fragment des Speerschaftes. Leider lässt sich der Text in der Zeitschrift nicht explizit auf diese Waffe ein, und auch Fotos der Grabung sind hier nicht erhellend (im wahrsten Sinn des Wortes).

Abgedruckt ist diese Zeichnung in einem Zeitschriftenband aus dem Jahr 1943:
IPEK – Jahrbuch für prähistorische & ethnographische Kunst, Jahrgänge 1941–1942, 15. und 16. Band, Walter de Gruyter & Co., Berlin 1943
Diesen seltenen Zeitschriftenband konnte ich vor gut einem Jahr antiquarisch erwerben. In der Deutschen Nationalbibliothek in Leipzig befindet sich dem Katalog zufolge ein weiteres Exemplar. Ich vermute, dass die Uni Köln irgendwo auch eines haben dürfte.

Der Archäologe Fritz Fremersdorf (1894–1983) hat die Ausgrabungen in dem Artikel »Zwei wichtige Frankengräber aus Köln« beschrieben. Tafel 49b zeigt die zitierte Zeichnung (hier ein Ausschnitt).

Der rote Pfeil ist eine Hinzufügung meinerseits.*

Leider ist diese Leier durch Kriegseinwirkung komplett verloren, somit gibt es nur noch die Bild- und Textdokumente der Ausgrabungen und der Artefakte.

Bild

Bildzitat (siehe Text), Scan: Jürgen Steiner

* Dieser Hinweis ist bei Verwendung von Bildzitaten rechtlich notwendig!
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Re: Lyra/ Leier

Beitrag von HarfenEla »

Der Juergen hat geschrieben: Sa 28. Jan 2023, 12:41
HarfenEla hat geschrieben: Sa 28. Jan 2023, 08:31Dankeschön, das ist sehr interessant!!
Gern, hier noch ein besonderes Bildzitat:

Die sogenannte Köln-Leier, die in einem Grab unter der Kirche St. Severin (Grabungen ab 1938) gefunden wurde, befand sich, der Zeichnung der Fundstelle zufolge, ebenfalls neben einer Waffe. Zumindest interpretiere ich das Objekt als Speerspitze und etwas weiter oben als ein Fragment des Speerschaftes. Leider lässt sich der Text in der Zeitschrift nicht explizit auf diese Waffe ein, und auch Fotos der Grabung sind hier nicht erhellend (im wahrsten Sinn des Wortes).

Abgedruckt ist diese Zeichnung in einem Zeitschriftenband aus dem Jahr 1943:
IPEK – Jahrbuch für prähistorische & ethnographische Kunst, Jahrgänge 1941–1942, 15. und 16. Band, Walter de Gruyter & Co., Berlin 1943
Diesen seltenen Zeitschriftenband konnte ich vor gut einem Jahr antiquarisch erwerben. In der Deutschen Nationalbibliothek in Leipzig befindet sich dem Katalog zufolge ein weiteres Exemplar. Ich vermute, dass die Uni Köln irgendwo auch eines haben dürfte.

Der Archäologe Fritz Fremersdorf (1894–1983) hat die Ausgrabungen in dem Artikel »Zwei wichtige Frankengräber aus Köln« beschrieben. Tafel 49b zeigt die zitierte Zeichnung (hier ein Ausschnitt).

Der rote Pfeil ist eine Hinzufügung meinerseits.*

Leider ist diese Leier durch Kriegseinwirkung komplett verloren, somit gibt es nur noch die Bild- und Textdokumente der Ausgrabungen und der Artefakte.

Bild

Bildzitat (siehe Text), Scan: Jürgen Steiner

* Dieser Hinweis ist bei Verwendung von Bildzitaten rechtlich notwendig!
Interessant auch, dass - und wie- sich die heutigen käuflichen Formen der Leiern unterscheiden!

Manche ähneln von der Form her der im Kölner Grab gefundenen Leier (bzw deren Zeichnung), manche haben eher eine bauchige Form.

Als Laie hätte ich (trotz des Namens) die große Drehleier nicht der Gattung der Leiern zugeordnet, weil sie sich optisch so stark von dem unterscheidet, wie "ich mir eine Leier vorstelle. Auch der Klang unterscheidet sich doch stark voneinander, richtig?
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Re: Lyra/ Leier

Beitrag von Der Juergen »

HarfenEla hat geschrieben: Sa 28. Jan 2023, 13:18Interessant auch, dass - und wie- sich die heutigen käuflichen Formen der Leiern unterscheiden!

Manche ähneln von der Form her der im Kölner Grab gefundenen Leier (bzw deren Zeichnung), manche haben eher eine bauchige Form.
Ja, eine sehr häufig »nachgebaute« Leier ist die aus dem angelsächsischen Schiffsgrab von Sutton Hoo.
Wobei hier der gesamte Resonator unterhalb der Jocharme rekonstruiert werden musste, weil er bei den Ausgrabungen Ende der 1920er Jahre nicht gerettet werden konnte.
Dieser Leiertyp ähnelt etwas den in Deutschland gefundenen Leiern. Mit Abstand am vollständigsten erhalten ist die Trossinger Leier, die im erwähnten Büchlein von Barbara Theune-Großkopf besprochen ist.

Als Laie hätte ich (trotz des Namens) die große Drehleier nicht der Gattung der Leiern zugeordnet, weil sie sich optisch so stark von dem unterscheidet, wie "ich mir eine Leier vorstelle. Auch der Klang unterscheidet sich doch stark voneinander, richtig?
Exakt, genau hier haben wir das Problem, dass öfter mal nicht drin ist, was draufsteht (um es flapsig auszudrücken). Das ist analog zu Benennungen als »Harfe«, obwohl die zentrale Voraussetzung »senkrecht zur Klangdecke stehende Saitenebene« nicht erfüllt ist: Nyckelharpa, Talharpa, Tischharfe (gemeint hier oft eine Konzertzither) usw.
Die Leiern heißen ja auch Jochlauten (siehe Hornbostel und Sachs, 1914), und da kommt das entscheidende Bauteil, das Joch, namentlich vor.

Die Drehleier des Typs Organistrum gehört innerhalb der Hornbostel-Sachs’schen Systematik zu den Kastenhalslauten, wie die Gitarre, Geige usw. (andere, spätere Typen zu den Schalenhalslauten).
Sie wird durch das Rad (mittels der Kurbel) betrieben, das die Saite(n) in Schwingung versetzt. Am Hals befinden sich Tasten, durch die die Saiten ebenso verkürzt werden, wie bei anderen Halsinstrumenten (Geige, Laute, Nyckelharpa …). Die Drehleier ist ein Streichinstrument mit »Endlosbogen«.
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Re: Lyra/ Leier

Beitrag von HarfenEla »

Der Juergen hat geschrieben: Sa 28. Jan 2023, 14:22
HarfenEla hat geschrieben: Sa 28. Jan 2023, 13:18Interessant auch, dass - und wie- sich die heutigen käuflichen Formen der Leiern unterscheiden!

Manche ähneln von der Form her der im Kölner Grab gefundenen Leier (bzw deren Zeichnung), manche haben eher eine bauchige Form.
Ja, eine sehr häufig »nachgebaute« Leier ist die aus dem angelsächsischen Schiffsgrab von Sutton Hoo.
Wobei hier der gesamte Resonator unterhalb der Jocharme rekonstruiert werden musste, weil er bei den Ausgrabungen Ende der 1920er Jahre nicht gerettet werden konnte.
Dieser Leiertyp ähnelt etwas den in Deutschland gefundenen Leiern. Mit Abstand am vollständigsten erhalten ist die Trossinger Leier, die im erwähnten Büchlein von Barbara Theune-Großkopf besprochen ist.

Als Laie hätte ich (trotz des Namens) die große Drehleier nicht der Gattung der Leiern zugeordnet, weil sie sich optisch so stark von dem unterscheidet, wie "ich mir eine Leier vorstelle. Auch der Klang unterscheidet sich doch stark voneinander, richtig?
Exakt, genau hier haben wir das Problem, dass öfter mal nicht drin ist, was draufsteht (um es flapsig auszudrücken). Das ist analog zu Benennungen als »Harfe«, obwohl die zentrale Voraussetzung »senkrecht zur Klangdecke stehende Saitenebene« nicht erfüllt ist: Nyckelharpa, Talharpa, Tischharfe (gemeint hier oft eine Konzertzither) usw.
Die Leiern heißen ja auch Jochlauten (siehe Hornbostel und Sachs, 1914), und da kommt das entscheidende Bauteil, das Joch, namentlich vor.

Die Drehleier des Typs Organistrum gehört innerhalb der Hornbostel-Sachs’schen Systematik zu den Kastenhalslauten, wie die Gitarre, Geige usw. (andere, spätere Typen zu den Schalenhalslauten).
Sie wird durch das Rad (mittels der Kurbel) betrieben, das die Saite(n) in Schwingung versetzt. Am Hals befinden sich Tasten, durch die die Saiten ebenso verkürzt werden, wie bei anderen Halsinstrumenten (Geige, Laute, Nyckelharpa …). Die Drehleier ist ein Streichinstrument mit »Endlosbogen«.
Danke für die weiterführenden Informationen!

Bei der Drehleier finde ich die von Dir genannte Bezeichnung "Streichinstrument mit Endlosbogen" sehr zutreffend und den Mechanismus zur Tonerzeugung faszinierend, da hat sich jemand wirklich viele Gedanken bei der Erfindung gemacht.

Auch hätte ich Nyckelharpa und Tischharfe nicht der Gattung der Harfen zugerechnet!

Nyckelharpa und Psalter würde ich - ohne es genau zu wissen- ebenso den Streichinstrumenten zuordnen?
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Re: Lyra/ Leier

Beitrag von Der Juergen »

HarfenEla hat geschrieben: Sa 28. Jan 2023, 14:37Auch hätte ich Nyckelharpa und Tischharfe nicht der Gattung der Harfen zugerechnet!
Nun, eine Tischharfe ist eine Harfe, nur dass die Kastenzither alpenländischer Bauart öfter auch so bezeichnet wird (ohne eine Harfe zu sein).
Hier hatte ich schon mal ein Foto einer Tischharfe aus dem Grassi-Museum in Leipzig gepostet.
Nyckelharpa und Psalter würde ich - ohne es genau zu wissen- ebenso den Streichinstrumenten zuordnen?
Die Nyckelharpa ist ein Streichinstrument, sie wir mittels eines Bogens gestrichen.
Wobei Streich- und Zupfinstrumente (als Chordophone/Saiteninstrumente) in der Hornbostel-Sachs-Systematik nicht zur Klassifizierung herangezogen werden.

Das Psalterium ist eine Kastenzither, es wird durch Anreißen der Saiten gezupft, oder durch Klöppel angeschlagen.
Das moderne Instrument »Streichpsalter (im letzten Jahrhundert erfunden), wird mit einem Bogen gespielt, es ist organologisch aber nach wie vor eine Kastenzither, wie die historischen Kastenzithertypen.
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