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Oberflächenbehandlung einer (Selbstbau-)Harfe

Verfasst: So 15. Feb 2009, 18:21
von Lavender
Hallo Harfenbegeisterte,

ich bin sehr spontan zu einem Bausatz einer "Limerick" von Harpkit.com gekommen. Nun möchte ich ein Instrument daraus bauen und bin mir in einigen Punkten unsicher.

Was nehme ich zur Oberflächenbehandlung? Ich habe mal im Forum gestöbert und einen drei Jahre alten Thread gefunden, der mich aber verunsichert zurückgelassen hat. Soll ich meine Harfe ölen? Verändert das Öl meine Harfe? Wenn ja, wie?
Oder soll ich lieber Öllack (aus dem Geigenbau) verwenden?

Schellack kommt für mich nicht in Frage. Grundsätzlich würde ich mir eine Verarbeitung zutrauen, aber nicht als Erstversuch an einer Harfe.

Was mache ich mit dem Soundboard? Wie wird das behandelt? Oder gar nicht, damit es besser klingt?

Ich möchte gerne das Soundboard ein wenig verzieren. Nicht komplett zumalen, eher kleine Strichzeichnungen. Was nehme ich für Farben? Ich dachte an Farbe aus dem Modellbau. Oder ist farbige Beize besser?
Wird das Soundboard nach der Oberflächenbehandlung bemalt? Oder vorher? Auf einer geölten Fläche wird wohl kaum noch Farbe haften.

Kann mir jemand aus seinen Erfahrungen berichten? Was verwendet ihr z.B. bei den Baukursen? Welche Materialien verwendet ihr?
Ich würde mich freuen, wenn ihr mir ein wenig weiterhelfen könntet.

Harfende Grüße aus Hannover
Melanie

Re: Oberflächenbehandlung einer (Selbstbau-)Harfe

Verfasst: So 15. Feb 2009, 18:26
von kaffeekanne
Hey, hast du den Bausatz bei ebay gekauft? Ca. 250 Euro (Sofortkauf)......

Ich hatte den auch auf meiner Watch, nachdem ich mir die englische Bauanleitung dann durchgelesen hatte (die gibts schon im Internet), war mir klar, dass ich Laie das nicht schaffen werde...

Ich wünsche dir viel Erfolg und Freude beim Spielen :_cheesy_:

Re: Oberflächenbehandlung einer (Selbstbau-)Harfe

Verfasst: So 15. Feb 2009, 21:30
von bastian
Hallo,

Farbe: Beize zieht ins Holz ein und zieht sich auch in Faserrichtung weiter. Für Zeichnungen, Symbole oder keltische Knoten nur geeignet, wenn man z.B. vorher die Holzfasern mit einem Schnitzmesser durchtrennt, aber auch dann kein 100%iger Schutz vor Verlaufen. Auf der Schalldecke würde ich außerdem nicht mit nem Messer rumkratzen. Für großflächige Anwendung ist Beize jedoch das Mittel der Wahl, weil die Holzstruktur dann schön erhalten bleibt. Beize ist aber nur eine Farbveränderung, kein Oberflächenschutz. Dazu später mehr. Dabei fällt mir gerade noch ein, Andre Schubert von der Klangwerkstatt behandelt das Holz ggf. schonmal mit Gelantine (die ausm Supermarkt) vor. Die zieht dann in die Faser und die Beize kann nicht mehr so leicht verlaufen. Könnte man an einem Reststück evtl. mal ausprobieren.

Ich hab noch keine Harfe bemalt, aber ich würde mal Temperafarben ins Auge fassen. Plakafarbe ist ohne anschließende Klarlackbehandlung nicht wasserfest (auch wenn Du nicht im Regen spielst, aber manchmal schwitzen ja auch die Finger). Acryl ginge, gefühlsmäßig würd ich aber sagen: passt nicht zur Natürlichkeit des Holzes. Ölfarben gehen wohl auch. Öl und Tempera kann man auch gut in der gewünschten Konsistenz anrühren, dass sie nicht ins Holz reinziehen, aber auch nicht dick auf der Oberfläche aufliegen. Auch hier: an Reststücken ausprobieren.

Endbehandlung: Auf jeden Fall. Das Holz ist sonst sehr schmutzanfällig und auch verletzlicher. Meine Harfe ist geölt (2x) und dann mit Bohnerwachs versiegelt. Das Öl (bitte kein Olivenöl, sondern ein Holzöl, das ausharzen kann) soll in das Holz einziehen, also nicht an der Oberfläche liegen bleiben, überschüssiges Öl vor dem Trocknen wegwischen. Macht das Holz härter und widerstandsfähiger. Durch das Öl wird die Farbe des Holzes auch etwas wärmer/dunker/satter, was ich als schön empfinde.Das Wachs wird nach der Aushärtung des Öles aufgetragen und einpoliert und verschließt dann die Poren. Ich hab es mit einem Reststück ausprobiert: Unter den Wasserhahn gehalten perlt das Wasser komplett ab. Coole Sache.
Klarlack geht bestimmt auch, macht aber die Oberfläche komplett zu. Und: eine Öl-/Wachsbehandlung kann und muss man auffrischen. Eine Lackbehandlung müsste erst wieder ab- oder zumindest angeschliffen werden (wodrunter dann die farbliche Behandlung auch leiden würde). Bei Öl/Wachs braucht du nicht schleifen. Und dann wieder das selbe Argument wie oben: Ich finde Öl/Wachs passt besser zur Natürlichkeit des Holzes.

Schellack find ich auch gar nicht so doof, was spricht dagegen?

Grundsätzlich: Erst den Endschliff, dann die Farbe, zuletzt die Versiegelung.

Bernhard hat dazu aber bestimmt auch noch ein paar Kniffe auf Lager.

Sebastian

Re: Oberflächenbehandlung einer (Selbstbau-)Harfe

Verfasst: Mo 16. Feb 2009, 11:08
von Oliver
Hallo!

Das ist ja nun interessant. Ich glaube, zu diesem Thema gab es mal eine recht lange Diskussion hier im Forum.

Als ich meine Klangwerkstattharfe gebaut habe, wurde sie im Kurs zunächst nur geölt. Andrès Empfehlung war, sie nach einiger Zeit erneut zu ölen. Evtl. vorher kurz fein anschleifen, damit die Oberfläche noch glatter wird. (Geölte Flächen fressen übrigens viel Schleifpapier!) Anschließend könne man noch ein Wachs aufbringen, um die Harfe besser zu schützen. Das habe ich auch getan. Ob sich der Klang dadurch verändert hat, kann ich nicht mehr sagen. Ist schon zu lange her.

Was ich allerdings gemerkt habe, ist, dass die Oberfläche nicht so unempfindlich ist, wie man sich das vielleicht wünscht. Ich bin sehr pingelig mit meiner Harfe und wasche mir vor jedem Spiel die Hände, damit ich möglichst wenig Schmutz an die Saiten bringe. Dennoch stelle ich fest, dass sich mehr und mehr Schmutz in die Wachsschicht einarbeitet nämlich genau dort, wo ich die Harfe sehr häufig berühre. Auch der Bereich, wo die Harfe an der Schulter anlehnt, ist davon betroffen.

Die Meinungen, welche Oberflächenbehandlung denn nun DIE Richtige ist, sind wohl breit gefächert, wobei der Teufel im Detail steckt. Einig sind sich die meisten allerdings darin, dass man die Oberfläche in irgend einer Art und Weise schützen muss.

Als ich vergangenes Jahr bei einem Klangwerkstattbaukurs vorbeigeschaut habe, meine ich gesehen zu haben, dass André nun ein spezielles Mittel verwendet. Es soll sozusagen Öl und Wachs in einem sein. Mehr kann ich dazu leider nicht sagen.

Viele Grüße
Oliver

Re: Oberflächenbehandlung einer (Selbstbau-)Harfe

Verfasst: Mo 16. Feb 2009, 11:19
von Oliver
Bernhard hat geschrieben:Früher waren wir Harfenbauer fast alle mal der Ansicht, dass wenig Oberflächenbehandlung und Wachs die beste Art wäre. Nun, heute bin ich der Ansicht, dass Wach die ungünstigste Oberflächenbehandlung überhaupt ist. Wachs bleibt immer irgendwie etwas zäh-elastisch. Wirkt also dämpfend auf die Schwingung des Holzes...
Hallo Bernhard,

das finde ich nun interessant. Allein von der Vorstellung ist es natürlich so, dass ich ein zähes, auftragendes Medium auf das Holz bringe, was die Eigenschaften des Gesamtgebildes verändert. Öl wird, sofern es nicht in großen Mengen aufgetragen wird, vom Holz aufgesogen und verbleibt nicht oder nur zu geringen Teilen an der Oberfläche. Wachs, Lacke oder sonstige auftragende Medien bleiben mehr an der Oberfläche und bringen eine zusätzliche Schicht auf, die das Schwingungsverhalten sicherlich beeinflussen.

Zäh-elastisch... hmmm... Ich glaube, ich weiß schon so ungefähr, was Du meinst. Wie so eine Honigschicht, die die Schwingung nicht vollständig, vielleicht sogar verzögert und nicht so klar überträgt, um es mal übertrieben darzustellen.

Ob sich die Wachsschicht nun negativ auf meine Harfe ausgewirkt hat, weiß ich nicht. Die Oberfläche ist jedenfalls viel schöner geworden durch das Wachs *lächel* Wie es bei meiner nächsten Harfe aussehen wird, weiß ich noch nicht.

Viele Grüße
Oliver

P.S. Hier gibt es ein paar Infos zum von Bernhard genannten Naturöl.

Re: Oberflächenbehandlung einer (Selbstbau-)Harfe

Verfasst: Mo 16. Feb 2009, 16:42
von bastian
Hallo Oliver:
bezüglich Schnutz auf der Wachsschicht meinte Andre im Baukurs, dass man dann das Wachs wieder entfernen und neu auftragen kann. Wenn ich noch wüsste, wie man das Wachs wieder runterbekommt, würde ichs hier reinschreiben, leider ist es mir entfallen. War irgendwie ganz einfach. Frag doch einfach mal bei der Klangwerkstatt nach.

Hallo Bernhard:
interessantes Zeugs, das.

Sebastian

Re: Oberflächenbehandlung einer (Selbstbau-)Harfe

Verfasst: Mo 16. Feb 2009, 18:00
von Jonny Robels
Also ich habe meine Harfen mit Bootslack lackiert. Das macht Wetterfest und der Klang wird etwas lauter und brillianter. was bei Metallsaiten okay ist. Wahrscheinlich weil die Oberfläche starrer wird, sodaß die Schwingung besser übertragen wird.
Jonny

Re: Oberflächenbehandlung einer (Selbstbau-)Harfe

Verfasst: Mo 16. Feb 2009, 19:26
von mygga
Berhard, die Iona wächst noch mal in meiner Achtung. So viel Arbeit, die sich für eine handschmeichelweiche Oberfläche wirklich gelohnt hat.

Mygga

Re: Oberflächenbehandlung einer (Selbstbau-)Harfe

Verfasst: Mo 16. Feb 2009, 19:55
von Lavender
Jonny Robels hat geschrieben:Also ich habe meine Harfen mit Bootslack lackiert. Das macht Wetterfest und der Klang wird etwas lauter und brillianter. was bei Metallsaiten okay ist.
Hallo Jonny,

also an Bootslack habe ich noch gar nicht gedacht. Nächstes Wochenende baue ich einen Rolltisch für mein Kajak, da bleibt bestimmt was von dem guten Lack übrig.... :_wink_: Vielleicht macht sich der Tisch ganz gut als Instrumentenständer für die kleine Harfe? Ich sollte das Design der beiden "Möbelstücke" angleichen.
Entschuldige bitte, wenn mir die Bootslackvariante ein leichtes Schmunzeln entlockt. Aber ich bewundere deine pragmatische Einstellung und glaube dir gern, dass es für Deine Harfen eine sinnvolle Oberflächenbehandlung ist.

Ich finde es gerade toll, wie viele Antworten ich auf meine Fragen erhalte. Vielen Dank für Eure Hilfe,

Melanie

Re: Oberflächenbehandlung einer (Selbstbau-)Harfe

Verfasst: Mo 16. Feb 2009, 20:33
von Lavender
Bernhard hat geschrieben:die einfachste und unkomplizierteste Lösung für eine Oberfläche ist die Verwendung von
Siegel Öl. Dies ist noch einen Tupfen besser als das sogenannte Hartöl.
Also, ich verwende von Livos >KUNOS-Naturöl-Siegel
Hallo Bernhard,
ich bin dir sooo dankbar für Deine Antwort. Mit den Ölen von der Firma Livos habe ich nämlich schon geliebäugelt. Wenn ich mein Instrument (ich hoffe doch, daß sich aus den Holzteilen mal so was entwickelt) beim Spielen umarme und intensiven Kontakt mit ihm habe, dann möchte ich nicht dran kleben bleiben oder irgendwelche Giftstoffe aufnehmen. Ich war mir im Vorfeld unsicher, ob ein Hartöl die richtige Wahl ist, oder ob es das Holz zu sehr "beschwert".
Da ich deine Harfen und ihre wunderschönen Oberflächen kenne, ist meine Entscheidung wohl gefallen. Ich will auch versuchen, so eine schöne Oberfläche hinzubekommen.
Bernhard hat geschrieben:Schelllack zu verarbeiten ist eine hohe Kunst des Lackierens. Wer das nicht wirklich kann bekommt mit Schellack eine absolut hässlichen speckigen Glanz und alles sieht verbarzt aus.
Eine Schelllack Mattierung ist einfacher , aber das sollte man auch erst üben.
Genau, und weil mir die Übung fehlt, habe ich Schellack ganz schnell von der Liste der Möglichkeiten gestrichen.
Bernhard hat geschrieben:Ob man Beize verwenden möchte um Holz zu färben, sollte man sich sehr gut überlegen.
Ich möchte das Holz der Harfe auch nicht beizen. Sie ist aus wunderschönem Kirschbaumholz, dessen Struktur ich mit der Oberflächenbehandlung noch ein wenig beflammen möchte. Ich dachte daran, mit der Beize die Klangdecke zu bemalen, sie im Grunde wie Wasserfarben zu benutzen. Ich wußte aber nicht, daß die Beize die Neigung zum Kriechen hat. Ich wollte eine "leichte" Farbe nehmen, weil es heißt, die Klangdecke soll möglicht wenig behandelt werden, weil sie das wichtigste Klangelement der Harfe ist.
Gehe ich richtig in der Annahme, dass ich die Klangdecke auch öle, aber nur von der Vorderseite?

Ich möchte die Klangdecke ein wenig verzieren, weil sie der Teil ist, den man beim Spielen sehen kann. Die Rückseite des Korpus ist beim Spielen verdeckt. Dann kann man die Verzierungen doch gar nicht sehen.

@Sebastian: die Idee mit der Gelatine finde ich skurril. Als Pharmazeutin kenne ich die Eigenschaften dieses Stoffes und das macht mich ein wenig skeptisch. Die Auswirkungen auf die Malerei leuchten mir ein. Aber was passiert mit dem Zeug, wenn ich meine natürlicherweise feuchtwarme Hand längere Zeit an eine Stelle halte? (Ich muss da gerade an Gummibärchen in Kinderhänden denken...) Ich lasse mich gerne eines Besseren belehren. Vielleicht ist ja jemand mit einer gelatinebehandelten Harfe auf dem Harfentreffen?

Ganz herzliche Grüße und vielen Dank für Eure Antworten.

Melanie,
die jetzt wieder an Ihrem Harfenbausatz schleifen geht