Musikempfehlungen für Harfe und Ehrenamt

[Murgröna]

Hallo Gleichgesinnte,

ich habe vor, mit der Harfe ehrenamtlich für die Bewohner eines Altenheims, das bei mir ganz in der Nähe ist, zu spielen. Ein Ehrenamt wollte ich auf jeden Fall aufnehmen, und seit ich Harfe spiele und immer wieder höre und merke, wie sehr man Menschen (inklusive sich selbst!) damit begeistern und berühren kann, habe ich beschlossen, beides miteinander zu verbinden.

Jetzt frage ich mich, ob jemand von Euch bereits Erfahrungen damit gemacht hat, besonders auch, was das Repertoire angeht.
Ich selbst habe erst seit ca. einem Dreivierteljahr Unterricht, und damit eben noch keinen wahnsinnig großen Schatz an vorspielbaren Stücken. Die meisten, die ich kann sind - außer den Weihnachtsliedern - entweder irisch oder schwedisch, und manche auch eher aus dem Folk-Bereich (Omnia).

Ich könnte mir vorstellen, daß das den Leuten wohl auch gefällt, aber ich frage mich, ob dann nicht eher etwas Traditionelles erwartet wird, wie z.B. deutsche Volks- und Wanderlieder oder ähnliches.

Habt Ihr dazu Ideen oder Vorschläge, was man spielen sollte/könnte, oder vielleicht sogar Empfehlungen für passende Noteneditionen? Ich bin für jeden Hinweis dankbar, aber auch sehr an Euren Erfahrungen zum Thema Harfe und Ehrenamt insgesamt interessiert.

Viele Grüße
Murgröna

P.S.: Ich habe den Thread zu "Harfe und Soziale Berufe" gesehen, aber dazu passte mein Eintrag m.E. nicht so gut; daher dieser neue Faden. Hoffe, das ist ok!

[Der Juergen]

Liebe Murgröna,

ich kann dir das aus eigener Anschauung sagen, auch wenn ich selbst gar keine Harfe spiele:
Meine vor knapp 2 Jahren verstorbene Mutter blühte total auf, wenn es irgendwo eine Person, eine Singgruppe, eine CD mit alten Volksliedern (oder auch "Soldatenliedern", die sie selbst nie so bezeichnet hätte, da sie ziemlich antimilitaristisch eingestellt war) zu hören gab.
Selbst Menschen, die sich an kaum mehr etwas erinnern können, singen ganze Passagen von etlichen Liedern mit, wie ("Auf der Heide, da steht ein Blümelein ... in der Heimat, da wohnt ein Mägdelein ...")
Wenn es Lieder aus ihrer jeweiligen Heimat sind (im Fall meiner Mutter: Oberschlesien) dann kann es auch ein dort verbreitetes Volkslied sein, wie das "Steigerlied" (Kohlebergbau).
Natürlich sind sie aber auch an weniger zackiger Musik erfreut, können sich dann selbst nicht so einbringen.

Du bereicherst mit deinem Tun auf jeden Fall das Stück Leben, was die Menschen noch vor sich haben. Bitte tue dies, so oft du es kannst und selbst möchtest.

Liebe Grüße und danke für dein Engagement!
Jürgen

[burgfruowe]

Hallo, liebe Murgröna!

ich glaube es gibt da unterschiedliche Ansätze.
Das ganze geht ja ein bisschen in Richtung Musiktherapie.
Oder sagen wir, die Gefahr, mit der Musik jemanden auch im negativen Sinne zu berühren ist eben bei allen Menschen auch gegeben. Vor allem wenn diese sich nicht mehr äußern können, weil sie alt oder sogar krank sind. Auch wenn man nur ein bisschen "Unterhaltung" macht.

Ich hab das zuerst auch nicht gedacht. Aber in dem Buch " Aus der Seele gespielt" von Hans-Helmut Decker-Voigt habe ich ein paar Beispiele gefunden, die schon sehr spannend sind. so zB der Mann, dessen Eltern früher nur zwei Schallplatten hatten. Davon lief die eine immer wenn Papi nach Hause kam und dem Sohn noch schnell gute Nacht gesagt hat. Als Erwachsener empfindet der Sohn nun die gehörte Marschmusik als entspannend. Umgekehrt werden aber auch unangenehme Erlebnisse mit schöner Musik assoziiert, und da kann man halt gewaltig Bauchlandungen machen.

Ein Ansatz den ich bisher gehört habe, ist das zu spielen, was sich die Leute wünschen. Klar dann trift man den Geschmack und das Wohlgefühl. Aber man braucht ein riesiges Repertoire.
Eine andere Variante, die ich mir gedacht habe, wäre, an einem Ort zu spielen, zu dem jeder Freiwillig kommen kann. Bzw jeder wieder gehen kann. Also einem Foyer oder einem Aufenthaltsraum.
Oder man spielt "unbekannte" Musik. Also "Entspannungsmusik"
Schau dir mal an was Lisa Lynne macht. (Hi, Oliver, hab ich dir schon danke für den Tip gesagt??) http://www.lisalynne.com/ Großartig!

Andererseits denke ich, es ist besser einfach etwas auszuprobieren und Freude zu bereiten und dabei immer anzupassen, daß man ein Gespür dafür hat, ob was nicht so gut ankommt - als es vor lauter Angst ganz sein zu lassen.

Liebe Grüße
Cynthia

[Cecilia]

Hallo,
ich freue mich über diesen Thread, denn etwas Ähnliches habe ich auch vor, wenn ich denn soweit bin. Ich möchte im Hospiz spielen, allerdings haben die Leute da noch weniger Möglichkeit, wegzulaufen, wenn ihnen die Musik nicht gefällt.

Ich habe gerade ein tolles Buch darüber gelesen, bestimmt hilft dir das weiter:

Monika Binner - Zum Ausklang des Lebens. Harfenspiel für kranke und sterbende Menschen.

Eine Harfenistin schildert hier ihre musikalischen Begegnungen mit den Kranken und Sterbenden. Jedes Kapitel ist einem Menschen gewidmet, für den sie gespielt hat. Sie schreibt die Begegnungen eindrucksvoll, nennt auch alle Musiktitel, die gewünscht wurden und sie erklärt, wie sie intuitiv Musik auswählt. Manche wünschen sich tatsächlich noch fröhliche Musik, wenn sie sterben...

Das Buch hat mich zu Tränen gerührt, lies das mal.

LG

[Yoshi]

Spiel das was *Dir* gefällt und das wo *Du* Dich wohlfühlst - dann strahlst Du auch das aus was Menschen berührt.

LG

Yoshi

[Sally]

Hallo Murgröna,

eigentlich kann ich mich Yoshi nur anschließen: spiel das, was du magst, denn dann ist dein Herz offen und du erreichst auch den anderen.
Natürlich ist es schön, wenn man Lieder spielen kann, die den Menschen etwas bedeuten - wenn sie das denn noch äußern können -, aber wenn du sie nur ungern spielst, dann strahlst du das auch aus.
Ich spiele im Altenheim und zur Sterbebegleitung und bis jetzt war es so, daß ich gemerkt habe, ob ich richtig lag sei es mit Harfe ja oder nein oder auch mit der Musikauswahl. Mit ein bisschen Sensitivität und Gespür bekommt man das hin.
Das Buch von Monika Binner habe ich ebenfalls gelesen und auch mich hat es sehr berührt.
Danach ist man noch motivierter.

Herzliche Grüße und ein schönes neues Jahr
Sally

[Murgröna]

Vielen Dank für Eure Antworten und Anregungen!

Ich war eben im Altenheim (noch ohne Harfe) und habe nochmal mit dem "Chef" alles genauer durchgesprochen. Er hat mir auch am Ende gleich eine Sammlung mit - ja, genau! - deutschen Volksliedern mitgegeben, aus dem viele der Bewohner dort gerne singen. Ich werde dann von einigen die Begleitung üben, dann können die Leute mitsingen, wenn sie möchten.

Insgesamt möchte ich meine Besuche dort auch eher fröhlich und lebhaft gestalten, schließlich wohnen zwar viele Kranke (besonders auch Demenzerkrankte) da, aber es gibt auch viele, die einfach "nur" nicht mehr alleine wohnen können.
Ich bewundere die Menschen, die im Hospiz arbeiten, oder die, die wie Monika Binner für die Sterbenden spielen. Auf meine Situation und mein Ehrenamt passt das allerdings weniger, schließlich möchte ich den Menschen Lebensfreude in den Alltag bringen, und sie aufwecken - notfalls auch mit Dissonanzen! Ich denke, das sind halt zwei verschiedene Arten von Ehrenämtern.

Es wird auch nicht so sein, daß die Leute mir zuhören müssen. Das wäre mir auch selbst als Nicht-Aufführungsgeübte ziemlich unangenehm. Wie Cynthia das auch beschrieben hat, können die Leute kommen und zuhören und auch wieder gehen, wenn sie mein dilettantisches Spiel nervt oder sie die Stücke nicht mögen.

Nächsten Freitag bin ich dann mit Harfe da - bin schon gespannt, wie das sein wird! Ich werde auf jeden Fall berichten.

[Cecilia]

Ich bewundere die Menschen, die im Hospiz arbeiten, oder die, die wie Monika Binner für die Sterbenden spielen. Auf meine Situation und mein Ehrenamt passt das allerdings weniger, schließlich möchte ich den Menschen Lebensfreude in den Alltag bringen, und sie aufwecken - notfalls auch mit Dissonanzen!

Also Lebenfreude vermitteln kann man den Leuten im Hospiz auch. Gerade, wenn der Tod in zeitlich unmittelbare Nähe rückt, holen doch viele Menschen das allerletzte raus, genießen jeden Augenblick (zumindest wenn sie nicht grad große Schmerzen haben). Ich habe schon mehrere Menschen gekannt, die wussten, dass sie bald sterben würden. Die haben dann in einem Jahr mehr und intensiver gelebt als in den 20 Jahren davor.

Ich war bisher auch nur im Hospiz, als mein Vater starb, sonst habe ich damit auch keine Erfahrungen. Kann auch sein, dass mir das zuviel wird. Aber versuchen möchte ich es schon.

Ich bin gespannt auf deinen ersten Erfahrungsbericht.

[Murgröna]

Ich bewundere die Menschen, die im Hospiz arbeiten, oder die, die wie Monika Binner für die Sterbenden spielen. Auf meine Situation und mein Ehrenamt passt das allerdings weniger, schließlich möchte ich den Menschen Lebensfreude in den Alltag bringen, und sie aufwecken - notfalls auch mit Dissonanzen!

Also Lebenfreude vermitteln kann man den Leuten im Hospiz auch. Gerade, wenn der Tod in zeitlich unmittelbare Nähe rückt, holen doch viele Menschen das allerletzte raus, genießen jeden Augenblick (zumindest wenn sie nicht grad große Schmerzen haben). Ich habe schon mehrere Menschen gekannt, die wussten, dass sie bald sterben würden. Die haben dann in einem Jahr mehr und intensiver gelebt als in den 20 Jahren davor.

Liebe Cecilia,
ich wollte natürlich nicht sagen, daß Sterbende das Leben nicht mehr genießen können oder man es ihnen nicht mit Musik schöner machen könnte; im Gegenteil! - aber es ist ja schon grundverschieden, in einer so besonderen Situation wie dem Lebensende eines Menschen zu spielen, oder alte Menschen zwischen Nachmittagskaffe und Abendessen zu unterhalten. Diesen Unterschied wollte ich lediglich hervorheben.
Grüne Grüße!

[Cecilia]

Ich fühlte mich jetzt nicht angegriffen.
"Kaffee-Musik" machen ist vielleicht auch nervenschonender. Ich weiß noch nicht, was genau ich machen werde. Ich bin auch ein Sensibelchen und weiß noch gar nicht, ob ich es im Hospiz aushalte auf Dauer. Ich bin gespannt auf deine Erfahrungsberichte.