Liebe Forianer,
heute war der Tag meiner Hospitazion im Landesbildungszentrum für Blinde in Hannover.
Zuerst machte ich die Bekanntschaft mit Carolin, die dort Musiktherapie im Einzel-Setting macht. Ich hatte gleich auf den ersten Blick ein ganz herzliches Verhältnis zu ihr.
Um es sich vorzustellen. Wir befinden uns in einem riesigen Komplex von Häusern. Angegliedert Schulen und ein Internat. Ein sehr großer Brunnenplatz bildet den Mittelpunkt. Die Häuser sind sonnengelb und alles macht einen freundlichen, sehr gepflegten, Eindruck. Ich sehe blinde Kinder, mit und ohne Begleitung , die schon freundlich grüßen, wenn sie den Klang der Schritte vernehmen. Angekommen. Das erste Mädchen, mit dem ich spielen werde, nennen wir es, Melissa.
Damit ihr meine Stimme vertrauter wird, lese ich zuerst ein Märchen vor, daß zur Harfe überleitet. Ich bräuchte es aber gar nicht, weil es ist gar nichts Fremdes da.
Melissa bespielt strahlend die Harfe, ich habe eine Aoyama mitgebracht. Der Klang bringt sie zum Lächeln. Immer wieder. Melissa spielt gemeinsam mit mir Harfe. Sie braucht überhaupt keine Punkte auf der Klangdecke.( Dank an Kailash:-)) Sie weiß wie die Abstände sind, wie sie die Intervalle findet. Wir spielen zusammen Greensleaves. Unproblematisch.
Sie merkt auch an, daß mein hohes D nicht richtig gestimmt ist.:-). Nachdem die Stunde wie im Flug vergangen ist, setzt sie sich noch an das Klavier spielt und singt
dabei. "Adele. Someone like you." Eine tolle Stunde.
Danach kommt Phillip. Er hat sehr schöne dunkle Augen. Er braucht kein Märchen, er will spielen. Es geht rasend schnell, als ich Greensleaves anspiele, sagt er mir, daß er es kennt und spielt es auf der Harfe. Erst mit einer Hand, dann zeige ich ihm die zweite und er sagt mir, daß er es nun alleine könne. (................ !) Carolin holt die Gitarre und sie spielen zu zweit. Phillip möchte die Harfe nicht mehr weglegen. Für sein nächstes Lied, sagt er mir, braucht er ein fis, und möchte wissen, wie er es einstellen soll.(!) Er spielt Glissandi mehr und mehr, dazwischen immer wieder ihm bekannte Lieder. Sogar eines von Helene Fischer. Atemlos.......... . ( So wie ich, denn ich komme aus dem Staunen nicht mehr heraus.)
Die Harfe ist meiner persönlichen Meinung nach, ein ganz wichtiges, positiv auf die Psyche, einwirkendes Instrument, absolut für den Unterricht mit blinden Kindern geeignet. Noch wichtiger, gut erlernbar für blinde Menschen jedes Alters. Die Lehrmethode ist einfach nur ganz anders.
Eine Stunde später habe ich ein Gespräch mit Frau G., der Leiterin der Institution.
Die Kinder in Hannover bekommen zwei Leih-Harfen, auf denen sie spielen werden.
Frau G. habe ich wahrgenommen, als warmherzige Respektsperson, die Neuem gegenüber, wenn es sinnvoll erscheint und den Kindern dient, sehr aufgeschlossen und bemüht ist.
Ich würde mir wünschen, daß in vielen Bundesländern dieses Beispiel Schule machen wird.
Übrigens hat Carolin vieles, worüber ich berichte auf dem I-Pad als Video dokumentiert.
Warum gibt es die Harfe nicht schon längst als Instrument in allen Institutionen, in denen blinde und sehbehinderte Menschen mit Instrumenten arbeiten? Warum haben die Kirchen dieses Instrument noch nicht für blinde Menschen entdeckt?
Wie schaut es in den Vertretungen anderer Religionen aus, in denen blinde Menschen musizieren?
Ich bin mir sehr sicher, das Lächeln, über den Klang der Harfe, das Melissa und Phillip heute im Gesicht hatten, würde man auch bei vielen anderen blinden Menschen sehen können.
Wenn es vielleicht doch ältere Harfen-Projekte mit blinden Menschen geben würde, es würde mich sehr freuen, mehr darüber zu hören.
Vielleicht gibt es ja einmal eine Stiftung, die Interesse hat, Harfe für blinde Menschen, zu unterstützen und zu fördern. Dies könnte übrigens der Aufruf dazu sein.
Herzlichst
Eure
Lillyfee
P.S.: Ich hatte einen liebevollen, beeindruckenden Tag. Vielen Dank an das Landesbildungszentrum für Blinde in Hannover, Frau G., Carolin und die Kinder, von denen ich so viel lernen durfte.
