Warum spielt ihr "öffentlich"?

Du hast etwas schönes, ärgerliches, spannendes, trauriges mit deiner Harfe erlebt? Erzähl uns davon.
Eleonore

Warum spielt ihr "öffentlich"?

Beitrag von Eleonore »

Eine Frage die mir schon lange auf der Zunge (auf der Tastatur?) liegt:

Warum gebt ihr Konzerte, spielt auf Vernissagen, MA-Festen etc. ? Wollt ihr etwas "aussagen", oder die "Musik für sich da stehen lassen"? Oder geniesst ihr eigentlich nur die Tatsache auf der Bühne (im Mittelpunkt) zu stehen? Was ist eigentlich eure Musik in Bezug auf Publikum für euch?
Für alle die (bis jetzt) noch keine Auftritte hatten: was wäre euer Antriebsmotor für einen Auftritt?

Ich weiß, viele Fragen - aber mir sind die einfach irrsinnig wichtig und ich wüsste sehr gerne wie ihr darüber denkt.

Grüsselis
Eleonore
Wolferl

Beitrag von Wolferl »

Hallo Eleonore,

seltsame Frage - der Bauer bebaut das Land, der Müller malt, der Malocher malocht, der Fischer fischt, die Regierenden regieren, und der Harfner harft! Was soll er auch anders machen? Wenn er die Musik nicht nur für sich selber spielt, sondern will, daß andere Menschen sie hören, muß er öffentlich spielen! Das ist für mich der Hauptgrund. Klar, wenn's denn Geld dafür gibt, nehme ich das gerne mit, schließlich liefere ich ja auch gute "Arbeit" ab. Und Applaus und Anerkennung tut immer gut. Aber wenn - ist leider auch schon vorgekommen - ich wo spiele, wo kaum einer zuhört, und am Ende des Abends komme _einer_ an und sagt, die Musik hätte ihm was gegeben, dann ist das mehr wert als das Geld.
Außerdem - :_grin_: wie hätten wir uns wohl getroffen, wenn nicht ein paar von uns öffentlich auftreten?

Also - Harfner, 'raus aus der Anonymität!

Gruß,, Wolferl
Eleonore

Beitrag von Eleonore »

Nu ja, um "wirtschaftlich zu überleben" haben wohl die meisten von uns noch einen Brotberuf. Wir sind also nicht hauptberufliche Harpfner die davon leben müssen (können) wie der Bauer, Fischer & Co.
...sondern will, daß andere Menschen sie hören,...
Genau darum geht es mir ja: warum willst du das andere sie hören? Als Selbstbeweis wie fleißig du geübt hast? Für die Anerkennung deiner Musik? Oder...?

Nur um Harfe zu spielen muss man nicht auftreten, das kann man überall - und am gemütlichsten mit Freunden zusammen in der guten Stube...

Quote:
Außerdem - :_grin_: wie hätten wir uns wohl getroffen, wenn nicht ein paar von uns öffentlich auftreten?


Zur Erinnerung: wir haben uns bei Peters Geburtstagsfest kennengelernt. Und den Peter am Mosenberg beim Harfentreffen.
Alles keine Auftritte :_wink_:

grüsslis
Eleonore
Stimme

Beitrag von Stimme »

Hallo ich spiel seit 10 Jahren mit Wolferl " öffendlich" , Und irgendwie scheine ich deine Frage falsch zu verstehen, das "öfendlich" spielen hat irgenwie einen negativen Tuch, so wie ich das bei Dir lese. Auch wenn einiges von dem was du schreibst schon auch stimmt, Mittelpunkt, applaus , zeigen was mann so kann, die wohlverdiente Anerkennung genießen...

Aber im Grunde spielen wir besonders deshalb weil sich aus dem Kreis der Freunde mit denen wir und für die spielen ein Publikum entwickelt hat, das Leute kennt, die Leute kennen, die uns höhren möchten, manchmal gegen eine Gage, meistens nur aufgrund einer Bitte am Lagerfeuer auf einem Mitteletermarkt. Alle die erfreuen sich wohl an der Musik, und das macht wiederum mir Freude.
Meinem Mann ist leider nur die Musikalität des Zuhöhrers gegeben, ich singe für ihn, für meinen Sohn...eigendlich für jeden der danach fragt, und das hat schon in der Schule angfangen.
Ich genieße jeden gelungenen Ton;
Und wer das auch möchte, dem, und ich weiß, dass es beim Wolferl auch so ist, gebe das gerne weiter, vielleicht sind es ja auch solche, denen die Musikalität des Zuhöhrens gegeben ist.
Lieben Gruß
Stimme
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merit
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Beitrag von merit »

Hallo, liebe Eleonore, jetzt habe ich - wie unhöflich! - gleich eine Gegenfrage, die mich umso mehr beschäftigt, seit diese Disskusion von Dir angeregt wurde.
Warum spielt man ausschließlich NICHT öffentlich? Ist das eine moralische oder persönliche Entscheidung?
Vieleicht müsst erst noch eine Definition von "öffentlich" her. Meines Erachtens ist Musizieren immer dann, wenn an der Musik selbst nicht aktiv beteiligte Menschen zuhören, öffentlich.

Da ich mich mit dieser Frage ja irgendwie zur Antwort verpflichtet fühle: Ich habe noch nie darüber nachgedacht, warum ich öffentlich spiele. Das tue ich jetzt mal.

Ich lebe übrigens ausschließlich vom Harfenspiel, wenn auch wirklich nicht üppig.
Zunächst einmal: Mir hat die Vorstellung, auf einer Bühne zu stehen, noch nie viel ausgemacht, ich habe auch keine Prüfungsangst etc. Das ist, glaube ich, vielen Leuten gemeinsam, die sich in der Öffentlichkeit produzieren. Man muß es einfach mögen, es ist nicht jedermanns Sache.

Harfespielen ist etwas, was ich über Jahre hinweg nach und nach gelernt habe und jetzt recht gut kann - besser als die meisten anderen Dinge. Ich kann es mit anderen gemeinsam tun. Ich freue mich, wenn meinen Zuhörern meine Musik gefällt und wenn ich meine Tricks weitergeben kann. Es gibt mir einen Kick, wenn das, was ich auf einer Bühne tue, andere Leute anregt, nachdenklich macht, aufregt, zum Tanzen bringt.....

Harfespielen macht mir also Spass, und ich habe kein Problem damit (weder moralisch noch physisch/psychisch), es auf einer Bühne zu tun. An sich keine schlechte Vorraussetzung für eine Arbeit, mit der man sein täglich Brot verdienen muß.

Bevor ich von der Musik zu leben begann, haben mir viele Mugger davon abgeraten: Es würde die Musik zerstören, man würde immer das Gleiche spielen, das spielen, was die Leute hören wollen, es wäre zu stressig....
Ich habe das komplette Gegenteil erlebt und glaube, es ist wie mit so vielen anderen Dingen im Leben: Es kommt sehr stark auf das Wie an:
Ich habe seither anregende Musiker und sonstige nette Menschen kennengelernt, die meine Musik bewusst und unbewusst befördert haben. Ich habe viel gehört, was ich sonst nicht gehört hätte, Erfahrungen gemacht, die sich in meiner Musik wiederfinden. Ich habe den Ansporn, besser zu werden. Ich habe gemeinsam mit verschiedensten Menschen zu arbeiten gelernt, und das auf einem so hochgradig emotionalen Gebiet wie der Musik. Ich habe das Gefühl, seit ich "Profi" bin, hat meine Musik unendlich dazugewonnen.
Soooo; und jetzt bin ich olle Rampensau neugierig, was es für Gründe geben kann, nicht in die Öffentlichkeit zu gehen.
Viele liebe Grüsse, Merit
Josef

Beitrag von Josef »

was soll denn diese Polarisierung? Eigentlich gebt ihr einander selbst die Antworten, implizit in euren eigenen Beiträgen.

Person A spielt öffentlich = vor anderen Leuten, weil sie durch Zuhörerschaft ihren Lebensunterhalt verdient, was natürlich voraussetzt, daß sie ihr Instrument beherrscht und mit dem Spielen vor anderen keine Probleme hat.

Person B spielt entsprechend vielleicht deswegen nicht öffentlich, weil sie nicht von ihrem Instrument lebt, also nur nach Feierabend für ihr Instrument Zeit hat, und somit zur Erholung in die Saiten greift? L'art pour l'art sozusagen. Warum sollte ich öffentlich spielen wollen, wenn ich der Meinung bin, nicht genug zu können? In zwanzig Jahren vielleicht mal... (ironischerweise ist bei mir dieses Thema gerade heute hochaktuell gewesen, denn meine ehemalige Harfenlehrerin wollte mir grad heute einen öffentlichen Auftritt in zwei Wochen aufschwatzen. Ich habe aber keine Lust, mich vor einer Zuhörerschaft zu verhauen. Ich spiele lieber für mich allein, oder mit ein paar Freunden in kleinem Kreise, wo eventuelle Fehler im Wohlklang des Zusammenspiels untergehen.)

Person A hingegen, die vom Harfespielen lebt und deren Arbeitszeit somit aus Üben und aus Auftritten besteht, wird dann wohl "nach Feierabend" vermutlich was anderes tun als Harfespielen...

Dann gibt es natürlich auch Person C, die auch nicht von ihrer Harfe lebt, aber ab und zu damit etwas Geld in den Hut auf der Straße erntet. Und natürlich haufenweise andere Personen, die weder A noch B noch C sind, sondern irgendwo zwischendrin...

Grüße
Josef
Zuletzt geändert von Josef am Mi 6. Apr 2005, 22:40, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitrag von Capella »

Hi,

bei mir ist das ganz unterschiedlich. Also, Harfe spiele ich bisher nicht öffentlich, das ist auch besser so. Gitarre spiele ich nicht mehr öffentlich. Es hat durchaus Zeiten gegeben, und da habe ich sicher noch schlechter gespielt als heute, mit drei bis vier Akkorden und Schrabbeldischwuppschwupp, da hatte ich keine Hemmungen, mich mit der Gitarre auf die Straße zu stellen oder vor eine volle Schulaula oder sowas. Ich glaube, inzwischen sind meine Ansprüche an mich selbst einfach höher. Gitarre spiele ich nur noch im Notfall vor Publikum (wenn ich unbedingt eines meiner Lieder vortragen will, z.B. und sich niemand findet, der mich begleiten könnte). Singen tue ich saugerne, alleine vor dem Computer, auf der Kabarettbühne (inzwischen leider nicht mehr bzw. nur noch ganz selten), im Chor, beim Karaoke, bei der Session...scheißegal. Und inzwischen sagen die Leute auch immer öfter mal nette Sachen, wenn ich das tue. :_grin_:

Vielleicht bin ich ja irgendwann mal soweit, dass ich gleichzeitig Harfe spielen und singen kann (im Moment geht nur entweder oder, sonst vergesse ich entweder den Text oder wo jetzt gerade meine Finger hin sollen). Dann hätte ich schon Spaß daran, das auch "öffentlich" zu machen. Aber weniger in einer "Konzertsituation", sondern lieber eben am Lagerfeuer, auf der Straße, bei Sessions etc. Ich finde, Musik ist etwas gemeinsames, etwas, das man austauscht.

Bei mir ist es aber extrem tagesverfassungsabhängig, ob ich gerne auf einer Bühne stehe oder nicht. Es gibt Tage, da mutiere ich spontan zur Rampensau und andere, an denen würde ich am liebsten nicht mal meine Wohnung verlassen.

gruß,
Capella
Josef

Beitrag von Josef »

@Capella,
würdest Du etwa Deine Harfe zum Lagerfeuer mitnehmen? :_huh_:

(Also ich nehme meine nicht in die Kohte mit...
Für sowas muß die Gitarre herhalten, die hat ja nur 100 Mark gekostet :_grin_: )
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Beitrag von Capella »

Hallo Josef,

hm, solange ich sie nicht direkt neben die Flammen setze (ich sagte ja "am" Lagerfeuer, nicht "im") oder es regnet oder sehr taufeucht ist, muss sie das ab können. Ich wäre wahrscheinlich nie bei der Harfe gelandet, wenn Fionn die seine nicht zu allen Gelegenheiten mitgeschleppt hätte. Insofern habe ich Harfe durchaus schon als ein recht "wildnistaugliches" Instrument kennengelernt.

Probleme gibt es nur, wenn das Lagerfeuer irgendwo in den kanadischen Urwäldern ist oder so. Da nehm ich dann auch eher die Klampfe, da ist mir die Harfe zu schwer und sperrig zum Tragen :_wink_:

gruß,
Capella
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Beitrag von merit »

Person A spielt öffentlich = vor anderen Leuten, weil sie durch Zuhörerschaft ihren Lebensunterhalt verdient, was natürlich voraussetzt, daß sie ihr Instrument beherrscht und mit dem Spielen vor anderen keine Probleme hat.

Person B spielt entsprechend vielleicht deswegen nicht öffentlich, weil sie nicht von ihrem Instrument lebt, also nur nach Feierabend für ihr Instrument Zeit hat, und somit zur Erholung in die Saiten greift? L'art pour l'art sozusagen.
Lieber Josef, ich glaube, die meisten Harfner sind "zwischendrin"! Wenn ich mich anschaue (ich kenne meine Gründe eben leider am besten!) - ich bin gerade auf dem Sprung, völlig freiwillig und unter Geldeinsatz zu einem workshopwochenende zu fahren, wo meine Abendunterhaltung aus Session, Konsum geistiger Getränke und Tanzen bestehen wird. Ich glaube, wenn man nach Feierabend als Profi NIE Lust hat, zum Instrument zu greifen, ist man soweit wie die oben zitierten Mugger, die mir vom Profileben abrieten.

Ich glaube auch, und daher meine Frage an Eleonore, daß es neben "nicht gut genug" als Selbsteinschätzung und "habe es nicht nötig, weil ich mein Geld nicht damit verdienen muß" auch noch Gründe wie " Ich halte es moralisch für verwerflich, mich "auszustellen"" oder " Ich finde es nicht gut, ES für Geld zu tun" gibt - und genau das interessiert mich, ich meine, was für moralische oder weltanschauliche Gründe es neben ganz persönlichen Lustgründen für das nichtöffentliche Spiel gibt.

Ich nehme meine arme Harfe auch zu allem Möglichen mit, z.B. nach St. Chartier bei 40 Grad, keinem Schatten und der trockensten Luft ever (habe dafür auch meinen Preis gezahlt, d.h. meine Harfe mußte zahlen ) - und notfalls auch zum Lagerfeuer.
Immer noch neugierig auf die Gründe der Öffentlichkeitsnichtspieler, liebe Grüße, Merit
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